Bedingung und der substanziellen Realität dieser letzteren nicht immer ausreichend geschieden sind.
Für die Korpuskulartheorie ist nun das Wesentliche die Annahme, daß die Elemente selbst aus wirklichen Korpuskeln bestehen, die eine gegenseitige Einwirkung und durch gewisse Größenverhältnisse geregelte Umgestaltung gestatten. Da die Elementardreiecke als gleich groß vorausgesetzt werden, so hat das Wasser, dessen Korpuskeln 120 derselben enthalten, die größten Teilchen, und die übrigen Elemente folgen in der entsprechenden Reihe. Die Erde ist wegen der Würfelgestalt ihrer Teilchen das unbeweglichste Element; infolgedessen nimmt sie den Platz in der Mitte der Welt ein; um sie ordnen sich die Sphären von Wasser und Luft und Feuer nach ihrer natürlichen Schwere, die durch die Größe der Elementar- korpuskeln bedingt ist. Jeglichem Element ist die Richtung nach dem ihm verwandten eigentümlich, und jede Störung der natürlichen Ordnung hat ein Streben zur Wiederherstellung derselben zur Folge.1 Alle Elementarkorpuskeln sind jedoch so klein zu denken, daß keines irgend einer Gattung von uns gesehen werden kann und erst eine vielfache Zusammenhäufung der- selben die sichtbaren Massen bildet.2
Einen leeren Raum gibt es nach Platon nicht;3 das ist aber so zu verstehen, daß der Umlauf des Alls die Elemente zusammendrückt und dadurch keinen leeren Raum übrig läßt, es ist jedoch nicht ausgechlossen, daß vorübergehend zwischen den Korpuskeln und bei ihrer Zertrennung leere, d. h. von keinen Elementarkörpern ganz erfüllte Räume übrig bleiben oder sich bilden; es können daher Poren entstehen, durch welche die kleineren Korpuskeln anderer Elemente hindurch- zugehen vermögen.4Platon versucht dann in der That eine Reihe von korpuskularen Erklärungen.5 So wird der Prozeß der Auflösung und des Schmelzens dadurch erläutert, daß die Teile des Feuers und der Luft, wenn sie kleiner sind als die leeren Zwischenräume zwischen den Erdteilchen, zwischen diesen ohne Störung hindurchgehen können und die Massen der Erde nicht zum Schmelzen bringen, während die größeren
1Tim. p. 63.
2Tim. 56 B, C.
3Tim. p. 58 A, p. 60 C, p. 79 B.
4Tim. p. 60 E.
5 Vgl. Tim. c. 23--26.
Laßwitz. 5
Platon: Ordnung der Elemente. Vacuum.
Bedingung und der substanziellen Realität dieser letzteren nicht immer ausreichend geschieden sind.
