Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Elftes Kapitel.
Wirte ihren Gästen Auskunft, aber in den meisten
Fällen war es gar nicht möglich, ihnen den Zusammen-
hang zu erklären, weil ihnen die Vorkenntnisse fehlten.
Grunthe war in dieser Hinsicht so vorsichtig nicht viel
zu fragen; er suchte sich auf seine eigne Weise zurecht
zu finden, sobald er sah, daß die Erklärung der
Martier über seinen Horizont ging. Saltner machte
sich weniger Skrupel darüber. "Das hilft nun nichts",
pflegte er zu sagen, "wir spielen einmal hier die wil-
den Jndianer, und was wir nicht begreifen, ist
Medizin."

Als ihnen Hil zum erstenmal die Einrichtung er-
klärt hatte, wodurch sich die Martier in ihren Zimmern
den Druck der Erdschwere erleichterten, und Grunthe
mit zusammengekniffenen Lippen in tiefes Nachdenken
verfiel, sagte Saltner einfach: "Medizin" und hob
Grunthe samt dem Stuhl, auf welchem er saß, mit
ausgestreckten Armen über seinen Kopf. Diese Kraft-
leistung war zwar für ihn bei der auf ein drittel ver-
ringerten Erdschwere durchaus nichts Besonderes, ließ
ihn aber doch den Martiern als einen Riesen an
Stärke erscheinen.

Das Zimmer, welches an die beiden Schlafzimmer
von Grunthe und Saltner stieß, war für den bequemen
Verkehr der Martier mit den Menschen in eigentüm-
licher Weise eingerichtet worden. Da nämlich die
Verringerung der Erdschwere, deren die Martier für
die Leichtigkeit ihrer Bewegungen bedurften, von
Grunthe und Saltner nicht gut vertragen wurde, so
hatte man es durch eine am Boden markierte Linie

Elftes Kapitel.
Wirte ihren Gäſten Auskunft, aber in den meiſten
Fällen war es gar nicht möglich, ihnen den Zuſammen-
hang zu erklären, weil ihnen die Vorkenntniſſe fehlten.
Grunthe war in dieſer Hinſicht ſo vorſichtig nicht viel
zu fragen; er ſuchte ſich auf ſeine eigne Weiſe zurecht
zu finden, ſobald er ſah, daß die Erklärung der
Martier über ſeinen Horizont ging. Saltner machte
ſich weniger Skrupel darüber. „Das hilft nun nichts‟,
pflegte er zu ſagen, „wir ſpielen einmal hier die wil-
den Jndianer, und was wir nicht begreifen, iſt
Medizin.‟

Als ihnen Hil zum erſtenmal die Einrichtung er-
klärt hatte, wodurch ſich die Martier in ihren Zimmern
den Druck der Erdſchwere erleichterten, und Grunthe
mit zuſammengekniffenen Lippen in tiefes Nachdenken
verfiel, ſagte Saltner einfach: „Medizin‟ und hob
Grunthe ſamt dem Stuhl, auf welchem er ſaß, mit
ausgeſtreckten Armen über ſeinen Kopf. Dieſe Kraft-
leiſtung war zwar für ihn bei der auf ein drittel ver-
ringerten Erdſchwere durchaus nichts Beſonderes, ließ
ihn aber doch den Martiern als einen Rieſen an
Stärke erſcheinen.

