Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.Und bei dieser Lage der Dinge könnten Sie es mir ver- Sie könnten eine aufrührerische Gesinnung -- immerhin Und warum kann ich dies nicht? Das publicirte Urtheil sagt von mir (p. 44 des stenogr. Was zwingt mich also dennoch gegen jene Schlagworte an- Einsam gehe ich meinen Weg durch die Gesellschaft, von Was also zwingt mich zu alle dem? Jch will es Jhnen sagen, meine Herren! Weil -- denn ich darf es sagen und bei diesem Anlaß Die großen und gewaltigen Convulsionen, in denen seit Und bei dieſer Lage der Dinge könnten Sie es mir ver- Sie könnten eine aufrühreriſche Geſinnung — immerhin Und warum kann ich dies nicht? Das publicirte Urtheil ſagt von mir (p. 44 des ſtenogr. Was zwingt mich alſo dennoch gegen jene Schlagworte an- Einſam gehe ich meinen Weg durch die Geſellſchaft, von Was alſo zwingt mich zu alle dem? Jch will es Jhnen ſagen, meine Herren! Weil — denn ich darf es ſagen und bei dieſem Anlaß Die großen und gewaltigen Convulſionen, in denen ſeit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0093" n="87"/> <p>Und bei dieſer Lage der Dinge könnten Sie es mir ver-<lb/> denken, wenn ich öffentliche Meinung für die Sache der unteren<lb/> Klaſſen zu machen ſuche?</p><lb/> <p>Sie könnten eine aufrühreriſche Geſinnung — immerhin<lb/> würde ja eine ſolche noch lange nicht ſtrafbar ſein; es handelt<lb/> ſich um einen aufrühreriſchen <hi rendition="#g">Thatbeſtand,</hi> nicht um eine<lb/> bloße Geſinnung — aber Sie könnten ſelbſt nur eine aufrühre-<lb/> riſche <hi rendition="#g">Geſinnung</hi> darin ſehen, wenn ich mich nicht bei den<lb/> vulgären Schlagworten des Tages beruhigen kann?</p><lb/> <p>Und <hi rendition="#g">warum</hi> kann ich dies nicht?</p><lb/> <p>Das publicirte Urtheil ſagt von mir (<hi rendition="#aq">p.</hi> 44 des ſtenogr.<lb/> Berichts), daß ich mich ſelbſt zu dem Arbeiterſtand zähle. Das<lb/> Urtheil ſcheint hierbei eine obgleich ſehr deutliche Stelle meines<lb/> Vortrags ſehr mißverſtanden zu haben. <hi rendition="#g">Wir Alle</hi> ſind Arbeiter,<lb/> ſagte ich, in dem Sinne, in welchem ich eben jedes Glied der<lb/> menſchlichen Geſellſchaft, und auch <hi rendition="#g">Sie ſelbſt,</hi> das ſich der-<lb/> ſelben nützlich macht, zu den Arbeitern zähle. Mich in einem<lb/> andern äußern oder für mich <hi rendition="#g">ſpeciellen</hi> Sinne zu den Ar-<lb/> beitern zählen zu wollen, dazu fehlt mir jede Veranlaſſung und<lb/> jede Möglichkeit. Jn dieſer Hinſicht bin ich vielmehr durchaus<lb/> in einer Bourgeois-Poſition, und meine Einkünfte gewähren<lb/> mir die Mittel ein den Wiſſenſchaften gewidmetes Leben zu<lb/> führen und dieſem Zwecke erhebliche Opfer zu bringen.</p><lb/> <p>Was zwingt mich alſo dennoch gegen jene Schlagworte an-<lb/> zugehen und die öffentliche Meinung auf die ungerechte und<lb/> ſchreiende Lage der unteren Klaſſen zu lenken?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Einſam</hi> gehe ich meinen Weg durch die Geſellſchaft, von<lb/> den Staatsanwälten verfolgt, von den Gerichten verurtheilt,<lb/> und von der heutigen liberalen Preſſe, glauben Sie mir, mit<lb/> noch größerem inneren Grauen betrachtet, als von Staats-<lb/> anwälten und Gerichten zuſammen!