von der Materie zu einem fruchtbaren Systeme zusammenfaßte. Von dem so gewonnenen Begriffe der Materie aus, als des Einen, Unendlichen, alles in sich Enthaltenden, Göttlichen, schreitet Bruno weiter in der Verschmelzung der Systeme vor und zieht durch Aufstellung seiner Monadenlehre die Atomistik in den Kreis seiner Weltauffassung. Die Brücke hierzu bietet ihm die Explikationslehre und die Erkenntnistheorie des Cusa- ners. Es läßt sich Schritt für Schritt verfolgen, wie die Mo- nadologie, sowie die mathematisch-physikalische Atomistik Brunos aus der Lehre des Cusanus hervorgeht.
2. Einheit und Minimum.
Ganz wie bei Cusanus wird bei Bruno die Auflösung aller Gegensätze in der Einheit des Unendlichen und die Zusammen- faltung der Verschiedenheiten in dieser Einheit gelehrt und durch mathematische Gleichnisse erläutert.1 Wie Kreis und gerade Linie, Peripherie und Centrum im Unendlichen zusam- menfallen (ersteres bei unendlich großem, letzteres bei unend- lich kleinem Kreise), so sind Größtes und Kleinstes im Absoluten ungetrennt; wie der Punkt sich zur Linie, die Linie sich zur Fläche, diese zum Körper durch Bewegung entfalten kann, so sind sie im Absoluten, wo Möglichkeit und Wirklich- keit identisch sind, auch nicht zu unterscheiden; wie in allen ähnlichen Figuren, gleichviel ob ihr Flächeninhalt ganz gering oder außerordentlich groß ist, die Winkel doch immer von derselben unveränderlichen Größe bleiben, so zieht sich durch alle Dinge das Sein des Unendlich-Einen, so ist in allen Dingen die unendliche Substanz ganz, obwohl in verschiedener Weise. Warum aber verändern sich die Dinge? Warum wird die ge- ordnete Materie in immer andre Formen gezwängt? Die Antwort ist, daß keine Veränderung ein andres Sein, son- dern nur eine andre Art zu sein anstrebt. Und das ist der Unterschied zwischen den Einzeldingen und dem Universum, daß dieses alles zugleich, jene aber, als an ein endliches Sub- strat gebunden, nicht Entgegengesetztes zugleich sein können. In der unendlichen Substanz findet sich die Vielheit, die Zahl;
1De la causa etc. Wagner p. 288 f. Lasson S. 132 f.
G. Bruno: Entwickelung der Einheit.
von der Materie zu einem fruchtbaren Systeme zusammenfaßte. Von dem so gewonnenen Begriffe der Materie aus, als des Einen, Unendlichen, alles in sich Enthaltenden, Göttlichen, schreitet Bruno weiter in der Verschmelzung der Systeme vor und zieht durch Aufstellung seiner Monadenlehre die Atomistik in den Kreis seiner Weltauffassung. Die Brücke hierzu bietet ihm die Explikationslehre und die Erkenntnistheorie des Cusa- ners. Es läßt sich Schritt für Schritt verfolgen, wie die Mo- nadologie, sowie die mathematisch-physikalische Atomistik Brunos aus der Lehre des Cusanus hervorgeht.
2. Einheit und Minimum.
Ganz wie bei Cusanus wird bei Bruno die Auflösung aller Gegensätze in der Einheit des Unendlichen und die Zusammen- faltung der Verschiedenheiten in dieser Einheit gelehrt und durch mathematische Gleichnisse erläutert.1 Wie Kreis und gerade Linie, Peripherie und Centrum im Unendlichen zusam- menfallen (ersteres bei unendlich großem, letzteres bei unend- lich kleinem Kreise), so sind Größtes und Kleinstes im Absoluten ungetrennt; wie der Punkt sich zur Linie, die Linie sich zur Fläche, diese zum Körper durch Bewegung entfalten kann, so sind sie im Absoluten, wo Möglichkeit und Wirklich- keit identisch sind, auch nicht zu unterscheiden; wie in allen ähnlichen Figuren, gleichviel ob ihr Flächeninhalt ganz gering oder außerordentlich groß ist, die Winkel doch immer von derselben unveränderlichen Größe bleiben, so zieht sich durch alle Dinge das Sein des Unendlich-Einen, so ist in allen Dingen die unendliche Substanz ganz, obwohl in verschiedener Weise. Warum aber verändern sich die Dinge? Warum wird die ge- ordnete Materie in immer andre Formen gezwängt? Die Antwort ist, daß keine Veränderung ein andres Sein, son- dern nur eine andre Art zu sein anstrebt. Und das ist der Unterschied zwischen den Einzeldingen und dem Universum, daß dieses alles zugleich, jene aber, als an ein endliches Sub- strat gebunden, nicht Entgegengesetztes zugleich sein können. In der unendlichen Substanz findet sich die Vielheit, die Zahl;
1De la causa etc. Wagner p. 288 f. Lasson S. 132 f.
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[363/0381]
G. Bruno: Entwickelung der Einheit.
von der Materie zu einem fruchtbaren Systeme zusammenfaßte.
Von dem so gewonnenen Begriffe der Materie aus, als des
Einen, Unendlichen, alles in sich Enthaltenden, Göttlichen,
schreitet Bruno weiter in der Verschmelzung der Systeme vor
und zieht durch Aufstellung seiner Monadenlehre die Atomistik
in den Kreis seiner Weltauffassung. Die Brücke hierzu bietet
ihm die Explikationslehre und die Erkenntnistheorie des Cusa-
ners. Es läßt sich Schritt für Schritt verfolgen, wie die Mo-
nadologie, sowie die mathematisch-physikalische Atomistik
Brunos aus der Lehre des Cusanus hervorgeht.
2. Einheit und Minimum.
Ganz wie bei Cusanus wird bei Bruno die Auflösung aller
Gegensätze in der Einheit des Unendlichen und die Zusammen-
faltung der Verschiedenheiten in dieser Einheit gelehrt und
durch mathematische Gleichnisse erläutert. 1 Wie Kreis und
gerade Linie, Peripherie und Centrum im Unendlichen zusam-
menfallen (ersteres bei unendlich großem, letzteres bei unend-
lich kleinem Kreise), so sind Größtes und Kleinstes im
Absoluten ungetrennt; wie der Punkt sich zur Linie, die Linie
sich zur Fläche, diese zum Körper durch Bewegung entfalten
kann, so sind sie im Absoluten, wo Möglichkeit und Wirklich-
keit identisch sind, auch nicht zu unterscheiden; wie in allen
ähnlichen Figuren, gleichviel ob ihr Flächeninhalt ganz gering
oder außerordentlich groß ist, die Winkel doch immer von
derselben unveränderlichen Größe bleiben, so zieht sich durch
alle Dinge das Sein des Unendlich-Einen, so ist in allen Dingen
die unendliche Substanz ganz, obwohl in verschiedener Weise.
Warum aber verändern sich die Dinge? Warum wird die ge-
ordnete Materie in immer andre Formen gezwängt? Die
Antwort ist, daß keine Veränderung ein andres Sein, son-
dern nur eine andre Art zu sein anstrebt. Und das ist der
Unterschied zwischen den Einzeldingen und dem Universum,
daß dieses alles zugleich, jene aber, als an ein endliches Sub-
strat gebunden, nicht Entgegengesetztes zugleich sein können.
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1 De la causa etc. Wagner p. 288 f. Lasson S. 132 f.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/381>, abgerufen am 15.06.2024.
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