Für die Korpuskulartheorie ist nun das Wesentliche die Annahme, daß die Elemente selbst aus wirklichen Korpuskeln bestehen, die eine gegenseitige Einwirkung und durch gewisse Größenverhältnisse geregelte Umgestaltung gestatten. Da die Elementardreiecke als gleich groß vorausgesetzt werden, so hat das Wasser, dessen Korpuskeln 120 derselben enthalten, die größten Teilchen, und die übrigen Elemente folgen in der entsprechenden Reihe. Die Erde ist wegen der Würfelgestalt ihrer Teilchen das unbeweglichste Element; infolgedessen nimmt sie den Platz in der Mitte der Welt ein; um sie ordnen sich die Sphären von Wasser und Luft und Feuer nach ihrer natürlichen Schwere, die durch die Größe der Elementar- korpuskeln bedingt ist. Jeglichem Element ist die Richtung nach dem ihm verwandten eigentümlich, und jede Störung der natürlichen Ordnung hat ein Streben zur Wiederherstellung derselben zur Folge.1 Alle Elementarkorpuskeln sind jedoch so klein zu denken, daß keines irgend einer Gattung von uns gesehen werden kann und erst eine vielfache Zusammenhäufung der- selben die sichtbaren Massen bildet.2
Einen leeren Raum gibt es nach Platon nicht;3 das ist aber so zu verstehen, daß der Umlauf des Alls die Elemente zusammendrückt und dadurch keinen leeren Raum übrig läßt, es ist jedoch nicht ausgechlossen, daß vorübergehend zwischen den Korpuskeln und bei ihrer Zertrennung leere, d. h. von keinen Elementarkörpern ganz erfüllte Räume übrig bleiben oder sich bilden; es können daher Poren entstehen, durch welche die kleineren Korpuskeln anderer Elemente hindurch- zugehen vermögen.4Platon versucht dann in der That eine Reihe von korpuskularen Erklärungen.5 So wird der Prozeß der Auflösung und des Schmelzens dadurch erläutert, daß die Teile des Feuers und der Luft, wenn sie kleiner sind als die leeren Zwischenräume zwischen den Erdteilchen, zwischen diesen ohne Störung hindurchgehen können und die Massen der Erde nicht zum Schmelzen bringen, während die größeren
1Tim. p. 63.
2Tim. 56 B, C.
3Tim. p. 58 A, p. 60 C, p. 79 B.
4Tim. p. 60 E.
5 Vgl. Tim. c. 23—26.
Laßwitz. 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0083"n="65"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#k">Platon</hi>: Ordnung der Elemente. Vacuum.</fw><lb/>
Bedingung und der substanziellen Realität dieser letzteren nicht<lb/>
immer ausreichend geschieden sind.</p><lb/><p>Für die Korpuskulartheorie ist nun das Wesentliche die<lb/>
Annahme, daß die Elemente selbst aus wirklichen Korpuskeln<lb/>
bestehen, die eine gegenseitige Einwirkung und durch gewisse<lb/>
Größenverhältnisse geregelte Umgestaltung gestatten. Da die<lb/>
Elementardreiecke als gleich groß vorausgesetzt werden, so<lb/>
hat das Wasser, dessen Korpuskeln 120 derselben enthalten,<lb/>
die größten Teilchen, und die übrigen Elemente folgen in der<lb/>
entsprechenden Reihe. Die Erde ist wegen der Würfelgestalt<lb/>
ihrer Teilchen das unbeweglichste Element; infolgedessen<lb/>
nimmt sie den Platz in der Mitte der Welt ein; um sie ordnen<lb/>
sich die Sphären von Wasser und Luft und Feuer nach ihrer<lb/>
natürlichen Schwere, die durch die Größe der Elementar-<lb/>
korpuskeln bedingt ist. Jeglichem Element ist die Richtung<lb/>
nach dem ihm verwandten eigentümlich, und jede Störung der<lb/>
natürlichen Ordnung hat ein Streben zur Wiederherstellung<lb/>
derselben zur Folge.<noteplace="foot"n="1"><hirendition="#i">Tim.</hi> p. 63.</note> Alle Elementarkorpuskeln sind jedoch so<lb/>
klein zu denken, daß keines irgend einer Gattung von uns gesehen<lb/>
werden kann und erst eine vielfache Zusammenhäufung der-<lb/>
