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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Bacon: Die Atomistik in den Cogitationes de nat. rer.
Deshalb -- dies wird noch durch andre Beispiele begründet --
war es lächerlich, die Sonnenstäubchen als Atome anzusehen;
denn diese gleichen einem Körper in Pulverform, während ein
Atom, wie Demokrit selbst sagt, niemand jemals gesehen hat,
noch sehen kann. In viel wunderbarerer Weise noch zeigt
sich diese Zerteilung der Stoffe bei den Gerüchen. Es bilde
sich nur niemand ein, daß die Gerüche, wie es beim Licht
und auch bei Wärme und Kälte der Fall ist, ohne Mitteilung
der Substanz sich ausbreiten; denn man kann sie, wo sie an
festen Körpern, wie an Holz und Metall, haften, durch Reiben
und Waschen wieder beseitigen. Andrerseits aber darf man ver-
nünftigerweise nicht behaupten, daß in diesen und ähnlichen
Fällen der Prozeß bis ins Unendliche fortgehe, da die Ver-
teilung immer innerhalb bestimmter Grenzen und Räume ein-
geschlossen bleibt.

Was nun die zweite Fassung des Atombegriffs betrifft, in
welcher die Existenz eines Vacuums vorausgesetzt und das Atom
aus der Abwesenheit des Vacuums definiert wird, so war die
Ansicht des Hero (s. S. 214) eine verständige, wonach er einen
angehäuften leeren Raum (vacuum coacervatum) leugnete, einen
untermischten (vacuum commixtum) aber annahm. Indem er
nämlich berücksichtigte, daß alle Körper in einem ununter-
brochenen Zusammenhange stehen und kein Raum aufzeigbar
sei, welcher nicht von einem Körper erfüllt werde, daß viel-
mehr selbst die schweren Körper sich nach oben bewegen und
somit lieber ihre eigene Natur verleugnen, als eine vollständige
Abreißung vom Zusammenhange der Körper dulden, so glaubte
er schließen zu müssen, daß die Natur einen leeren Raum
von größerer Ausdehnung, d. h. angehäuftes Vacuum, nicht zuzu-
lassen strebe. Andrerseits zog er in Betrachtung, daß die Materie
ein- und desselben Körpers sich zusammenziehen und verdichten
und wieder sich ausdehnen und verdünnen könne, und somit un-
gleiche Räume, bald größere, bald kleinere einzunehmen und
auszufüllen imstande sei; infolgedessen vermochte er nicht ein-
zusehen, wie diese Veränderungen möglich seien, wenn nicht
den Körpern leere Räume beigemischt wären, und zwar weniger
oder mehr, je nach der Zusammendrückung oder Ausdehnung
des betreffenden Körpers. Denn jene Zusammenziehung kann
notwendigerweise nur auf eine von folgenden drei Möglich-

Bacon: Die Atomistik in den Cogitationes de nat. rer.
Deshalb — dies wird noch durch andre Beispiele begründet —
war es lächerlich, die Sonnenstäubchen als Atome anzusehen;
denn diese gleichen einem Körper in Pulverform, während ein
Atom, wie Demokrit selbst sagt, niemand jemals gesehen hat,
noch sehen kann. In viel wunderbarerer Weise noch zeigt
sich diese Zerteilung der Stoffe bei den Gerüchen. Es bilde
sich nur niemand ein, daß die Gerüche, wie es beim Licht
und auch bei Wärme und Kälte der Fall ist, ohne Mitteilung
der Substanz sich ausbreiten; denn man kann sie, wo sie an
festen Körpern, wie an Holz und Metall, haften, durch Reiben
und Waschen wieder beseitigen. Andrerseits aber darf man ver-
nünftigerweise nicht behaupten, daß in diesen und ähnlichen
Fällen der Prozeß bis ins Unendliche fortgehe, da die Ver-
teilung immer innerhalb bestimmter Grenzen und Räume ein-
geschlossen bleibt.

