Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.Bacons Fab. de Cup. für die Atomistik. natürliche Bewegung des Atoms einer der Bewegungen dergrößeren Körper ähnlich. Dennoch stecken die Atome und ihre Bewegungen als Anfänge in allen Körpern und deren Bewegungen. In den ferneren Ausführungen über die Bewe- gung der Atome sei aber Demokrit sich selbst ungetreu ge- worden, indem er sich genötigt sah, den Atomen eine hetero- gene Bewegung zu erteilen. Er nahm nämlich aus der Zahl der Bewegungen der größeren Körper zwei Arten der Bewe- gung willkürlich heraus, das Herabsteigen des Schweren und das Heraufsteigen des Leichten, und teilte sie den Atomen als primitive Bewegungen zu. Die letztere erklärte er durch den Stoß der schwereren Atome auf die leichteren, wodurch diese nach oben getrieben werden. Freilich habe diese Philosophie Demokrits, weil sie tiefer Vergleicht man mit diesen Äußerungen über die Atomistik Bacons Fab. de Cup. für die Atomistik. natürliche Bewegung des Atoms einer der Bewegungen dergrößeren Körper ähnlich. Dennoch stecken die Atome und ihre Bewegungen als Anfänge in allen Körpern und deren Bewegungen. In den ferneren Ausführungen über die Bewe- gung der Atome sei aber Demokrit sich selbst ungetreu ge- worden, indem er sich genötigt sah, den Atomen eine hetero- gene Bewegung zu erteilen. Er nahm nämlich aus der Zahl der Bewegungen der größeren Körper zwei Arten der Bewe- gung willkürlich heraus, das Herabsteigen des Schweren und das Heraufsteigen des Leichten, und teilte sie den Atomen als primitive Bewegungen zu. Die letztere erklärte er durch den Stoß der schwereren Atome auf die leichteren, wodurch diese nach oben getrieben werden. Freilich habe diese Philosophie Demokrits, weil sie tiefer Vergleicht man mit diesen Äußerungen über die Atomistik <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0447" n="429"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Bacons</hi><hi rendition="#i">Fab. de Cup.</hi> für die Atomistik.</fw><lb/> natürliche Bewegung des Atoms einer der Bewegungen der<lb/> größeren Körper ähnlich. Dennoch stecken die Atome und<lb/> ihre Bewegungen als Anfänge in allen Körpern und deren<lb/> Bewegungen. In den ferneren Ausführungen über die Bewe-<lb/> gung der Atome sei aber <hi rendition="#k">Demokrit</hi> sich selbst ungetreu ge-<lb/> worden, indem er sich genötigt sah, den Atomen eine hetero-<lb/> gene Bewegung zu erteilen. Er nahm nämlich aus der Zahl<lb/> der Bewegungen der größeren Körper zwei Arten der Bewe-<lb/> gung willkürlich heraus, das Herabsteigen des Schweren und<lb/> das Heraufsteigen des Leichten, und teilte sie den Atomen als<lb/> primitive Bewegungen zu. Die letztere erklärte er durch den<lb/> Stoß der schwereren Atome auf die leichteren, wodurch diese<lb/> nach oben getrieben werden.</p><lb/> <p>Freilich habe diese Philosophie <hi rendition="#k">Demokrits</hi>, weil sie tiefer<lb/> in das Wesen der Dinge eindrang, nicht großen Anklang ge-<lb/> funden. Dennoch erfreute sich ihr Begründer seiner Zeit der<lb/> höchsten Bewunderung und ist nach dem allgemeinen Urteil<lb/> unter allen Philosophen am höchsten als Physiker gehalten<lb/> worden. Trotz aller Anfeindungen durch <hi rendition="#k">Platon</hi> und <hi rendition="#k">Aristo-<lb/> teles</hi> haben sich doch seine Lehren auch noch zur Zeit der<lb/> Römer in hohem Ansehen gehalten, wie das Lob des <hi rendition="#k">Cicero</hi><lb/> und das Gedicht des <hi rendition="#k">Lukrez</hi> beweisen. Erst als die Wissen-<lb/> schaft im Sturme der Völkerwanderung ihren allgemeinen<lb/> Schiffbruch erlitt, da erhielten sich die Tafeln der aristotelischen<lb/> und platonischen Philosophie, gleichsam von leichterem Stoffe<lb/> und daher von den Wogen getragen, auf der Oberfläche, wäh-<lb/> rend die schwerer wiegenden untersanken und uns verloren<lb/> gingen. Jetzt aber scheint es an der Zeit, die Philosophie des<lb/><hi rendition="#k">Demokrit</hi> der unverdienten Vergessenheit wieder zu entreißen.