selben die sichtbaren Massen bildet.<noteplace="foot"n="2"><hirendition="#i">Tim.</hi> 56 B, C.</note></p><lb/><p>Einen leeren Raum gibt es nach <hirendition="#k">Platon</hi> nicht;<noteplace="foot"n="3"><hirendition="#i">Tim.</hi> p. 58 A, p. 60 C, p. 79 B.</note> das ist<lb/>
aber so zu verstehen, daß der Umlauf des Alls die Elemente<lb/>
zusammendrückt und dadurch keinen leeren Raum übrig läßt,<lb/>
es ist jedoch nicht ausgechlossen, daß vorübergehend zwischen<lb/>
den Korpuskeln und bei ihrer Zertrennung leere, d. h. von<lb/>
keinen Elementarkörpern ganz erfüllte Räume übrig bleiben<lb/>
oder sich bilden; es können daher Poren entstehen, durch<lb/>
welche die kleineren Korpuskeln anderer Elemente hindurch-<lb/>
zugehen vermögen.<noteplace="foot"n="4"><hirendition="#i">Tim.</hi> p. 60 E.</note><hirendition="#k">Platon</hi> versucht dann in der That eine<lb/>
Reihe von korpuskularen Erklärungen.<noteplace="foot"n="5">Vgl. <hirendition="#i">Tim.</hi> c. 23—26.</note> So wird der Prozeß<lb/>
der Auflösung und des Schmelzens dadurch erläutert, daß die<lb/>
Teile des Feuers und der Luft, wenn sie kleiner sind als die<lb/>
leeren Zwischenräume zwischen den Erdteilchen, zwischen<lb/>
diesen ohne Störung hindurchgehen können und die Massen<lb/>
der Erde nicht zum Schmelzen bringen, während die größeren<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Laßwitz. 5</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[65/0083]
Platon: Ordnung der Elemente. Vacuum.
Bedingung und der substanziellen Realität dieser letzteren nicht
immer ausreichend geschieden sind.
Für die Korpuskulartheorie ist nun das Wesentliche die
Annahme, daß die Elemente selbst aus wirklichen Korpuskeln
bestehen, die eine gegenseitige Einwirkung und durch gewisse
Größenverhältnisse geregelte Umgestaltung gestatten. Da die
Elementardreiecke als gleich groß vorausgesetzt werden, so
hat das Wasser, dessen Korpuskeln 120 derselben enthalten,
die größten Teilchen, und die übrigen Elemente folgen in der
entsprechenden Reihe. Die Erde ist wegen der Würfelgestalt
ihrer Teilchen das unbeweglichste Element; infolgedessen
nimmt sie den Platz in der Mitte der Welt ein; um sie ordnen
sich die Sphären von Wasser und Luft und Feuer nach ihrer
natürlichen Schwere, die durch die Größe der Elementar-
korpuskeln bedingt ist. Jeglichem Element ist die Richtung
nach dem ihm verwandten eigentümlich, und jede Störung der
natürlichen Ordnung hat ein Streben zur Wiederherstellung
derselben zur Folge. 1 Alle Elementarkorpuskeln sind jedoch so
klein zu denken, daß keines irgend einer Gattung von uns gesehen
werden kann und erst eine vielfache Zusammenhäufung der-
selben die sichtbaren Massen bildet. 2
Einen leeren Raum gibt es nach Platon nicht; 3 das ist
aber so zu verstehen, daß der Umlauf des Alls die Elemente
zusammendrückt und dadurch keinen leeren Raum übrig läßt,
es ist jedoch nicht ausgechlossen, daß vorübergehend zwischen
den Korpuskeln und bei ihrer Zertrennung leere, d. h. von
keinen Elementarkörpern ganz erfüllte Räume übrig bleiben
oder sich bilden; es können daher Poren entstehen, durch
welche die kleineren Korpuskeln anderer Elemente hindurch-
zugehen vermögen. 4 Platon versucht dann in der That eine
Reihe von korpuskularen Erklärungen. 5 So wird der Prozeß
der Auflösung und des Schmelzens dadurch erläutert, daß die
Teile des Feuers und der Luft, wenn sie kleiner sind als die
leeren Zwischenräume zwischen den Erdteilchen, zwischen
diesen ohne Störung hindurchgehen können und die Massen
der Erde nicht zum Schmelzen bringen, während die größeren
1 Tim. p. 63.
2 Tim. 56 B, C.
3 Tim. p. 58 A, p. 60 C, p. 79 B.
4 Tim. p. 60 E.
5 Vgl. Tim. c. 23—26.
Laßwitz. 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/83>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.