Das Zimmer, welches an die beiden Schlafzimmer
von Grunthe und Saltner ſtieß, war für den bequemen
Verkehr der Martier mit den Menſchen in eigentüm-
licher Weiſe eingerichtet worden. Da nämlich die
Verringerung der Erdſchwere, deren die Martier für
die Leichtigkeit ihrer Bewegungen bedurften, von
Grunthe und Saltner nicht gut vertragen wurde, ſo
hatte man es durch eine am Boden markierte Linie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="158"/><fw place="top" type="header">Elftes Kapitel.</fw><lb/>
Wirte ihren Gä&#x017F;ten Auskunft, aber in den mei&#x017F;ten<lb/>
Fällen war es gar nicht möglich, ihnen den Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hang zu erklären, weil ihnen die Vorkenntni&#x017F;&#x017F;e fehlten.<lb/>
Grunthe war in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht &#x017F;o vor&#x017F;ichtig nicht viel<lb/>
zu fragen; er &#x017F;uchte &#x017F;ich auf &#x017F;eine eigne Wei&#x017F;e zurecht<lb/>
zu finden, &#x017F;obald er &#x017F;ah, daß die Erklärung der<lb/>
Martier über &#x017F;einen Horizont ging. Saltner machte<lb/>
&#x017F;ich weniger Skrupel darüber. &#x201E;Das hilft nun nichts&#x201F;,<lb/>
pflegte er zu &#x017F;agen, &#x201E;wir &#x017F;pielen einmal hier die wil-<lb/>
den Jndianer, und was wir nicht begreifen, i&#x017F;t<lb/>
Medizin.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Als ihnen Hil zum er&#x017F;tenmal die Einrichtung er-<lb/>
klärt hatte, wodurch &#x017F;ich die Martier in ihren Zimmern<lb/>
den Druck der Erd&#x017F;chwere erleichterten, und Grunthe<lb/>
mit zu&#x017F;ammengekniffenen Lippen in tiefes Nachdenken<lb/>
verfiel, &#x017F;agte Saltner einfach: &#x201E;Medizin&#x201F; und hob<lb/>
Grunthe &#x017F;amt dem Stuhl, auf welchem er &#x017F;aß, mit<lb/>
ausge&#x017F;treckten Armen über &#x017F;einen Kopf. Die&#x017F;e Kraft-<lb/>
lei&#x017F;tung war zwar für ihn bei der auf ein drittel ver-<lb/>
ringerten Erd&#x017F;chwere durchaus nichts Be&#x017F;onderes, ließ<lb/>
ihn aber doch den Martiern als einen Rie&#x017F;en an<lb/>
Stärke er&#x017F;cheinen.</p><lb/>
          <p>Das Zimmer, welches an die beiden Schlafzimmer<lb/>
von Grunthe und Saltner &#x017F;tieß, war für den bequemen<lb/>
Verkehr der Martier mit den Men&#x017F;chen in eigentüm-<lb/>
licher Wei&#x017F;e eingerichtet worden. Da nämlich die<lb/>
Verringerung der Erd&#x017F;chwere, deren die Martier für<lb/>
die Leichtigkeit ihrer Bewegungen bedurften, von<lb/>
Grunthe und Saltner nicht gut vertragen wurde, &#x017F;o<lb/>
hatte man es durch eine am Boden markierte Linie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0166] Elftes Kapitel. Wirte ihren Gäſten Auskunft, aber in den meiſten Fällen war es gar nicht möglich, ihnen den Zuſammen- hang zu erklären, weil ihnen die Vorkenntniſſe fehlten. Grunthe war in dieſer Hinſicht ſo vorſichtig nicht viel zu fragen; er ſuchte ſich auf ſeine eigne Weiſe zurecht zu finden, ſobald er ſah, daß die Erklärung der Martier über ſeinen Horizont ging. Saltner machte ſich weniger Skrupel darüber. „Das hilft nun nichts‟, pflegte er zu ſagen, „wir ſpielen einmal hier die wil- den Jndianer, und was wir nicht begreifen, iſt Medizin.‟ Als ihnen Hil zum erſtenmal die Einrichtung er- klärt hatte, wodurch ſich die Martier in ihren Zimmern den Druck der Erdſchwere erleichterten, und Grunthe mit zuſammengekniffenen Lippen in tiefes Nachdenken verfiel, ſagte Saltner einfach: „Medizin‟ und hob Grunthe ſamt dem Stuhl, auf welchem er ſaß, mit ausgeſtreckten Armen über ſeinen Kopf. Dieſe Kraft- leiſtung war zwar für ihn bei der auf ein drittel ver- ringerten Erdſchwere durchaus nichts Beſonderes, ließ ihn aber doch den Martiern als einen Rieſen an Stärke erſcheinen. Das Zimmer, welches an die beiden Schlafzimmer von Grunthe und Saltner ſtieß, war für den bequemen Verkehr der Martier mit den Menſchen in eigentüm- licher Weiſe eingerichtet worden. Da nämlich die Verringerung der Erdſchwere, deren die Martier für die Leichtigkeit ihrer Bewegungen bedurften, von Grunthe und Saltner nicht gut vertragen wurde, ſo hatte man es durch eine am Boden markierte Linie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/166
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/166>, abgerufen am 23.11.2024.