[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.zählen; sodann fragte er mich über mei- ne Gesinnungen für Lord Seymour. Mein Erröthen bey diesem Namen gab seinem Gesicht einen mir entsetzlichen Aus- druck, den ich ihnen nicht beschreiben kann, und in einer noch viel empfindlichern Ge- legenheit merkte ich, daß er eifersüchtig über Mylord Seymour ist; ich werde also beständig wegen anderer zu leiden ha- ben. Mylord liebt die Pracht, und hat mir viel kostbare Putzsachen gegeben, ich werde in seine Gesinnung eingehen, un- geachtet ich mich lieber in Bescheidenheit als in Pracht hervorthun möchte. Gott gebe, daß dieses der einzige Punkt seyn möge, in welchem wir verschieden seyn; aber ich fürchte mehrere. -- O Emilie, beten Sie für mich! -- Mein Herz hat Ahndungen; ich will keine Gefälligkeit, kei- ne Bemühung versäumen, meinem Ge- mahl angenehm zu seyn; aber ich werde oft ausweichen müssen; wenn ich nur meinen Charakter, und meine Grund- sätze nicht aufopfern muß! -- -- Jch
zaͤhlen; ſodann fragte er mich uͤber mei- ne Geſinnungen fuͤr Lord Seymour. Mein Erroͤthen bey dieſem Namen gab ſeinem Geſicht einen mir entſetzlichen Aus- druck, den ich ihnen nicht beſchreiben kann, und in einer noch viel empfindlichern Ge- legenheit merkte ich, daß er eiferſuͤchtig uͤber Mylord Seymour iſt; ich werde alſo beſtaͤndig wegen anderer zu leiden ha- ben. Mylord liebt die Pracht, und hat mir viel koſtbare Putzſachen gegeben, ich werde in ſeine Geſinnung eingehen, un- geachtet ich mich lieber in Beſcheidenheit als in Pracht hervorthun moͤchte. Gott gebe, daß dieſes der einzige Punkt ſeyn moͤge, in welchem wir verſchieden ſeyn; aber ich fuͤrchte mehrere. — O Emilie, beten Sie fuͤr mich! — Mein Herz hat Ahndungen; ich will keine Gefaͤlligkeit, kei- ne Bemuͤhung verſaͤumen, meinem Ge- mahl angenehm zu ſeyn; aber ich werde oft ausweichen muͤſſen; wenn ich nur meinen Charakter, und meine Grund- ſaͤtze nicht aufopfern muß! — — Jch
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lens gegen ihn, und meine Aenderung er-
zaͤhlen; ſodann fragte er mich uͤber mei-
ne Geſinnungen fuͤr Lord Seymour.
Mein Erroͤthen bey dieſem Namen gab
ſeinem Geſicht einen mir entſetzlichen Aus-
druck, den ich ihnen nicht beſchreiben kann,
und in einer noch viel empfindlichern Ge-
legenheit merkte ich, daß er eiferſuͤchtig
uͤber Mylord Seymour iſt; ich werde
alſo beſtaͤndig wegen anderer zu leiden ha-
ben. Mylord liebt die Pracht, und hat
mir viel koſtbare Putzſachen gegeben, ich
werde in ſeine Geſinnung eingehen, un-
geachtet ich mich lieber in Beſcheidenheit
als in Pracht hervorthun moͤchte. Gott
gebe, daß dieſes der einzige Punkt ſeyn
moͤge, in welchem wir verſchieden ſeyn;
aber ich fuͤrchte mehrere. — O Emilie,
beten Sie fuͤr mich! — Mein Herz hat
Ahndungen; ich will keine Gefaͤlligkeit, kei-
ne Bemuͤhung verſaͤumen, meinem Ge-
mahl angenehm zu ſeyn; aber ich werde
oft ausweichen muͤſſen; wenn ich nur
meinen Charakter, und meine Grund-
ſaͤtze nicht aufopfern muß! — —
Jch
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