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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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toutes les classes du peuple ou meme que ceux qui portent
principalement sur la depense des classes inferieures."

Zu deutsch: "Also, unter den Steuern, welche auf Aus-
gaben gelegt werden, versprechen diejenigen, welche hauptsäch-
lich die Ausgaben der höheren Klassen, den kleinsten Theil der
Jahresproduction treffen, ein weit geringeres Staatseinkommen,
als diejenigen, welche ohne Unterschied auf die allen Klaffen
des Volkes gemeinschaftlichen Ausgaben, oder selbst als diejeni-
gen, welche hauptsächlich nur auf die Ausgaben der unteren
Klassen gelegt werden."

Die Sophismen also, die ich aufgestellt, die unwahren
Thatsachen, die ich behauptet, sie sind mir in allen ihren Punk-
ten auch mit Adam Smith gemeinschaftlich! Sie stehen schon
seit 1770, also seit 100 Jahren in der Wissenschaft fest!

Wollen Sie aber vielleicht statt der Engländer und Fran-
zosen lieber die Vertreter der deutschen Wissenschaft vernehmen?
Jch stehe zu Jhren Diensten, meine Herren!

Hören wir also z. B. den Herzoglich-Sachsen-Coburgschen
Regierungsrath Lotz, der 1822 ein dreibändiges Handbuch
der Staatswirthschaftslehre publicirte.

Der Mann weist wie schon andere vor ihm nach, daß --
wovon ich gleichfalls meinem Publikum, weil mir jede Absicht
aufzureizen fern lag, nichts gesagt habe -- die indirecten
Steuern den Consum der ärmeren Klassen nicht nur um den
ganzen Betrag der Steuern selbst vertheuern, auch nicht blos
um die immensen Kosten ihrer Erhebung, die zehnmal so groß
sind, wie bei den directen Steuern, sondern noch weit darüber
hinaus, da die Gewerbsunternehmer sich jetzt auch auf den von
ihnen zuvörderst vorgeschossenen Betrag der Steuersumme den
üblichen Profitsatz im Preise der Dinge vergüten lassen. Er
sagt Bd. III. p. 185: "Vorzüglich dieses ist es, was alle in-
directen Consumtionsabgaben für den ärmeren und größeren
Theil des Volkes stets so drückend macht. Die erhöheten Preise
unserer Lebensbedürfnisse, die stets die unausbleibliche Folge
eines solchen Abgabenerhebungssystems sind, drücken schon die
ärmere und niedere Volksklasse unendlich, noch mehr, oder
wenigstens eben so stark, aber drücken sie die Vortheile, welche
sie der reicheren Volksklasse für ihre gemachten Vorschüsse zu-
gestehen muß -- und Beides zusammen kann denn keine andere
Folge haben, als daß bei einem solchen Abgabenerhebungs-

toutes les classes du peuple ou même que ceux qui portent
principalement sur la dépense des classes inférieures.“

Zu deutſch: „Alſo, unter den Steuern, welche auf Aus-
gaben gelegt werden, verſprechen diejenigen, welche hauptſäch-
lich die Ausgaben der höheren Klaſſen, den kleinſten Theil der
Jahresproduction treffen, ein weit geringeres Staatseinkommen,
als diejenigen, welche ohne Unterſchied auf die allen Klaffen
des Volkes gemeinſchaftlichen Ausgaben, oder ſelbſt als diejeni-
gen, welche hauptſächlich nur auf die Ausgaben der unteren
Klaſſen gelegt werden.“

Die Sophismen alſo, die ich aufgeſtellt, die unwahren
Thatſachen, die ich behauptet, ſie ſind mir in allen ihren Punk-
ten auch mit Adam Smith gemeinſchaftlich! Sie ſtehen ſchon
ſeit 1770, alſo ſeit 100 Jahren in der Wiſſenſchaft feſt!

Wollen Sie aber vielleicht ſtatt der Engländer und Fran-
zoſen lieber die Vertreter der deutſchen Wiſſenſchaft vernehmen?
Jch ſtehe zu Jhren Dienſten, meine Herren!

Hören wir alſo z. B. den Herzoglich-Sachſen-Coburgſchen
Regierungsrath Lotz, der 1822 ein dreibändiges Handbuch
der Staatswirthſchaftslehre publicirte.

