[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.te, gut für mich zu denken, und über ih- re Gesinnungen für Seymour. Aber verdammt sey die Freymüthigkeit, mit welcher sie mir antwortete; denn damit hat sie alle Knoten losgemacht, die mich an sie banden. Hundert Kleinigkeiten, und selbst die Mühe, die es sie kostete, zärt- lich und fröhlich zu seyn, überzeugten mich, daß sie mich nicht liebte. Ein we- nig Achtung für meinen Witz und für mei- ne Freygebigkeit, die Freude nach Eng- land zu kommen, und kalter Dauk, daß ich sie von ihren Verwandten, und dem Fürsten befreyet hatte: dieß war alles, was sie für mich empfand, alles, was sie in meine Arme brachte! Ja, sie war un- vorsichtig genug, mir auf meine verliebte Bitte, die Eigenschaften zu nennen, die sie am meisten an mir lieben würde, -- nichts anders als ein Gemählde von Sey- mour vorzuzeichnen; und immer betrieb sie unsere Reise nach Florenz; deutliches Anzeigen, daß sie nicht für das Glück meiner Liebe, sondern für die Befriedi- gung C 4
te, gut fuͤr mich zu denken, und uͤber ih- re Geſinnungen fuͤr Seymour. Aber verdammt ſey die Freymuͤthigkeit, mit welcher ſie mir antwortete; denn damit hat ſie alle Knoten losgemacht, die mich an ſie banden. Hundert Kleinigkeiten, und ſelbſt die Muͤhe, die es ſie koſtete, zaͤrt- lich und froͤhlich zu ſeyn, uͤberzeugten mich, daß ſie mich nicht liebte. Ein we- nig Achtung fuͤr meinen Witz und fuͤr mei- ne Freygebigkeit, die Freude nach Eng- land zu kommen, und kalter Dauk, daß ich ſie von ihren Verwandten, und dem Fuͤrſten befreyet hatte: dieß war alles, was ſie fuͤr mich empfand, alles, was ſie in meine Arme brachte! Ja, ſie war un- vorſichtig genug, mir auf meine verliebte Bitte, die Eigenſchaften zu nennen, die ſie am meiſten an mir lieben wuͤrde, — nichts anders als ein Gemaͤhlde von Sey- mour vorzuzeichnen; und immer betrieb ſie unſere Reiſe nach Florenz; deutliches Anzeigen, daß ſie nicht fuͤr das Gluͤck meiner Liebe, ſondern fuͤr die Befriedi- gung C 4
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gen, uͤber die Zeit, da ſie angefangen haͤt-
te, gut fuͤr mich zu denken, und uͤber ih-
re Geſinnungen fuͤr Seymour. Aber
verdammt ſey die Freymuͤthigkeit, mit
welcher ſie mir antwortete; denn damit
hat ſie alle Knoten losgemacht, die mich
an ſie banden. Hundert Kleinigkeiten,
und ſelbſt die Muͤhe, die es ſie koſtete, zaͤrt-
lich und froͤhlich zu ſeyn, uͤberzeugten
mich, daß ſie mich nicht liebte. Ein we-
nig Achtung fuͤr meinen Witz und fuͤr mei-
ne Freygebigkeit, die Freude nach Eng-
land zu kommen, und kalter Dauk, daß
ich ſie von ihren Verwandten, und dem
Fuͤrſten befreyet hatte: dieß war alles,
was ſie fuͤr mich empfand, alles, was ſie
in meine Arme brachte! Ja, ſie war un-
vorſichtig genug, mir auf meine verliebte
Bitte, die Eigenſchaften zu nennen, die
ſie am meiſten an mir lieben wuͤrde, —
nichts anders als ein Gemaͤhlde von Sey-
mour vorzuzeichnen; und immer betrieb
ſie unſere Reiſe nach Florenz; deutliches
Anzeigen, daß ſie nicht fuͤr das Gluͤck
meiner Liebe, ſondern fuͤr die Befriedi-
gung
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