wiegender Trockenheit, warm und feucht, kalt und trocken, feucht und kalt.1
Auch Gilbert rechnet das Feuer nicht mehr zu den Ele- menten und bedient sich dabei eines ganz ähnlichen Arguments wie Cardano; es bedürfe nämlich der Nahrung und beharre nicht an und für sich selbständig in der Natur; es sei daher kein Element, sondern nur der höchste Grad der Wärme.2 Auch bemerke man durchaus nicht, wie die Alchymisten fälsch- licher Weise wollen, bei der Zersetzung der Körper Feuer oder eine feurige Materie.3 Der Luft spricht Gilrert die Eigen- schaft der Wärme ab, wie die Kälte auf hohen Bergen be- weise.4 Auch kann reine Luft nicht in Wasser verwandelt werden, sondern nur der warme und dickere Dunst (Vapor), der sich durch die Wirkung der Winde in Wolken zusammen- balle. Doch hat Gilbert hier noch nicht die Umwandlung von (atmosphärischer) Luft in Wasser vollständig aufgegeben, sondern erst einen bemerkenswerten Anfang zur richtigeren Auffassung der Aggregatzustände gemacht; er läßt nämlich den Vapor doch in Luft übergehen. Wasser kann allerdings in Luft und Luft in Wasser verwandelt werden, aber niemals direkt, sondern stets nur durch Vermittelung des Vapors. Auch geschieht die Kondensation nicht infolge der Kälte, son- dern infolge der Feuchtigkeit.5 Die letztere, allerdings ein- seitige Bemerkung hört sich an, als läge ihr die richtige Be- obachtung zu Grunde, daß aus trockener Luft durch Abkühlung kein Niederschlag erfolgen kann, sondern daß die Gegenwart von Wasserdampf dazu notwendig ist. Jedoch kennt Gilbert die Unterscheidung von Luft und Wasserdampf als zweier verschiedenen Gase noch nicht, sondern die Feuchtigkeit ist ihm eine Eigenschaft der Luft überhaupt, nicht eine Folge der Beimengung von Wasserdampf. Der Vapor dagegen ist Wasserdunst, Nebel, und bildet das Bindeglied zwischen Wasser und feuchter Luft. Die Luft gilt Gilbert als eine durch die Wärme zu luftförmigem Zustande verfeinerte Flüssigkeit
1 A. a. O. p. 10.
2 A. a. O. p. 19.
3 A. a. O. p. 22. Adde, quod in dissolutione mistorum (quicquid delirent Alchymistae) nec ignis nec ignea materia spectatur.
4 A. a. O. p. 24.
5 A. a. O. p. 27.
W. Gilbert: Elemente. Umwandlung.
wiegender Trockenheit, warm und feucht, kalt und trocken, feucht und kalt.1
Auch Gilbert rechnet das Feuer nicht mehr zu den Ele- menten und bedient sich dabei eines ganz ähnlichen Arguments wie Cardano; es bedürfe nämlich der Nahrung und beharre nicht an und für sich selbständig in der Natur; es sei daher kein Element, sondern nur der höchste Grad der Wärme.2 Auch bemerke man durchaus nicht, wie die Alchymisten fälsch- licher Weise wollen, bei der Zersetzung der Körper Feuer oder eine feurige Materie.3 Der Luft spricht Gilrert die Eigen- schaft der Wärme ab, wie die Kälte auf hohen Bergen be- weise.4 Auch kann reine Luft nicht in Wasser verwandelt werden, sondern nur der warme und dickere Dunst (Vapor), der sich durch die Wirkung der Winde in Wolken zusammen- balle. Doch hat Gilbert hier noch nicht die Umwandlung von (atmosphärischer) Luft in Wasser vollständig aufgegeben, sondern erst einen bemerkenswerten Anfang zur richtigeren Auffassung der Aggregatzustände gemacht; er läßt nämlich den Vapor doch in Luft übergehen. Wasser kann allerdings in Luft und Luft in Wasser verwandelt werden, aber niemals direkt, sondern stets nur durch Vermittelung des Vapors. Auch geschieht die Kondensation nicht infolge der Kälte, son- dern infolge der Feuchtigkeit.5 Die letztere, allerdings ein- seitige Bemerkung hört sich an, als läge ihr die richtige Be- obachtung zu Grunde, daß aus trockener Luft durch Abkühlung kein Niederschlag erfolgen kann, sondern daß die Gegenwart von Wasserdampf dazu notwendig ist. Jedoch kennt Gilbert die Unterscheidung von Luft und Wasserdampf als zweier verschiedenen Gase noch nicht, sondern die Feuchtigkeit ist ihm eine Eigenschaft der Luft überhaupt, nicht eine Folge der Beimengung von Wasserdampf. Der Vapor dagegen ist Wasserdunst, Nebel, und bildet das Bindeglied zwischen Wasser und feuchter Luft. Die Luft gilt Gilbert als eine durch die Wärme zu luftförmigem Zustande verfeinerte Flüssigkeit