</p><lb/> <p>Vergleicht man mit diesen Äußerungen über die Atomistik<lb/> die oben (S. 417 f.) aus dem <hi rendition="#i">Novum Organum</hi> angeführten, so ergibt<lb/> sich zunächst der entschiedene Widerspruch der letzteren gegen die<lb/> antike Atomistik. <hi rendition="#k">Bacon</hi> erklärt sich gegen die Atomistik als meta-<lb/> physische Grundlage der Welt, indem er an der demokritischen<lb/> Auffassung der Bewegung Anstoß nimmt und keinen Weg<lb/> sieht, das Gesetz des Zusammenhangs und der Wechselwirkung<lb/> der Atome aufzufinden. Aber Korpuskeln, als kleine Teile,<lb/> auf welche man beim Versuche kommt, will er als Hilfsmittel<lb/> der physikalischen Erklärung gelten lassen, wenn man nur in<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [429/0447]
Bacons Fab. de Cup. für die Atomistik.
natürliche Bewegung des Atoms einer der Bewegungen der
größeren Körper ähnlich. Dennoch stecken die Atome und
ihre Bewegungen als Anfänge in allen Körpern und deren
Bewegungen. In den ferneren Ausführungen über die Bewe-
gung der Atome sei aber Demokrit sich selbst ungetreu ge-
worden, indem er sich genötigt sah, den Atomen eine hetero-
gene Bewegung zu erteilen. Er nahm nämlich aus der Zahl
der Bewegungen der größeren Körper zwei Arten der Bewe-
gung willkürlich heraus, das Herabsteigen des Schweren und
das Heraufsteigen des Leichten, und teilte sie den Atomen als
primitive Bewegungen zu. Die letztere erklärte er durch den
Stoß der schwereren Atome auf die leichteren, wodurch diese
nach oben getrieben werden.
Freilich habe diese Philosophie Demokrits, weil sie tiefer
in das Wesen der Dinge eindrang, nicht großen Anklang ge-
funden. Dennoch erfreute sich ihr Begründer seiner Zeit der
höchsten Bewunderung und ist nach dem allgemeinen Urteil
unter allen Philosophen am höchsten als Physiker gehalten
worden. Trotz aller Anfeindungen durch Platon und Aristo-
teles haben sich doch seine Lehren auch noch zur Zeit der
Römer in hohem Ansehen gehalten, wie das Lob des Cicero
und das Gedicht des Lukrez beweisen. Erst als die Wissen-
schaft im Sturme der Völkerwanderung ihren allgemeinen
Schiffbruch erlitt, da erhielten sich die Tafeln der aristotelischen
und platonischen Philosophie, gleichsam von leichterem Stoffe
und daher von den Wogen getragen, auf der Oberfläche, wäh-
rend die schwerer wiegenden untersanken und uns verloren
gingen. Jetzt aber scheint es an der Zeit, die Philosophie des
Demokrit der unverdienten Vergessenheit wieder zu entreißen.
Vergleicht man mit diesen Äußerungen über die Atomistik
die oben (S. 417 f.) aus dem Novum Organum angeführten, so ergibt
sich zunächst der entschiedene Widerspruch der letzteren gegen die
antike Atomistik. Bacon erklärt sich gegen die Atomistik als meta-
physische Grundlage der Welt, indem er an der demokritischen
Auffassung der Bewegung Anstoß nimmt und keinen Weg
sieht, das Gesetz des Zusammenhangs und der Wechselwirkung
der Atome aufzufinden. Aber Korpuskeln, als kleine Teile,
auf welche man beim Versuche kommt, will er als Hilfsmittel
der physikalischen Erklärung gelten lassen, wenn man nur in
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