"Glauben Sie wohl, Saltner, in einem Schlaf- zimmer, das mit allem Komfort der Martier ausge- stattet ist, werde eine Uhr fehlen?"
"Jch habe keine gesehen, und Sie vorhin auch nicht."
"Seitdem aber habe ich sie entdeckt. Sehen Sie die Malerei, welche die kreisförmige Oeffnung des Oberlichts einschließt? Sie ist in zwölfmal zwölf gleiche Abschnitte geteilt. Und jene schmalen hellen Streifen, die Sie dazwischen sehen, liegen nicht fest, sondern bewegen sich auf dem Ringe. Das ist mir erst allmählich klar geworden, als ich während Jhrer Toilette hier ruhig lag und in die Höhe starrte. Hier haben Sie die Uhr der Martier."
"Jch schau sie wohl an, aber klug werd ich nimmer d'raus."
"Entziffern kann ich sie auch nicht. Aber sehen Sie, es sind zwei Zettel angesteckt, die offenbar nicht zur Uhr gehören, sondern nur für heute, für uns, eine Nachricht geben. Der eine zeigt ein geschlossenes, der andere ein offenes Auge. Die Deutung ist klar: Schlafen und Wachen."
"Es ist richtig, und dieser helle Strich --"
"Das ist der Stundenzeiger --"
"Dachte ich mir. Er steht noch ungefähr um ein Zwölftel des ganzen Kreises von dem geöffneten Auge ab."
"Daher eben schließe ich, daß noch zwei Stunden circa bis zum Beginn des Erwachens der Martier sind."
Die Gäſte der Marsbewohner.
„Glauben Sie wohl, Saltner, in einem Schlaf- zimmer, das mit allem Komfort der Martier ausge- ſtattet iſt, werde eine Uhr fehlen?‟
„Jch habe keine geſehen, und Sie vorhin auch nicht.‟
„Seitdem aber habe ich ſie entdeckt. Sehen Sie die Malerei, welche die kreisförmige Oeffnung des Oberlichts einſchließt? Sie iſt in zwölfmal zwölf gleiche Abſchnitte geteilt. Und jene ſchmalen hellen Streifen, die Sie dazwiſchen ſehen, liegen nicht feſt, ſondern bewegen ſich auf dem Ringe. Das iſt mir erſt allmählich klar geworden, als ich während Jhrer Toilette hier ruhig lag und in die Höhe ſtarrte. Hier haben Sie die Uhr der Martier.‟
„Jch ſchau ſie wohl an, aber klug werd ich nimmer d’raus.‟
„Entziffern kann ich ſie auch nicht. Aber ſehen Sie, es ſind zwei Zettel angeſteckt, die offenbar nicht zur Uhr gehören, ſondern nur für heute, für uns, eine Nachricht geben. Der eine zeigt ein geſchloſſenes, der andere ein offenes Auge. Die Deutung iſt klar: Schlafen und Wachen.‟
„Es iſt richtig, und dieſer helle Strich —‟
„Das iſt der Stundenzeiger —‟
„Dachte ich mir. Er ſteht noch ungefähr um ein Zwölftel des ganzen Kreiſes von dem geöffneten Auge ab.‟
„Daher eben ſchließe ich, daß noch zwei Stunden circa bis zum Beginn des Erwachens der Martier ſind.‟
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Die Gäſte der Marsbewohner.
„Glauben Sie wohl, Saltner, in einem Schlaf-
zimmer, das mit allem Komfort der Martier ausge-
ſtattet iſt, werde eine Uhr fehlen?‟
„Jch habe keine geſehen, und Sie vorhin auch
nicht.‟
„Seitdem aber habe ich ſie entdeckt. Sehen Sie
die Malerei, welche die kreisförmige Oeffnung des
Oberlichts einſchließt? Sie iſt in zwölfmal zwölf
gleiche Abſchnitte geteilt. Und jene ſchmalen hellen
Streifen, die Sie dazwiſchen ſehen, liegen nicht feſt,
ſondern bewegen ſich auf dem Ringe. Das iſt mir
erſt allmählich klar geworden, als ich während Jhrer
Toilette hier ruhig lag und in die Höhe ſtarrte. Hier
haben Sie die Uhr der Martier.‟
„Jch ſchau ſie wohl an, aber klug werd ich nimmer
d’raus.‟
„Entziffern kann ich ſie auch nicht. Aber ſehen
Sie, es ſind zwei Zettel angeſteckt, die offenbar nicht
zur Uhr gehören, ſondern nur für heute, für uns, eine
Nachricht geben. Der eine zeigt ein geſchloſſenes, der
andere ein offenes Auge. Die Deutung iſt klar:
Schlafen und Wachen.‟
„Es iſt richtig, und dieſer helle Strich —‟
„Das iſt der Stundenzeiger —‟
„Dachte ich mir. Er ſteht noch ungefähr um ein
Zwölftel des ganzen Kreiſes von dem geöffneten
Auge ab.‟
„Daher eben ſchließe ich, daß noch zwei Stunden
circa bis zum Beginn des Erwachens der Martier
ſind.‟
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/135>, abgerufen am 23.11.2024.
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