1 A. a. O. p. 10.
2 A. a. O. p. 19.
3 A. a. O. p. 22. Adde, quod in dissolutione mistorum (quicquid delirent Alchymistae) nec ignis nec ignea materia spectatur.
4 A. a. O. p. 24.
5 A. a. O. p. 27.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0335"n="317"/><fwplace="top"type="header">W. <hirendition="#k">Gilbert</hi>: Elemente. Umwandlung.</fw><lb/>
wiegender Trockenheit, <hirendition="#g">warm</hi> und feucht, <hirendition="#g">kalt</hi> und trocken,<lb/><hirendition="#g">feucht</hi> und kalt.<noteplace="foot"n="1">A. a. O. p. 10.</note></p><lb/><p>Auch <hirendition="#k">Gilbert</hi> rechnet das Feuer nicht mehr zu den Ele-<lb/>
menten und bedient sich dabei eines ganz ähnlichen Arguments<lb/>
wie <hirendition="#k">Cardano</hi>; es bedürfe nämlich der Nahrung und beharre<lb/>
nicht an und für sich selbständig in der Natur; es sei daher<lb/>
kein Element, sondern nur der höchste Grad der Wärme.<noteplace="foot"n="2">A. a. O. p. 19.</note><lb/>
Auch bemerke man durchaus nicht, wie die Alchymisten fälsch-<lb/>
licher Weise wollen, bei der Zersetzung der Körper Feuer oder<lb/>
eine feurige Materie.<noteplace="foot"n="3">A. a. O. p. 22. Adde, quod in dissolutione mistorum (quicquid delirent<lb/>
Alchymistae) nec ignis nec ignea materia spectatur.</note> Der Luft spricht <hirendition="#k">Gilrert</hi> die Eigen-<lb/>
schaft der Wärme ab, wie die Kälte auf hohen Bergen be-<lb/>
weise.<noteplace="foot"n="4">A. a. O. p. 24.</note> Auch kann <hirendition="#g">reine</hi> Luft nicht in Wasser verwandelt<lb/>
werden, sondern nur der warme und dickere Dunst (Vapor),<lb/>
der sich durch die Wirkung der Winde in Wolken zusammen-<lb/>
balle. Doch hat <hirendition="#k">Gilbert</hi> hier noch nicht die Umwandlung<lb/>
von (atmosphärischer) Luft in Wasser vollständig aufgegeben,<lb/>
sondern erst einen bemerkenswerten Anfang zur richtigeren<lb/>
Auffassung der Aggregatzustände gemacht; er läßt nämlich<lb/>
den <hirendition="#i">Vapor</hi> doch in Luft übergehen. Wasser kann allerdings<lb/>
in Luft und Luft in Wasser verwandelt werden, aber niemals<lb/><hirendition="#g">direkt,</hi> sondern stets nur durch Vermittelung des Vapors.<lb/>
Auch geschieht die Kondensation nicht infolge der Kälte, son-<lb/>
dern infolge der Feuchtigkeit.<noteplace="foot"n="5">A. a. O. p. 27.</note> Die letztere, allerdings ein-<lb/>
seitige Bemerkung hört sich an, als läge ihr die richtige Be-<lb/>
obachtung zu Grunde, daß aus trockener Luft durch Abkühlung<lb/>
kein Niederschlag erfolgen kann, sondern daß die Gegenwart<lb/>
von Wasserdampf dazu notwendig ist. Jedoch kennt <hirendition="#k">Gilbert</hi><lb/>
die Unterscheidung von Luft und Wasserdampf als zweier<lb/>
verschiedenen Gase <hirendition="#g">noch nicht,</hi> sondern die Feuchtigkeit<lb/>
