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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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W. Gilbert. Fortschritt der Elementenlehre.
Physik. Wenige Jahre nach seinem Tode wurde der Beweis
geliefert für die Richtigkeit der coppernikanischen Hypothese,
von welcher die Mehrzahl der vorgeschrittenen Geister bereits
überzeugt war.

In dem Streit über die Natur der Elemente steht Gilbert
neben nicht wenigen andern Physikern in der Reihe derer, welche
darin übereinkommen, daß sie, wie schon Paracelsus that,
alle das Feuer aus der Zahl der Elemente ausschlossen. Der
zu Grunde liegende Gedanke ist dabei, daß Elemente Körper
sind, welchen selbständige Erhaltung zukommt, während das
Feuer der Nahrung bedarf. Die stoffliche Bedeutung des Feuers
wird zwar damit nicht aufgehoben, aber seine Existenz wird
doch von dem Vorsichgehen eines Prozesses abhängig gemacht.
Die Auffassung der Wärme als Bewegung tritt immer deutlicher
hervor. Bei Gilbert aber zeigt sich ein neuer Fortschritt,
durch welchen die aristotelische Physik ihren erschütterndsten
Schlag erleiden sollte. Die Vermutungen über die Zahl der
Elemente, die Annahme neuer Elemente, der Ausschluß bisher
dafür gehaltener, die Abänderung der Eigenschaften -- das
alles rüttelte nur an dem festen Bau des Systems. Aber die
Grundsäulen mußten brechen, wenn der Unterschied zwischen
der elementarischen und ätherischen, zwischen der sublunaren und
himmlischen Welt überhaupt aufgehoben wurde. Auf diesen
Unterschied stützte Aristoteles die Deduktion der Elemente
und der Kräfte, welche auf sie wirkten. Auch hatten die
italienischen Naturphilosophen diesen Unterschied noch bei-
behalten; die Wärme des Himmels stand der kalten Erde ent-
weder feindlich oder doch fremd gegenüber, und wenngleich
jene die Schranken der festen Kristallsphären zu entfernen
suchten, so richteten sie dafür andre auf, und die Erde blieb in
ihrer zentralen Stellung, der Himmel als das Höhere, Über-
geordnete, Lebenspendende von ihr getrennt. Bei Gilbert
tritt hier ein Wechsel ein. Nach ihm ist jenseits der Atmosphäre
der kalte, leere Weltraum, in welchem sich die Himmelskörper
als selbständige Kugeln bewegen. Das war ein großer und
wichtiger Schritt; eine Folge der Theorie des Coppernicus. Noch
fehlte für diese der zwingende Beweis. Dieser letzte Stoß
gegen Aristoteles kam von seiten der Astronomie.

Laßwitz. 21

W. Gilbert. Fortschritt der Elementenlehre.
Physik. Wenige Jahre nach seinem Tode wurde der Beweis
geliefert für die Richtigkeit der coppernikanischen Hypothese,
von welcher die Mehrzahl der vorgeschrittenen Geister bereits
überzeugt war.

