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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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G. Bruno: Geschichtliche Anknüpfung.
sendet. Es ist eine innerliche, lebendige Entwickelung, eine
Thätigkeit der Weltseele, welche das Entstehen und Vergehen
im Universum als einen ewigen Kreislauf heraufführt und
vollendet. Und somit ist das All eine einzige, in allen Teilen
beseelte Einheit, in welcher Wirken und Sein, Kraft und Ma-
terie eins und untrennbar sind, in ewiger Bewegung, in orga-
nischer aber notwendiger Entwickelung, in harmonischer Ord-
nung. Die Materie aber ist die Gebärerin und Mutter der
natürlichen Dinge, ja der Substanz nach die ganze Natur und
selbst ein Göttliches zu nennen.1

In dieser seiner Lehre von der Materie, welche in ihrem
absoluten Sein alle Gegensätze vereint enthält und sie in leben-
digem Wirken in ihrer Verschiedenheit entfaltet, hat Bruno
eine große Menge von Anregungen früherer Philosophen zu
bedeutungsvollem Ganzen zu vereinigen gewußt.

Die Einheit einer Körperliches wie Geistiges zugleich um-
fassenden Materie hatte Ibn Gabirol gelehrt und auch schon
die Entfaltung der allumfassenden Einheit zur Vielheit darge-
stellt (s. 1. Buch S. 166); David von Dinant hatte die Materie als
etwas Göttliches betrachtet, insofern er Gott, den # und die
erste Materie als die abstraktesten Begriffe und daher als zu-
sammenfallende ansah; Ibn Roschd vertrat die Educierung der
Formen aus der Materie; das Zusammenfallen aller Gegensätze
in der unendlichen Einheit Gottes und die Entfaltung der-
selben aus jener Einheit zur Vielheit durch die Materie war
der Grundgedanke des Nicolaus von Cusa; Paracelsus endlich
hatte in seiner Lehre von der allgemeinen Belebtheit der Na-
tur besonders die Entwickelung von innen heraus und die Un-
trennbarkeit von Sein und Wirken betont. Die Ansichten
aller dieser Männer, welche selbst wieder vom Neuplatonismus
beeinflußt waren, kannte2 Bruno, und es geschah mit klarem
Bewußtsein seines Anschlusses an dieselben, daß er ihre Lehren

1 A. a. O. 4. Dial. Wagner I, 272--277. Lasson 108--114.
2 Er beruft sich auf dieselben an verschiedenen Stellen. Man sehe über
Ibn Gabirol (Avicebron): De la causa etc. Wagner I, 251, 257, 269. David
von Dinant
: A. a. O. I, 279. Averroes: A. a. O. I. 274. Nicolaus von Cusa:
Wagner
I, 154 ("il divino Cusano"). I, 288. II, 54, 214. Oratio valedictoria bei
Heumann Acta phil. II, 406. Paracelsus: Wagn. I, 249, 251, 252 u. Gfrörer
p. 627, 569. Plotinus: Wagner I, 238, 270 u. noch oft.

G. Bruno: Geschichtliche Anknüpfung.
sendet. Es ist eine innerliche, lebendige Entwickelung, eine
Thätigkeit der Weltseele, welche das Entstehen und Vergehen
im Universum als einen ewigen Kreislauf heraufführt und
vollendet. Und somit ist das All eine einzige, in allen Teilen
beseelte Einheit, in welcher Wirken und Sein, Kraft und Ma-
terie eins und untrennbar sind, in ewiger Bewegung, in orga-
nischer aber notwendiger Entwickelung, in harmonischer Ord-
nung. Die Materie aber ist die Gebärerin und Mutter der
natürlichen Dinge, ja der Substanz nach die ganze Natur und
selbst ein Göttliches zu nennen.1

In dieser seiner Lehre von der Materie, welche in ihrem
absoluten Sein alle Gegensätze vereint enthält und sie in leben-
digem Wirken in ihrer Verschiedenheit entfaltet, hat Bruno
eine große Menge von Anregungen früherer Philosophen zu
bedeutungsvollem Ganzen zu vereinigen gewußt.