</p><lb/> <p>Was alſo <hi rendition="#g">zwingt</hi> mich zu alle dem?</p><lb/> <p>Jch will es Jhnen ſagen, meine Herren!</p><lb/> <p>Weil — denn ich <hi rendition="#g">darf</hi> es ſagen und bei dieſem Anlaß<lb/><hi rendition="#g">muß ich</hi> es ſagen — weil meine Studien tiefer, meine Kennt-<lb/> niſſe ausgebreiteter und mein Geſichtskreis dadurch weiter iſt,<lb/><hi rendition="#g">deshalb</hi> iſt es mir unmöglich, mich bei den Schlagworten des<lb/> Tages zu beruhigen.</p><lb/> <p>Die großen und gewaltigen Convulſionen, in denen ſeit<lb/> Decennien Europa ſich windet und die uns alle gleich ſchmerzlich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0093]
Und bei dieſer Lage der Dinge könnten Sie es mir ver-
denken, wenn ich öffentliche Meinung für die Sache der unteren
Klaſſen zu machen ſuche?
Sie könnten eine aufrühreriſche Geſinnung — immerhin
würde ja eine ſolche noch lange nicht ſtrafbar ſein; es handelt
ſich um einen aufrühreriſchen Thatbeſtand, nicht um eine
bloße Geſinnung — aber Sie könnten ſelbſt nur eine aufrühre-
riſche Geſinnung darin ſehen, wenn ich mich nicht bei den
vulgären Schlagworten des Tages beruhigen kann?
Und warum kann ich dies nicht?
Das publicirte Urtheil ſagt von mir (p. 44 des ſtenogr.
Berichts), daß ich mich ſelbſt zu dem Arbeiterſtand zähle. Das
Urtheil ſcheint hierbei eine obgleich ſehr deutliche Stelle meines
Vortrags ſehr mißverſtanden zu haben. Wir Alle ſind Arbeiter,
ſagte ich, in dem Sinne, in welchem ich eben jedes Glied der
menſchlichen Geſellſchaft, und auch Sie ſelbſt, das ſich der-
ſelben nützlich macht, zu den Arbeitern zähle. Mich in einem
andern äußern oder für mich ſpeciellen Sinne zu den Ar-
beitern zählen zu wollen, dazu fehlt mir jede Veranlaſſung und
jede Möglichkeit. Jn dieſer Hinſicht bin ich vielmehr durchaus
in einer Bourgeois-Poſition, und meine Einkünfte gewähren
mir die Mittel ein den Wiſſenſchaften gewidmetes Leben zu
führen und dieſem Zwecke erhebliche Opfer zu bringen.
Was zwingt mich alſo dennoch gegen jene Schlagworte an-
zugehen und die öffentliche Meinung auf die ungerechte und
ſchreiende Lage der unteren Klaſſen zu lenken?
Einſam gehe ich meinen Weg durch die Geſellſchaft, von
den Staatsanwälten verfolgt, von den Gerichten verurtheilt,
und von der heutigen liberalen Preſſe, glauben Sie mir, mit
noch größerem inneren Grauen betrachtet, als von Staats-
anwälten und Gerichten zuſammen!
Was alſo zwingt mich zu alle dem?
Jch will es Jhnen ſagen, meine Herren!
Weil — denn ich darf es ſagen und bei dieſem Anlaß
muß ich es ſagen — weil meine Studien tiefer, meine Kennt-
niſſe ausgebreiteter und mein Geſichtskreis dadurch weiter iſt,
deshalb iſt es mir unmöglich, mich bei den Schlagworten des
Tages zu beruhigen.
Die großen und gewaltigen Convulſionen, in denen ſeit
Decennien Europa ſich windet und die uns alle gleich ſchmerzlich
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