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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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nahm, nach folgenden Sätzen: jeder Graf, 20 Mark Silber;
jeder Baron, 10 Mark; jeder Ritter, der Ländereien hatte,
4 Mark und ein solcher Ritter, der keine Ländereien hatte,
2 Mark. Niemandem unter dem Range eines Ritters war ge-
stattet in die Turnierlisten aufgenommen zu werden."

Sie sehen sofort, daß diese Licenz wenn auch der Form
nach eine Licenz und somit eine indirecte Steuer, dennoch dem
Geiste nach himmelweit verschieden und geradezu entgegen-
gesetzt
ist dem, was wir heutzutage unter indirecter Steuer
verstehen. Sie war eine directe Einkommensteuer in
Form einer indirecten Steuer, sie war, statt Consum und Be-
dürfnisse zu treffen, eine abgestufte Rang- und Vermö-
genssteuer,
auf die standesmäßigen Vergnügungen der vor-
nehmen Klassen gelegt. --

Die erste Subsidie wird unter Richard II. im Jahre 1379
eingeführt.

"The tax, sagt Sir John Sinclair ib. p. 128, known by
the name of Subsidy, was first attempted in the second year of
his reign. The object of the tax was to save the poor and to
lay the principal burden upon the rich. It was levied partly
by a poll, and partly by a tax upon income. The dukes of Lan-
caster and Brittany paid ten marks each; every earl was
charged four pounds; every baron forty shillings etc. But
the great body of the people, merchands, artificers and
husbandmen were assessed a greater or lesser sum, according
to the value of their estates."

"Die Steuer, welche unter dem
Namen Subsidie bekannt ist, wurde zum ersten Male in dem
zweiten Jahr seiner Regierung auferlegt. Der Zweck der
Steuer war, den Armen zu verschonen und die Hauptlast auf
den Reichen zu legen. Sie wurde theils durch eine Kopfsteuer
und theils durch eine Einkommensteuer erhoben. Die Herzöge
von Lancaster und der Bretagne zahlten jeder 10 Mark; jeder
Graf war mit vier Pfund belastet; jeder Baron mit vierzig
Shilling u. s. w. Aber die große Masse des Volkes, Kaufleute,
oder Handwerker und Bauern waren angesetzt mit einer größeren
kleineren Summe in Gemäßheit des Werths ihres Vermögens."

Dies war der Steuergeist des Mittelalters!

Oder sehen Sie auf Frankreich. Jm Jahre 1147 erhebt
Louis le jeune den 20ten Pfenning Vermögenssteuer von allen
Unterthanen, d. h. eine Kapitalsteuer von 5 Procent. Phi-

nahm, nach folgenden Sätzen: jeder Graf, 20 Mark Silber;
jeder Baron, 10 Mark; jeder Ritter, der Ländereien hatte,
4 Mark und ein ſolcher Ritter, der keine Ländereien hatte,
2 Mark. Niemandem unter dem Range eines Ritters war ge-
ſtattet in die Turnierliſten aufgenommen zu werden.“

Sie ſehen ſofort, daß dieſe Licenz wenn auch der Form
nach eine Licenz und ſomit eine indirecte Steuer, dennoch dem
Geiſte nach himmelweit verſchieden und geradezu entgegen-
geſetzt
iſt dem, was wir heutzutage unter indirecter Steuer
verſtehen. Sie war eine directe Einkommenſteuer in
Form einer indirecten Steuer, ſie war, ſtatt Conſum und Be-
dürfniſſe zu treffen, eine abgeſtufte Rang- und Vermö-
gensſteuer,
auf die ſtandesmäßigen Vergnügungen der vor-
nehmen Klaſſen gelegt. —

Die erſte Subſidie wird unter Richard II. im Jahre 1379
eingeführt.

