Die Bewegung der Substanzen liegt in ihnen selbst. Die Substanzen, welche unsre Welt bilden, sind in der verschie- densten Weise zusammengesetzt aus einfachen Substanzen. Von den einfachen Substanzen unterscheidet Berigard noch als Prinzipien der einfachen Substanzen unteilbare Punkte als letzte Elemente der Körperwelt. Einfache Substanzen gibt es unendlich viele. Denn jede Eigenschaft repräsentiert zugleich eine einfache Substanz. Die bekannten hauptsächlichen vier Qualitäten reichen aber nicht zur Erklärung der Welt aus, sondern man muß bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der- selben auch eine unendliche Verschiedenheit der Eigenschaften und daher der Grundstoffe annehmen.1 Ihre Bewegung haben die einfachen Substanzen in sich selbst und durch sich selbst;2 sie sind die Träger des gesamten Weltprozesses, indem sie sich vereinigen und wieder trennen,3 wobei sie in sehr kleine Kor- puskeln sich teilen, die einerseits zu festen Verbindungen zu- sammenwachsen, andrerseits dabei Raum für nicht zusammen- gewachsene, also sich bewegende Körperchen (eben ihre Poren) lassen.4
Jede Substanz besitzt Quantität, die mit ihr untrennbar verbunden ist. Nur die abstrahierende Thätigkeit des Ver- standes unterscheidet diese beiden Begriffe, in Wirklichkeit gibt es keine solche Scheidung. Wenn z. B. zwei Körper mit ihren Begrenzungsflächen, welche doch Quanta sind, anein- andergelegt werden, so gehen diese Flächen dabei nicht ver- loren, sondern bleiben als solche im Innern des neuen Körpers bestehen. Ebenso muß man aber auch annehmen, daß bei der Teilung eines Körpers die neu auftretenden Oberflächen nicht neu entstehende und geschaffene Quantitäten sind, sondern vor der Teilung im Körper schon vorhanden waren. Darum muß man sagen, daß die Teile actu, nicht potentia, im ganzen sind.5 Ob nun aber die Teile des einheitlichen, obwohl aus unend- lich vielen einfachen Substanzen zusammengesetzten Univer- sums stetig zusammenhängen oder nur einander berühren
1 A. a. O. Circ. XX. p. 125.
2 A. a. O. Circ. XXV. p. 149. Omnium virtus sunt ipsae substantiae simplices se ipsis mobiles et moventes.
3 A. a. O. p. 148.
4 A. a. O. p. 152.
5 A. a. O. Circ. V. p. 44.
Berigard: Die einfachen Substanzen. Quantität.
Die Bewegung der Substanzen liegt in ihnen selbst. Die Substanzen, welche unsre Welt bilden, sind in der verschie- densten Weise zusammengesetzt aus einfachen Substanzen. Von den einfachen Substanzen unterscheidet Berigard noch als Prinzipien der einfachen Substanzen unteilbare Punkte als letzte Elemente der Körperwelt. Einfache Substanzen gibt es unendlich viele. Denn jede Eigenschaft repräsentiert zugleich eine einfache Substanz. Die bekannten hauptsächlichen vier Qualitäten reichen aber nicht zur Erklärung der Welt aus, sondern man muß bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der- selben auch eine unendliche Verschiedenheit der Eigenschaften und daher der Grundstoffe annehmen.1 Ihre Bewegung haben die einfachen Substanzen in sich selbst und durch sich selbst;2 sie sind die Träger des gesamten Weltprozesses, indem sie sich vereinigen und wieder trennen,3 wobei sie in sehr kleine Kor- puskeln sich teilen, die einerseits zu festen Verbindungen zu- sammenwachsen, andrerseits dabei Raum für nicht zusammen- gewachsene, also sich bewegende Körperchen (eben ihre Poren) lassen.4
Jede Substanz besitzt Quantität, die mit ihr untrennbar verbunden ist. Nur die abstrahierende Thätigkeit des Ver- standes unterscheidet diese beiden Begriffe, in Wirklichkeit gibt es keine solche Scheidung. Wenn z. B. zwei Körper mit ihren Begrenzungsflächen, welche doch Quanta sind, anein- andergelegt werden, so gehen diese Flächen dabei nicht ver- loren, sondern bleiben als solche im Innern des neuen Körpers bestehen. Ebenso muß man aber auch annehmen, daß bei der Teilung eines Körpers die neu auftretenden Oberflächen nicht neu entstehende und geschaffene Quantitäten sind, sondern vor der Teilung im Körper schon vorhanden waren. Darum muß man sagen, daß die Teile actu, nicht potentia, im ganzen sind.5 Ob nun aber die Teile des einheitlichen, obwohl aus unend- lich vielen einfachen Substanzen zusammengesetzten Univer- sums stetig zusammenhängen oder nur einander berühren
