Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.Elftes Kapitel. zu kränken durch Kälte und Zurückweisung, und siewollte nicht Gefühle erwecken, die ihm doch nur zu größerem Leide werden konnten. Wer kann wissen, wie Menschenherzen fühlen mögen? Vielleicht waren die Menschen viel stärker in ihren Gefühlen als in ihrem Verstande. Und sie war Saltner zu dankbar, um nicht für ihn zu denken, was er wohl nicht ver- stand. -- Aber was thun? Wäre Saltner ein Martier gewesen, so hätte es Wenn sie Se ihre Bedenken andeutete, so lachte "Aber La", sagte sie, "Du bist auch gar zu be- "Du kannst aber nicht wissen", antwortete La, Elftes Kapitel. zu kränken durch Kälte und Zurückweiſung, und ſiewollte nicht Gefühle erwecken, die ihm doch nur zu größerem Leide werden konnten. Wer kann wiſſen, wie Menſchenherzen fühlen mögen? Vielleicht waren die Menſchen viel ſtärker in ihren Gefühlen als in ihrem Verſtande. Und ſie war Saltner zu dankbar, um nicht für ihn zu denken, was er wohl nicht ver- ſtand. — Aber was thun? Wäre Saltner ein Martier geweſen, ſo hätte es Wenn ſie Se ihre Bedenken andeutete, ſo lachte „Aber La‟, ſagte ſie, „Du biſt auch gar zu be- „Du kannſt aber nicht wiſſen‟, antwortete La, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0170" n="162"/><fw place="top" type="header">Elftes Kapitel.</fw><lb/> zu kränken durch Kälte und Zurückweiſung, und ſie<lb/> wollte nicht Gefühle erwecken, die ihm doch nur zu<lb/> größerem Leide werden konnten. Wer kann wiſſen,<lb/> wie Menſchenherzen fühlen mögen? Vielleicht waren<lb/> die Menſchen viel ſtärker in ihren Gefühlen als in<lb/> ihrem Verſtande. Und ſie war Saltner zu dankbar,<lb/> um nicht für ihn zu denken, was er wohl nicht ver-<lb/> ſtand. — Aber was thun?</p><lb/> <p>Wäre Saltner ein Martier geweſen, ſo hätte es<lb/> keiner Vorſicht für La bedurft. Er hätte dann ge-<lb/> wußt, daß ihre Freundlichkeit und ſelbſt ihre Zärtlich-<lb/> keit nichts bedeuteten als das äſthetiſche Spiel be-<lb/> wegter Gemüter, das die Freiheit der Perſon nicht<lb/> beſchränken kann. Wie jedoch mochten Menſchen in<lb/> dieſem Falle denken? Durfte ſie hierin ohne weiteres<lb/> gleiche Sitten vorausſetzen? Und würde er wohl ver-<lb/> ſtehen, was von vornherein und immer den Menſchen,<lb/> den wilden Erdbewohner, von der heiteren Freiheit<lb/> des erhabenen Numen trennte? Und lief er nicht Ge-<lb/> fahr, bei Se demſelben Schickſal zu verfallen, vor dem<lb/> ſie ihn ſelbſt zu behüten ſuchte?</p><lb/> <p>Wenn ſie Se ihre Bedenken andeutete, ſo lachte<lb/> dieſe nur.</p><lb/> <p>„Aber La‟, ſagte ſie, „Du biſt auch gar zu be-<lb/> dächtig! Jch bitte Dich, er iſt ja bloß ein Menſch!<lb/> Es iſt doch furchtbar komiſch, wenn der ſich Mühe<lb/> giebt, ſo recht liebenswürdig zu ſein.‟</p><lb/> <p>„Du kannſt aber nicht wiſſen‟, antwortete La,<lb/> „ob ihm auch ſo furchtbar komiſch zu Mute iſt. Ein<lb/> Tier, das wir necken, ſcheint uns oft äußerſt lächerlich,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0170]
Elftes Kapitel.
zu kränken durch Kälte und Zurückweiſung, und ſie
wollte nicht Gefühle erwecken, die ihm doch nur zu
größerem Leide werden konnten. Wer kann wiſſen,
wie Menſchenherzen fühlen mögen? Vielleicht waren
die Menſchen viel ſtärker in ihren Gefühlen als in
ihrem Verſtande. Und ſie war Saltner zu dankbar,
um nicht für ihn zu denken, was er wohl nicht ver-
ſtand. — Aber was thun?
Wäre Saltner ein Martier geweſen, ſo hätte es
keiner Vorſicht für La bedurft. Er hätte dann ge-
wußt, daß ihre Freundlichkeit und ſelbſt ihre Zärtlich-
keit nichts bedeuteten als das äſthetiſche Spiel be-
wegter Gemüter, das die Freiheit der Perſon nicht
beſchränken kann. Wie jedoch mochten Menſchen in
dieſem Falle denken? Durfte ſie hierin ohne weiteres
gleiche Sitten vorausſetzen? Und würde er wohl ver-
ſtehen, was von vornherein und immer den Menſchen,
den wilden Erdbewohner, von der heiteren Freiheit
des erhabenen Numen trennte? Und lief er nicht Ge-
fahr, bei Se demſelben Schickſal zu verfallen, vor dem
ſie ihn ſelbſt zu behüten ſuchte?
Wenn ſie Se ihre Bedenken andeutete, ſo lachte
dieſe nur.
„Aber La‟, ſagte ſie, „Du biſt auch gar zu be-
dächtig! Jch bitte Dich, er iſt ja bloß ein Menſch!
Es iſt doch furchtbar komiſch, wenn der ſich Mühe
giebt, ſo recht liebenswürdig zu ſein.‟
„Du kannſt aber nicht wiſſen‟, antwortete La,
„ob ihm auch ſo furchtbar komiſch zu Mute iſt. Ein
Tier, das wir necken, ſcheint uns oft äußerſt lächerlich,
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