„The tax, ſagt Sir John Sinclair ib. p. 128, known by
the name of Subsidy, was first attempted in the second year of
his reign. The object of the tax was to save the poor and to
lay the principal burden upon the rich. It was levied partly
by a poll, and partly by a tax upon income. The dukes of Lan-
caster and Brittany paid ten marks each; every earl was
charged four pounds; every baron forty shillings etc. But
the great body of the people, merchands, artificers and
husbandmen were assessed a greater or lesser sum, according
to the value of their estates.“

„Die Steuer, welche unter dem
Namen Subſidie bekannt iſt, wurde zum erſten Male in dem
zweiten Jahr ſeiner Regierung auferlegt. Der Zweck der
Steuer war, den Armen zu verſchonen und die Hauptlaſt auf
den Reichen zu legen. Sie wurde theils durch eine Kopfſteuer
und theils durch eine Einkommenſteuer erhoben. Die Herzöge
von Lancaſter und der Bretagne zahlten jeder 10 Mark; jeder
Graf war mit vier Pfund belaſtet; jeder Baron mit vierzig
Shilling u. ſ. w. Aber die große Maſſe des Volkes, Kaufleute,
oder Handwerker und Bauern waren angeſetzt mit einer größeren
kleineren Summe in Gemäßheit des Werths ihres Vermögens.“

Dies war der Steuergeiſt des Mittelalters!

Oder ſehen Sie auf Frankreich. Jm Jahre 1147 erhebt
Louis le jeune den 20ten Pfenning Vermögensſteuer von allen
Unterthanen, d. h. eine Kapitalſteuer von 5 Procent. Phi-

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[100/0106] nahm, nach folgenden Sätzen: jeder Graf, 20 Mark Silber; jeder Baron, 10 Mark; jeder Ritter, der Ländereien hatte, 4 Mark und ein ſolcher Ritter, der keine Ländereien hatte, 2 Mark. Niemandem unter dem Range eines Ritters war ge- ſtattet in die Turnierliſten aufgenommen zu werden.“ Sie ſehen ſofort, daß dieſe Licenz wenn auch der Form nach eine Licenz und ſomit eine indirecte Steuer, dennoch dem Geiſte nach himmelweit verſchieden und geradezu entgegen- geſetzt iſt dem, was wir heutzutage unter indirecter Steuer verſtehen. Sie war eine directe Einkommenſteuer in Form einer indirecten Steuer, ſie war, ſtatt Conſum und Be- dürfniſſe zu treffen, eine abgeſtufte Rang- und Vermö- gensſteuer, auf die ſtandesmäßigen Vergnügungen der vor- nehmen Klaſſen gelegt. — Die erſte Subſidie wird unter Richard II. im Jahre 1379 eingeführt. „The tax, ſagt Sir John Sinclair ib. p. 128, known by the name of Subsidy, was first attempted in the second year of his reign. The object of the tax was to save the poor and to lay the principal burden upon the rich. It was levied partly by a poll, and partly by a tax upon income. The dukes of Lan- caster and Brittany paid ten marks each; every earl was charged four pounds; every baron forty shillings etc. But the great body of the people, merchands, artificers and husbandmen were assessed a greater or lesser sum, according to the value of their estates.“ „Die Steuer, welche unter dem Namen Subſidie bekannt iſt, wurde zum erſten Male in dem zweiten Jahr ſeiner Regierung auferlegt. Der Zweck der Steuer war, den Armen zu verſchonen und die Hauptlaſt auf den Reichen zu legen. Sie wurde theils durch eine Kopfſteuer und theils durch eine Einkommenſteuer erhoben. Die Herzöge von Lancaſter und der Bretagne zahlten jeder 10 Mark; jeder Graf war mit vier Pfund belaſtet; jeder Baron mit vierzig Shilling u. ſ. w. Aber die große Maſſe des Volkes, Kaufleute, oder Handwerker und Bauern waren angeſetzt mit einer größeren kleineren Summe in Gemäßheit des Werths ihres Vermögens.“ Dies war der Steuergeiſt des Mittelalters! Oder ſehen Sie auf Frankreich. Jm Jahre 1147 erhebt Louis le jeune den 20ten Pfenning Vermögensſteuer von allen Unterthanen, d. h. eine Kapitalſteuer von 5 Procent. Phi-

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/106>, abgerufen am 09.05.2024.