Der Mann weiſt wie ſchon andere vor ihm nach, daß —
wovon ich gleichfalls meinem Publikum, weil mir jede Abſicht
aufzureizen fern lag, nichts geſagt habe — die indirecten
Steuern den Conſum der ärmeren Klaſſen nicht nur um den
ganzen Betrag der Steuern ſelbſt vertheuern, auch nicht blos
um die immenſen Koſten ihrer Erhebung, die zehnmal ſo groß
ſind, wie bei den directen Steuern, ſondern noch weit darüber
hinaus, da die Gewerbsunternehmer ſich jetzt auch auf den von
ihnen zuvörderſt vorgeſchoſſenen Betrag der Steuerſumme den
üblichen Profitſatz im Preiſe der Dinge vergüten laſſen. Er
ſagt Bd. III. p. 185: „Vorzüglich dieſes iſt es, was alle in-
directen Conſumtionsabgaben für den ärmeren und größeren
Theil des Volkes ſtets ſo drückend macht. Die erhöheten Preiſe
unſerer Lebensbedürfniſſe, die ſtets die unausbleibliche Folge
eines ſolchen Abgabenerhebungsſyſtems ſind, drücken ſchon die
ärmere und niedere Volksklaſſe unendlich, noch mehr, oder
wenigſtens eben ſo ſtark, aber drücken ſie die Vortheile, welche
ſie der reicheren Volksklaſſe für ihre gemachten Vorſchüſſe zu-
geſtehen muß — und Beides zuſammen kann denn keine andere
Folge haben, als daß bei einem ſolchen Abgabenerhebungs-

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[25/0031] toutes les classes du peuple ou même que ceux qui portent principalement sur la dépense des classes inférieures.“ Zu deutſch: „Alſo, unter den Steuern, welche auf Aus- gaben gelegt werden, verſprechen diejenigen, welche hauptſäch- lich die Ausgaben der höheren Klaſſen, den kleinſten Theil der Jahresproduction treffen, ein weit geringeres Staatseinkommen, als diejenigen, welche ohne Unterſchied auf die allen Klaffen des Volkes gemeinſchaftlichen Ausgaben, oder ſelbſt als diejeni- gen, welche hauptſächlich nur auf die Ausgaben der unteren Klaſſen gelegt werden.“ Die Sophismen alſo, die ich aufgeſtellt, die unwahren Thatſachen, die ich behauptet, ſie ſind mir in allen ihren Punk- ten auch mit Adam Smith gemeinſchaftlich! Sie ſtehen ſchon ſeit 1770, alſo ſeit 100 Jahren in der Wiſſenſchaft feſt! Wollen Sie aber vielleicht ſtatt der Engländer und Fran- zoſen lieber die Vertreter der deutſchen Wiſſenſchaft vernehmen? Jch ſtehe zu Jhren Dienſten, meine Herren! Hören wir alſo z. B. den Herzoglich-Sachſen-Coburgſchen Regierungsrath Lotz, der 1822 ein dreibändiges Handbuch der Staatswirthſchaftslehre publicirte. Der Mann weiſt wie ſchon andere vor ihm nach, daß — wovon ich gleichfalls meinem Publikum, weil mir jede Abſicht aufzureizen fern lag, nichts geſagt habe — die indirecten Steuern den Conſum der ärmeren Klaſſen nicht nur um den ganzen Betrag der Steuern ſelbſt vertheuern, auch nicht blos um die immenſen Koſten ihrer Erhebung, die zehnmal ſo groß ſind, wie bei den directen Steuern, ſondern noch weit darüber hinaus, da die Gewerbsunternehmer ſich jetzt auch auf den von ihnen zuvörderſt vorgeſchoſſenen Betrag der Steuerſumme den üblichen Profitſatz im Preiſe der Dinge vergüten laſſen. Er ſagt Bd. III. p. 185: „Vorzüglich dieſes iſt es, was alle in- directen Conſumtionsabgaben für den ärmeren und größeren Theil des Volkes ſtets ſo drückend macht. Die erhöheten Preiſe unſerer Lebensbedürfniſſe, die ſtets die unausbleibliche Folge eines ſolchen Abgabenerhebungsſyſtems ſind, drücken ſchon die ärmere und niedere Volksklaſſe unendlich, noch mehr, oder wenigſtens eben ſo ſtark, aber drücken ſie die Vortheile, welche ſie der reicheren Volksklaſſe für ihre gemachten Vorſchüſſe zu- geſtehen muß — und Beides zuſammen kann denn keine andere Folge haben, als daß bei einem ſolchen Abgabenerhebungs-

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/31>, abgerufen am 28.04.2024.