Die Einheit einer Körperliches wie Geistiges zugleich um-
fassenden Materie hatte Ibn Gabirol gelehrt und auch schon
die Entfaltung der allumfassenden Einheit zur Vielheit darge-
stellt (s. 1. Buch S. 166); David von Dinant hatte die Materie als
etwas Göttliches betrachtet, insofern er Gott, den # und die
erste Materie als die abstraktesten Begriffe und daher als zu-
sammenfallende ansah; Ibn Roschd vertrat die Educierung der
Formen aus der Materie; das Zusammenfallen aller Gegensätze
in der unendlichen Einheit Gottes und die Entfaltung der-
selben aus jener Einheit zur Vielheit durch die Materie war
der Grundgedanke des Nicolaus von Cusa; Paracelsus endlich
hatte in seiner Lehre von der allgemeinen Belebtheit der Na-
tur besonders die Entwickelung von innen heraus und die Un-
trennbarkeit von Sein und Wirken betont. Die Ansichten
aller dieser Männer, welche selbst wieder vom Neuplatonismus
beeinflußt waren, kannte2 Bruno, und es geschah mit klarem
Bewußtsein seines Anschlusses an dieselben, daß er ihre Lehren

1 A. a. O. 4. Dial. Wagner I, 272—277. Lasson 108—114.
2 Er beruft sich auf dieselben an verschiedenen Stellen. Man sehe über
Ibn Gabirol (Avicebron): De la causa etc. Wagner I, 251, 257, 269. David
von Dinant
: A. a. O. I, 279. Averroes: A. a. O. I. 274. Nicolaus von Cusa:
Wagner
I, 154 („il divino Cusano‟). I, 288. II, 54, 214. Oratio valedictoria bei
Heumann Acta phil. II, 406. Paracelsus: Wagn. I, 249, 251, 252 u. Gfrörer
p. 627, 569. Plotinus: Wagner I, 238, 270 u. noch oft.
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[262/0380] G. Bruno: Geschichtliche Anknüpfung. sendet. Es ist eine innerliche, lebendige Entwickelung, eine Thätigkeit der Weltseele, welche das Entstehen und Vergehen im Universum als einen ewigen Kreislauf heraufführt und vollendet. Und somit ist das All eine einzige, in allen Teilen beseelte Einheit, in welcher Wirken und Sein, Kraft und Ma- terie eins und untrennbar sind, in ewiger Bewegung, in orga- nischer aber notwendiger Entwickelung, in harmonischer Ord- nung. Die Materie aber ist die Gebärerin und Mutter der natürlichen Dinge, ja der Substanz nach die ganze Natur und selbst ein Göttliches zu nennen. 1 In dieser seiner Lehre von der Materie, welche in ihrem absoluten Sein alle Gegensätze vereint enthält und sie in leben- digem Wirken in ihrer Verschiedenheit entfaltet, hat Bruno eine große Menge von Anregungen früherer Philosophen zu bedeutungsvollem Ganzen zu vereinigen gewußt. Die Einheit einer Körperliches wie Geistiges zugleich um- fassenden Materie hatte Ibn Gabirol gelehrt und auch schon die Entfaltung der allumfassenden Einheit zur Vielheit darge- stellt (s. 1. Buch S. 166); David von Dinant hatte die Materie als etwas Göttliches betrachtet, insofern er Gott, den # und die erste Materie als die abstraktesten Begriffe und daher als zu- sammenfallende ansah; Ibn Roschd vertrat die Educierung der Formen aus der Materie; das Zusammenfallen aller Gegensätze in der unendlichen Einheit Gottes und die Entfaltung der- selben aus jener Einheit zur Vielheit durch die Materie war der Grundgedanke des Nicolaus von Cusa; Paracelsus endlich hatte in seiner Lehre von der allgemeinen Belebtheit der Na- tur besonders die Entwickelung von innen heraus und die Un- trennbarkeit von Sein und Wirken betont. Die Ansichten aller dieser Männer, welche selbst wieder vom Neuplatonismus beeinflußt waren, kannte 2 Bruno, und es geschah mit klarem Bewußtsein seines Anschlusses an dieselben, daß er ihre Lehren 1 A. a. O. 4. Dial. Wagner I, 272—277. Lasson 108—114. 2 Er beruft sich auf dieselben an verschiedenen Stellen. Man sehe über Ibn Gabirol (Avicebron): De la causa etc. Wagner I, 251, 257, 269. David von Dinant: A. a. O. I, 279. Averroes: A. a. O. I. 274. Nicolaus von Cusa: Wagner I, 154 („il divino Cusano‟). I, 288. II, 54, 214. Oratio valedictoria bei Heumann Acta phil. II, 406. Paracelsus: Wagn. I, 249, 251, 252 u. Gfrörer p. 627, 569. Plotinus: Wagner I, 238, 270 u. noch oft.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/380>, abgerufen am 22.11.2024.