Was nun die zweite Fassung des Atombegriffs betrifft, in
welcher die Existenz eines Vacuums vorausgesetzt und das Atom
aus der Abwesenheit des Vacuums definiert wird, so war die
Ansicht des Hero (s. S. 214) eine verständige, wonach er einen
angehäuften leeren Raum (vacuum coacervatum) leugnete, einen
untermischten (vacuum commixtum) aber annahm. Indem er
nämlich berücksichtigte, daß alle Körper in einem ununter-
brochenen Zusammenhange stehen und kein Raum aufzeigbar
sei, welcher nicht von einem Körper erfüllt werde, daß viel-
mehr selbst die schweren Körper sich nach oben bewegen und
somit lieber ihre eigene Natur verleugnen, als eine vollständige
Abreißung vom Zusammenhange der Körper dulden, so glaubte
er schließen zu müssen, daß die Natur einen leeren Raum
von größerer Ausdehnung, d. h. angehäuftes Vacuum, nicht zuzu-
lassen strebe. Andrerseits zog er in Betrachtung, daß die Materie
ein- und desselben Körpers sich zusammenziehen und verdichten
und wieder sich ausdehnen und verdünnen könne, und somit un-
gleiche Räume, bald größere, bald kleinere einzunehmen und
auszufüllen imstande sei; infolgedessen vermochte er nicht ein-
zusehen, wie diese Veränderungen möglich seien, wenn nicht
den Körpern leere Räume beigemischt wären, und zwar weniger
oder mehr, je nach der Zusammendrückung oder Ausdehnung
des betreffenden Körpers. Denn jene Zusammenziehung kann
notwendigerweise nur auf eine von folgenden drei Möglich-

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[425/0443] Bacon: Die Atomistik in den Cogitationes de nat. rer. Deshalb — dies wird noch durch andre Beispiele begründet — war es lächerlich, die Sonnenstäubchen als Atome anzusehen; denn diese gleichen einem Körper in Pulverform, während ein Atom, wie Demokrit selbst sagt, niemand jemals gesehen hat, noch sehen kann. In viel wunderbarerer Weise noch zeigt sich diese Zerteilung der Stoffe bei den Gerüchen. Es bilde sich nur niemand ein, daß die Gerüche, wie es beim Licht und auch bei Wärme und Kälte der Fall ist, ohne Mitteilung der Substanz sich ausbreiten; denn man kann sie, wo sie an festen Körpern, wie an Holz und Metall, haften, durch Reiben und Waschen wieder beseitigen. Andrerseits aber darf man ver- nünftigerweise nicht behaupten, daß in diesen und ähnlichen Fällen der Prozeß bis ins Unendliche fortgehe, da die Ver- teilung immer innerhalb bestimmter Grenzen und Räume ein- geschlossen bleibt. Was nun die zweite Fassung des Atombegriffs betrifft, in welcher die Existenz eines Vacuums vorausgesetzt und das Atom aus der Abwesenheit des Vacuums definiert wird, so war die Ansicht des Hero (s. S. 214) eine verständige, wonach er einen angehäuften leeren Raum (vacuum coacervatum) leugnete, einen untermischten (vacuum commixtum) aber annahm. Indem er nämlich berücksichtigte, daß alle Körper in einem ununter- brochenen Zusammenhange stehen und kein Raum aufzeigbar sei, welcher nicht von einem Körper erfüllt werde, daß viel- mehr selbst die schweren Körper sich nach oben bewegen und somit lieber ihre eigene Natur verleugnen, als eine vollständige Abreißung vom Zusammenhange der Körper dulden, so glaubte er schließen zu müssen, daß die Natur einen leeren Raum von größerer Ausdehnung, d. h. angehäuftes Vacuum, nicht zuzu- lassen strebe. Andrerseits zog er in Betrachtung, daß die Materie ein- und desselben Körpers sich zusammenziehen und verdichten und wieder sich ausdehnen und verdünnen könne, und somit un- gleiche Räume, bald größere, bald kleinere einzunehmen und auszufüllen imstande sei; infolgedessen vermochte er nicht ein- zusehen, wie diese Veränderungen möglich seien, wenn nicht den Körpern leere Räume beigemischt wären, und zwar weniger oder mehr, je nach der Zusammendrückung oder Ausdehnung des betreffenden Körpers. Denn jene Zusammenziehung kann notwendigerweise nur auf eine von folgenden drei Möglich-

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/443>, abgerufen am 22.11.2024.