In dem Streit über die Natur der Elemente steht Gilbert
neben nicht wenigen andern Physikern in der Reihe derer, welche
darin übereinkommen, daß sie, wie schon Paracelsus that,
alle das Feuer aus der Zahl der Elemente ausschlossen. Der
zu Grunde liegende Gedanke ist dabei, daß Elemente Körper
sind, welchen selbständige Erhaltung zukommt, während das
Feuer der Nahrung bedarf. Die stoffliche Bedeutung des Feuers
wird zwar damit nicht aufgehoben, aber seine Existenz wird
doch von dem Vorsichgehen eines Prozesses abhängig gemacht.
Die Auffassung der Wärme als Bewegung tritt immer deutlicher
hervor. Bei Gilbert aber zeigt sich ein neuer Fortschritt,
durch welchen die aristotelische Physik ihren erschütterndsten
Schlag erleiden sollte. Die Vermutungen über die Zahl der
Elemente, die Annahme neuer Elemente, der Ausschluß bisher
dafür gehaltener, die Abänderung der Eigenschaften — das
alles rüttelte nur an dem festen Bau des Systems. Aber die
Grundsäulen mußten brechen, wenn der Unterschied zwischen
der elementarischen und ätherischen, zwischen der sublunaren und
himmlischen Welt überhaupt aufgehoben wurde. Auf diesen
Unterschied stützte Aristoteles die Deduktion der Elemente
und der Kräfte, welche auf sie wirkten. Auch hatten die
italienischen Naturphilosophen diesen Unterschied noch bei-
behalten; die Wärme des Himmels stand der kalten Erde ent-
weder feindlich oder doch fremd gegenüber, und wenngleich
jene die Schranken der festen Kristallsphären zu entfernen
suchten, so richteten sie dafür andre auf, und die Erde blieb in
ihrer zentralen Stellung, der Himmel als das Höhere, Über-
geordnete, Lebenspendende von ihr getrennt. Bei Gilbert
tritt hier ein Wechsel ein. Nach ihm ist jenseits der Atmosphäre
der kalte, leere Weltraum, in welchem sich die Himmelskörper
als selbständige Kugeln bewegen. Das war ein großer und
wichtiger Schritt; eine Folge der Theorie des Coppernicus. Noch
fehlte für diese der zwingende Beweis. Dieser letzte Stoß
gegen Aristoteles kam von seiten der Astronomie.

Laßwitz. 21
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[321/0339] W. Gilbert. Fortschritt der Elementenlehre. Physik. Wenige Jahre nach seinem Tode wurde der Beweis geliefert für die Richtigkeit der coppernikanischen Hypothese, von welcher die Mehrzahl der vorgeschrittenen Geister bereits überzeugt war. In dem Streit über die Natur der Elemente steht Gilbert neben nicht wenigen andern Physikern in der Reihe derer, welche darin übereinkommen, daß sie, wie schon Paracelsus that, alle das Feuer aus der Zahl der Elemente ausschlossen. Der zu Grunde liegende Gedanke ist dabei, daß Elemente Körper sind, welchen selbständige Erhaltung zukommt, während das Feuer der Nahrung bedarf. Die stoffliche Bedeutung des Feuers wird zwar damit nicht aufgehoben, aber seine Existenz wird doch von dem Vorsichgehen eines Prozesses abhängig gemacht. Die Auffassung der Wärme als Bewegung tritt immer deutlicher hervor. Bei Gilbert aber zeigt sich ein neuer Fortschritt, durch welchen die aristotelische Physik ihren erschütterndsten Schlag erleiden sollte. Die Vermutungen über die Zahl der Elemente, die Annahme neuer Elemente, der Ausschluß bisher dafür gehaltener, die Abänderung der Eigenschaften — das alles rüttelte nur an dem festen Bau des Systems. Aber die Grundsäulen mußten brechen, wenn der Unterschied zwischen der elementarischen und ätherischen, zwischen der sublunaren und himmlischen Welt überhaupt aufgehoben wurde. Auf diesen Unterschied stützte Aristoteles die Deduktion der Elemente und der Kräfte, welche auf sie wirkten. Auch hatten die italienischen Naturphilosophen diesen Unterschied noch bei- behalten; die Wärme des Himmels stand der kalten Erde ent- weder feindlich oder doch fremd gegenüber, und wenngleich jene die Schranken der festen Kristallsphären zu entfernen suchten, so richteten sie dafür andre auf, und die Erde blieb in ihrer zentralen Stellung, der Himmel als das Höhere, Über- geordnete, Lebenspendende von ihr getrennt. Bei Gilbert tritt hier ein Wechsel ein. Nach ihm ist jenseits der Atmosphäre der kalte, leere Weltraum, in welchem sich die Himmelskörper als selbständige Kugeln bewegen. Das war ein großer und wichtiger Schritt; eine Folge der Theorie des Coppernicus. Noch fehlte für diese der zwingende Beweis. Dieser letzte Stoß gegen Aristoteles kam von seiten der Astronomie. Laßwitz. 21

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/339>, abgerufen am 22.11.2024.