An dieser Stelle, wo zum erstenmale das coppernikanische System seine Wirkung auch in speziellen physikalischen Fragen geltend macht, ist es angezeigt, einen Blick auf den Stand der Astronomie zu werfen. Die Entwickelung der hierher gehörigen Lehren muß als aus der Geschichte der Astronomie bekannt vorausgesetzt werden; wir haben nur daran zu erinnern.
Die Erklärung der Planetenbewegungen durch konzentrische Sphären, wie sie von Eudoxus und Aristoteles1 gegeben worden war, erforderte für jeden Planeten mehrere Sphären, um die Ver- mittelung der Bewegung von dem primum mobile der äußersten Sphäre her begreiflich zu machen, und führte daher zur Annahme einer sehr großen Zahl von Sphären. Trotzdem vermochte diese Theorie schon den Fortschritten der Astronomie im Altertum nicht mehr zu genügen, und die alexandrinischen Gelehrten beschränkten sich deshalb darauf, die Theorie der Epicyklen rein geometrisch auszubilden, ohne auf die physi- sche Ursache der Planetenbewegung Rücksicht zu nehmen. Infolgedessen stand das mathematische System des Ptolemäos dem physischen des Aristoteles unvermittelt gegenüber, und es ergab sich ein ganz analoges Verhältnis wie in der heutigen Astronomie, in welcher zwar die mathematische Formel Newtons die Wirkungen der Gravitation mit Sicherheit berechnen läßt, die Ursache der Gravitation aber ein vorläufig noch ungelöstes Rätsel bleibt. Den Gegensatz zwischen Physik und Astro- nomie, aristotelischem und ptolemäischem Systeme auszugleichen, unternahm der deutsche Astronom Georg Peurbach oder Pur- bach (1423--1461), indem er jedem Planeten eine Sphäre von solcher Dicke gab, daß der exzentrische Kreis nebst dem Epi- cykel zwischen ihrer äußeren und inneren Oberfläche Raum hatte.2Peurbach und sein noch berühmterer Schüler Johann Müller von Königsberg in Franken, genannt Regiomontanus (1436--1476), waren hochverdiente Förderer der Astronomie, indem sie den Almagest genauer kennen lehrten und von
1 Vgl. R. Wolf, Gesch. d. Astr. S. 38 f.
2Apelt, Reform. d. Sternk. S. 33.
Die Epicykeltheorie.
5. Der Fortschritt der Astronomie.
An dieser Stelle, wo zum erstenmale das coppernikanische System seine Wirkung auch in speziellen physikalischen Fragen geltend macht, ist es angezeigt, einen Blick auf den Stand der Astronomie zu werfen. Die Entwickelung der hierher gehörigen Lehren muß als aus der Geschichte der Astronomie bekannt vorausgesetzt werden; wir haben nur daran zu erinnern.
Die Erklärung der Planetenbewegungen durch konzentrische Sphären, wie sie von Eudoxus und Aristoteles1 gegeben worden war, erforderte für jeden Planeten mehrere Sphären, um die Ver- mittelung der Bewegung von dem primum mobile der äußersten Sphäre her begreiflich zu machen, und führte daher zur Annahme einer sehr großen Zahl von Sphären. Trotzdem vermochte diese Theorie schon den Fortschritten der Astronomie im Altertum nicht mehr zu genügen, und die alexandrinischen Gelehrten beschränkten sich deshalb darauf, die Theorie der Epicyklen rein geometrisch auszubilden, ohne auf die physi- sche Ursache der Planetenbewegung Rücksicht zu nehmen. Infolgedessen stand das mathematische System des Ptolemäos dem physischen des Aristoteles unvermittelt gegenüber, und es ergab sich ein ganz analoges Verhältnis wie in der heutigen Astronomie, in welcher zwar die mathematische Formel Newtons die Wirkungen der Gravitation mit Sicherheit berechnen läßt, die Ursache der Gravitation aber ein vorläufig noch ungelöstes Rätsel bleibt. Den Gegensatz zwischen Physik und Astro- nomie, aristotelischem und ptolemäischem Systeme auszugleichen, unternahm der deutsche Astronom Georg Peurbach oder Pur- bach (1423—1461), indem er jedem Planeten eine Sphäre von solcher Dicke gab, daß der exzentrische Kreis nebst dem Epi- cykel zwischen ihrer äußeren und inneren Oberfläche Raum hatte.2Peurbach und sein noch berühmterer Schüler Johann Müller von Königsberg in Franken, genannt Regiomontanus (1436—1476), waren hochverdiente Förderer der Astronomie, indem sie den Almagest genauer kennen lehrten und von
1 Vgl. R. Wolf, Gesch. d. Astr. S. 38 f.
2Apelt, Reform. d. Sternk. S. 33.
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Die Epicykeltheorie.
5. Der Fortschritt der Astronomie.
An dieser Stelle, wo zum erstenmale das coppernikanische
System seine Wirkung auch in speziellen physikalischen Fragen
geltend macht, ist es angezeigt, einen Blick auf den Stand der
Astronomie zu werfen. Die Entwickelung der hierher gehörigen
Lehren muß als aus der Geschichte der Astronomie bekannt
vorausgesetzt werden; wir haben nur daran zu erinnern.
Die Erklärung der Planetenbewegungen durch konzentrische
Sphären, wie sie von Eudoxus und Aristoteles 1 gegeben worden
war, erforderte für jeden Planeten mehrere Sphären, um die Ver-
mittelung der Bewegung von dem primum mobile der äußersten
Sphäre her begreiflich zu machen, und führte daher zur Annahme
einer sehr großen Zahl von Sphären. Trotzdem vermochte
diese Theorie schon den Fortschritten der Astronomie im
Altertum nicht mehr zu genügen, und die alexandrinischen
Gelehrten beschränkten sich deshalb darauf, die Theorie der
Epicyklen rein geometrisch auszubilden, ohne auf die physi-
sche Ursache der Planetenbewegung Rücksicht zu nehmen.
Infolgedessen stand das mathematische System des Ptolemäos
dem physischen des Aristoteles unvermittelt gegenüber, und
es ergab sich ein ganz analoges Verhältnis wie in der heutigen
Astronomie, in welcher zwar die mathematische Formel Newtons
die Wirkungen der Gravitation mit Sicherheit berechnen läßt,
die Ursache der Gravitation aber ein vorläufig noch ungelöstes
Rätsel bleibt. Den Gegensatz zwischen Physik und Astro-
nomie, aristotelischem und ptolemäischem Systeme auszugleichen,
unternahm der deutsche Astronom Georg Peurbach oder Pur-
bach (1423—1461), indem er jedem Planeten eine Sphäre von
solcher Dicke gab, daß der exzentrische Kreis nebst dem Epi-
cykel zwischen ihrer äußeren und inneren Oberfläche Raum
hatte. 2 Peurbach und sein noch berühmterer Schüler Johann
Müller von Königsberg in Franken, genannt Regiomontanus
(1436—1476), waren hochverdiente Förderer der Astronomie,
indem sie den Almagest genauer kennen lehrten und von
1 Vgl. R. Wolf, Gesch. d. Astr. S. 38 f.
2 Apelt, Reform. d. Sternk. S. 33.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/340>, abgerufen am 22.11.2024.
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