ist ihm eine Eigenschaft der Luft überhaupt, nicht eine Folge<lb/>
der Beimengung von Wasserdampf. Der <hirendition="#i">Vapor</hi> dagegen ist<lb/>
Wasserdunst, Nebel, und bildet das Bindeglied zwischen Wasser<lb/>
und feuchter Luft. Die Luft gilt <hirendition="#k">Gilbert</hi> als eine durch die<lb/>
Wärme zu luftförmigem Zustande verfeinerte Flüssigkeit<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[317/0335]
W. Gilbert: Elemente. Umwandlung.
wiegender Trockenheit, warm und feucht, kalt und trocken,
feucht und kalt. 1
Auch Gilbert rechnet das Feuer nicht mehr zu den Ele-
menten und bedient sich dabei eines ganz ähnlichen Arguments
wie Cardano; es bedürfe nämlich der Nahrung und beharre
nicht an und für sich selbständig in der Natur; es sei daher
kein Element, sondern nur der höchste Grad der Wärme. 2
Auch bemerke man durchaus nicht, wie die Alchymisten fälsch-
licher Weise wollen, bei der Zersetzung der Körper Feuer oder
eine feurige Materie. 3 Der Luft spricht Gilrert die Eigen-
schaft der Wärme ab, wie die Kälte auf hohen Bergen be-
weise. 4 Auch kann reine Luft nicht in Wasser verwandelt
werden, sondern nur der warme und dickere Dunst (Vapor),
der sich durch die Wirkung der Winde in Wolken zusammen-
balle. Doch hat Gilbert hier noch nicht die Umwandlung
von (atmosphärischer) Luft in Wasser vollständig aufgegeben,
sondern erst einen bemerkenswerten Anfang zur richtigeren
Auffassung der Aggregatzustände gemacht; er läßt nämlich
den Vapor doch in Luft übergehen. Wasser kann allerdings
in Luft und Luft in Wasser verwandelt werden, aber niemals
direkt, sondern stets nur durch Vermittelung des Vapors.
Auch geschieht die Kondensation nicht infolge der Kälte, son-
dern infolge der Feuchtigkeit. 5 Die letztere, allerdings ein-
seitige Bemerkung hört sich an, als läge ihr die richtige Be-
obachtung zu Grunde, daß aus trockener Luft durch Abkühlung
kein Niederschlag erfolgen kann, sondern daß die Gegenwart
von Wasserdampf dazu notwendig ist. Jedoch kennt Gilbert
die Unterscheidung von Luft und Wasserdampf als zweier
verschiedenen Gase noch nicht, sondern die Feuchtigkeit
ist ihm eine Eigenschaft der Luft überhaupt, nicht eine Folge
der Beimengung von Wasserdampf. Der Vapor dagegen ist
Wasserdunst, Nebel, und bildet das Bindeglied zwischen Wasser
und feuchter Luft. Die Luft gilt Gilbert als eine durch die
Wärme zu luftförmigem Zustande verfeinerte Flüssigkeit
1 A. a. O. p. 10.
2 A. a. O. p. 19.
3 A. a. O. p. 22. Adde, quod in dissolutione mistorum (quicquid delirent
Alchymistae) nec ignis nec ignea materia spectatur.
4 A. a. O. p. 24.
5 A. a. O. p. 27.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/335>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.