1 A. a. O. Circ. XX. p. 125.
2 A. a. O. Circ. XXV. p. 149. Omnium virtus sunt ipsae substantiae simplices se ipsis mobiles et moventes.
3 A. a. O. p. 148.
4 A. a. O. p. 152.
5 A. a. O. Circ. V. p. 44.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0509"n="491"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#k">Berigard</hi>: Die einfachen Substanzen. Quantität.</fw><lb/><p>Die Bewegung der Substanzen liegt in ihnen selbst. Die<lb/>
Substanzen, welche unsre Welt bilden, sind in der verschie-<lb/>
densten Weise zusammengesetzt aus <hirendition="#g">einfachen Substanzen</hi>.<lb/>
Von den einfachen Substanzen unterscheidet <hirendition="#k">Berigard</hi> noch<lb/>
als Prinzipien der einfachen Substanzen unteilbare Punkte als<lb/>
letzte Elemente der Körperwelt. Einfache Substanzen gibt es<lb/>
unendlich viele. Denn jede Eigenschaft repräsentiert zugleich<lb/>
eine einfache Substanz. Die bekannten hauptsächlichen vier<lb/>
Qualitäten reichen aber nicht zur Erklärung der Welt aus,<lb/>
sondern man muß bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der-<lb/>
selben auch eine unendliche Verschiedenheit der Eigenschaften<lb/>
und daher der Grundstoffe annehmen.<noteplace="foot"n="1">A. a. O. Circ. XX. p. 125.</note> Ihre Bewegung haben<lb/>
die einfachen Substanzen in sich selbst und durch sich selbst;<noteplace="foot"n="2">A. a. O. Circ. XXV. p. 149. Omnium virtus sunt ipsae substantiae<lb/>
simplices se ipsis mobiles et moventes.</note><lb/>
sie sind die Träger des gesamten Weltprozesses, indem sie sich<lb/>
vereinigen und wieder trennen,<noteplace="foot"n="3">A. a. O. p. 148.</note> wobei sie in sehr kleine Kor-<lb/>
puskeln sich teilen, die einerseits zu festen Verbindungen zu-<lb/>
sammenwachsen, andrerseits dabei Raum für nicht zusammen-<lb/>
gewachsene, also sich bewegende Körperchen (eben ihre Poren)<lb/>
lassen.<noteplace="foot"n="4">A. a. O. p. 152.</note></p><lb/><p>Jede Substanz besitzt <hirendition="#g">Quantität,</hi> die mit ihr untrennbar<lb/>
verbunden ist. Nur die abstrahierende Thätigkeit des Ver-<lb/>
standes unterscheidet diese beiden Begriffe, in Wirklichkeit<lb/>
gibt es keine solche Scheidung. Wenn z. B. zwei Körper mit<lb/>
ihren Begrenzungsflächen, welche doch Quanta sind, anein-<lb/>
andergelegt werden, so gehen diese Flächen dabei nicht ver-<lb/>
loren, sondern bleiben als solche im Innern des neuen Körpers<lb/>
bestehen. Ebenso muß man aber auch annehmen, daß bei der<lb/>
Teilung eines Körpers die neu auftretenden Oberflächen nicht<lb/>
neu entstehende und geschaffene Quantitäten sind, sondern vor<lb/>
der Teilung im Körper schon vorhanden waren. Darum muß<lb/>
man sagen, daß die Teile <hirendition="#i">actu</hi>, nicht <hirendition="#i">potentia</hi>, im ganzen sind.<noteplace="foot"n="5">A. a. O. Circ. V. p. 44.</note><lb/>
Ob nun aber die Teile des einheitlichen, obwohl aus unend-<lb/>
lich vielen einfachen Substanzen zusammengesetzten Univer-<lb/>
sums stetig zusammenhängen oder nur einander berühren<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[491/0509]
Berigard: Die einfachen Substanzen. Quantität.
Die Bewegung der Substanzen liegt in ihnen selbst. Die
Substanzen, welche unsre Welt bilden, sind in der verschie-
densten Weise zusammengesetzt aus einfachen Substanzen.
Von den einfachen Substanzen unterscheidet Berigard noch
als Prinzipien der einfachen Substanzen unteilbare Punkte als
letzte Elemente der Körperwelt. Einfache Substanzen gibt es
unendlich viele. Denn jede Eigenschaft repräsentiert zugleich
eine einfache Substanz. Die bekannten hauptsächlichen vier
Qualitäten reichen aber nicht zur Erklärung der Welt aus,
sondern man muß bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der-
selben auch eine unendliche Verschiedenheit der Eigenschaften
und daher der Grundstoffe annehmen. 1 Ihre Bewegung haben
die einfachen Substanzen in sich selbst und durch sich selbst; 2
sie sind die Träger des gesamten Weltprozesses, indem sie sich
vereinigen und wieder trennen, 3 wobei sie in sehr kleine Kor-
puskeln sich teilen, die einerseits zu festen Verbindungen zu-
sammenwachsen, andrerseits dabei Raum für nicht zusammen-
gewachsene, also sich bewegende Körperchen (eben ihre Poren)
lassen. 4
Jede Substanz besitzt Quantität, die mit ihr untrennbar
verbunden ist. Nur die abstrahierende Thätigkeit des Ver-
standes unterscheidet diese beiden Begriffe, in Wirklichkeit
gibt es keine solche Scheidung. Wenn z. B. zwei Körper mit
ihren Begrenzungsflächen, welche doch Quanta sind, anein-
andergelegt werden, so gehen diese Flächen dabei nicht ver-
loren, sondern bleiben als solche im Innern des neuen Körpers
bestehen. Ebenso muß man aber auch annehmen, daß bei der
Teilung eines Körpers die neu auftretenden Oberflächen nicht
neu entstehende und geschaffene Quantitäten sind, sondern vor
der Teilung im Körper schon vorhanden waren. Darum muß
man sagen, daß die Teile actu, nicht potentia, im ganzen sind. 5
Ob nun aber die Teile des einheitlichen, obwohl aus unend-
lich vielen einfachen Substanzen zusammengesetzten Univer-
sums stetig zusammenhängen oder nur einander berühren
1 A. a. O. Circ. XX. p. 125.
2 A. a. O. Circ. XXV. p. 149. Omnium virtus sunt ipsae substantiae
simplices se ipsis mobiles et moventes.
3 A. a. O. p. 148.
4 A. a. O. p. 152.
5 A. a. O. Circ. V. p. 44.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/509>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.