Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite


ruft, wo ich sie in allen Gesellschaften zu
sehen pflegte, und immer von ihr reden
höre. -- Aber bey dem allen schwör'
ich dir, nimmermehr soll eine Methaphysi-
kerinn, noch eine Moralistinn meine Ge-
liebte werden. Ehrgeiz und Wollust al-
lein haben Leute in ihren Diensten, die
Unternehmungen wagen, und ausführen
helfen! auch sind dieses die einzigen Gott-
heiten, die ich künftig verehren will; Je-
ner, weil ich von ihm so viel Ansehen und
Gewalt zu erlangen hoffe, um alle Gat-
tungen des Vergnügens in meinen Schutz
zu nehmen und zu vertheidigen, bis ich
einst die liebenswürdigste davon bey einer
Parlamentswahl ersäufe, oder bey einem
Pferderennen den Kopf zerquetsche. Ha,
siehst du, wie schön die gewöhnlichen
Lordseigenschaften in mir erwacht sind;
erst durch alle seine Ränke ein artiges
Mädchen an mich gezogen, und sie denen
entrissen, durch welche sie glücklich gewor-
den wäre; unsinnige Verschwendungen
gemacht, und wenn man alles dessen satt
ist, den Ton eines Patrioten bey Wette-

rennen


ruft, wo ich ſie in allen Geſellſchaften zu
ſehen pflegte, und immer von ihr reden
hoͤre. — Aber bey dem allen ſchwoͤr’
ich dir, nimmermehr ſoll eine Methaphyſi-
kerinn, noch eine Moraliſtinn meine Ge-
liebte werden. Ehrgeiz und Wolluſt al-
lein haben Leute in ihren Dienſten, die
Unternehmungen wagen, und ausfuͤhren
helfen! auch ſind dieſes die einzigen Gott-
heiten, die ich kuͤnftig verehren will; Je-
ner, weil ich von ihm ſo viel Anſehen und
Gewalt zu erlangen hoffe, um alle Gat-
tungen des Vergnuͤgens in meinen Schutz
zu nehmen und zu vertheidigen, bis ich
einſt die liebenswuͤrdigſte davon bey einer
Parlamentswahl erſaͤufe, oder bey einem
Pferderennen den Kopf zerquetſche. Ha,
ſiehſt du, wie ſchoͤn die gewoͤhnlichen
Lordseigenſchaften in mir erwacht ſind;
erſt durch alle ſeine Raͤnke ein artiges
Maͤdchen an mich gezogen, und ſie denen
entriſſen, durch welche ſie gluͤcklich gewor-
den waͤre; unſinnige Verſchwendungen
gemacht, und wenn man alles deſſen ſatt
iſt, den Ton eines Patrioten bey Wette-

rennen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0065" n="59"/><fw place="top" type="header"><lb/></fw> ruft, wo ich &#x017F;ie in allen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften zu<lb/>
&#x017F;ehen pflegte, und immer von ihr reden<lb/>
ho&#x0364;re. &#x2014; Aber bey dem allen &#x017F;chwo&#x0364;r&#x2019;<lb/>
ich dir, nimmermehr &#x017F;oll eine Methaphy&#x017F;i-<lb/>
kerinn, noch eine Morali&#x017F;tinn meine Ge-<lb/>
liebte werden. Ehrgeiz und Wollu&#x017F;t al-<lb/>
lein haben Leute in ihren Dien&#x017F;ten, die<lb/>
Unternehmungen wagen, und ausfu&#x0364;hren<lb/>
helfen! auch &#x017F;ind die&#x017F;es die einzigen Gott-<lb/>
heiten, die ich ku&#x0364;nftig verehren will; Je-<lb/>
ner, weil ich von ihm &#x017F;o viel An&#x017F;ehen und<lb/>
Gewalt zu erlangen hoffe, um alle Gat-<lb/>
tungen des Vergnu&#x0364;gens in meinen Schutz<lb/>
zu nehmen und zu vertheidigen, bis ich<lb/>
ein&#x017F;t die liebenswu&#x0364;rdig&#x017F;te davon bey einer<lb/>
Parlamentswahl er&#x017F;a&#x0364;ufe, oder bey einem<lb/>
Pferderennen den Kopf zerquet&#x017F;che. Ha,<lb/>
&#x017F;ieh&#x017F;t du, wie &#x017F;cho&#x0364;n die gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Lordseigen&#x017F;chaften in mir erwacht &#x017F;ind;<lb/>
er&#x017F;t durch alle &#x017F;eine Ra&#x0364;nke ein artiges<lb/>
Ma&#x0364;dchen an mich gezogen, und &#x017F;ie denen<lb/>
entri&#x017F;&#x017F;en, durch welche &#x017F;ie glu&#x0364;cklich gewor-<lb/>
den wa&#x0364;re; un&#x017F;innige Ver&#x017F;chwendungen<lb/>
gemacht, und wenn man alles de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;att<lb/>
i&#x017F;t, den Ton eines Patrioten bey Wette-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rennen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0065] ruft, wo ich ſie in allen Geſellſchaften zu ſehen pflegte, und immer von ihr reden hoͤre. — Aber bey dem allen ſchwoͤr’ ich dir, nimmermehr ſoll eine Methaphyſi- kerinn, noch eine Moraliſtinn meine Ge- liebte werden. Ehrgeiz und Wolluſt al- lein haben Leute in ihren Dienſten, die Unternehmungen wagen, und ausfuͤhren helfen! auch ſind dieſes die einzigen Gott- heiten, die ich kuͤnftig verehren will; Je- ner, weil ich von ihm ſo viel Anſehen und Gewalt zu erlangen hoffe, um alle Gat- tungen des Vergnuͤgens in meinen Schutz zu nehmen und zu vertheidigen, bis ich einſt die liebenswuͤrdigſte davon bey einer Parlamentswahl erſaͤufe, oder bey einem Pferderennen den Kopf zerquetſche. Ha, ſiehſt du, wie ſchoͤn die gewoͤhnlichen Lordseigenſchaften in mir erwacht ſind; erſt durch alle ſeine Raͤnke ein artiges Maͤdchen an mich gezogen, und ſie denen entriſſen, durch welche ſie gluͤcklich gewor- den waͤre; unſinnige Verſchwendungen gemacht, und wenn man alles deſſen ſatt iſt, den Ton eines Patrioten bey Wette- rennen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/65
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/65>, abgerufen am 24.11.2024.