Unsre Bestürzung war groß. Wir suchten den Bären durch Schreien einzuschüchtern, aber er kümmerte sich um nichts. Die Entfernung zwischen ihm und uns vergrößerte sich schnell.
"Wir können ihn nicht stellen", rief All, "doch folgen müssen wir ihm. Jch gehe selbst, zwei Leute genügen zur Begleitung. Die andern zurück aufs Schiff!"
Jetzt sahen wir, daß der Bär die Richtung auf unsern Arbeitsplatz am Pol einschlug. Unsre Gefährten an der Winde hatten ebenfalls den Vorgang bemerkt. Sie stellten die Arbeit ein und beratschlagten offenbar, ob sie sich dem Schlitten anvertrauen oder auf das Gerüst flüchten sollten, das über der Winde erbaut war. Da der Bär sich schnell näherte, so wählten sie das letztere. Auch sie suchten den Bären durch Lärm zu verscheuchen, aber vergebens.
Als All erkannte, daß der Bär auf die Arbeiter an der Winde zulief, hieß er jeden seiner Begleiter noch ein Gewehr mitnehmen, um sie womöglich ihnen zuzustellen. All hatte noch nicht die Hälfte des Weges zurückgelegt, als der Bär bereits bei der Winde an- kam. Wir waren inzwischen, mit Ausnahme Alls und seiner Begleitung, in das Schiff zurückgekehrt und beobachteten von dort den Vorgang. Die Leute auf dem Gerüst ärgerten offenbar den Bären. Er ließ Tam am Fuße des Gerüstes liegen, setzte sich auf die Hinterbeine und schlug seine Tatzen in die Winde ein, als wolle er sie umreißen. Kaum hatte All bemerkt, daß Tam nicht mehr geschleppt wurde, als er auf
Dreizehntes Kapitel.
Unſre Beſtürzung war groß. Wir ſuchten den Bären durch Schreien einzuſchüchtern, aber er kümmerte ſich um nichts. Die Entfernung zwiſchen ihm und uns vergrößerte ſich ſchnell.
„Wir können ihn nicht ſtellen‟, rief All, „doch folgen müſſen wir ihm. Jch gehe ſelbſt, zwei Leute genügen zur Begleitung. Die andern zurück aufs Schiff!‟
Jetzt ſahen wir, daß der Bär die Richtung auf unſern Arbeitsplatz am Pol einſchlug. Unſre Gefährten an der Winde hatten ebenfalls den Vorgang bemerkt. Sie ſtellten die Arbeit ein und beratſchlagten offenbar, ob ſie ſich dem Schlitten anvertrauen oder auf das Gerüſt flüchten ſollten, das über der Winde erbaut war. Da der Bär ſich ſchnell näherte, ſo wählten ſie das letztere. Auch ſie ſuchten den Bären durch Lärm zu verſcheuchen, aber vergebens.
Als All erkannte, daß der Bär auf die Arbeiter an der Winde zulief, hieß er jeden ſeiner Begleiter noch ein Gewehr mitnehmen, um ſie womöglich ihnen zuzuſtellen. All hatte noch nicht die Hälfte des Weges zurückgelegt, als der Bär bereits bei der Winde an- kam. Wir waren inzwiſchen, mit Ausnahme Alls und ſeiner Begleitung, in das Schiff zurückgekehrt und beobachteten von dort den Vorgang. Die Leute auf dem Gerüſt ärgerten offenbar den Bären. Er ließ Tam am Fuße des Gerüſtes liegen, ſetzte ſich auf die Hinterbeine und ſchlug ſeine Tatzen in die Winde ein, als wolle er ſie umreißen. Kaum hatte All bemerkt, daß Tam nicht mehr geſchleppt wurde, als er auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0208"n="200"/><fwplace="top"type="header">Dreizehntes Kapitel.</fw><lb/><p>Unſre Beſtürzung war groß. Wir ſuchten den<lb/>
Bären durch Schreien einzuſchüchtern, aber er kümmerte<lb/>ſich um nichts. Die Entfernung zwiſchen ihm und<lb/>
uns vergrößerte ſich ſchnell.</p><lb/><p>„Wir können ihn nicht ſtellen‟, rief All, „doch<lb/>
folgen müſſen wir ihm. Jch gehe ſelbſt, zwei Leute<lb/>
genügen zur Begleitung. Die andern zurück aufs<lb/>
Schiff!‟</p><lb/><p>Jetzt ſahen wir, daß der Bär die Richtung auf<lb/>
unſern Arbeitsplatz am Pol einſchlug. Unſre Gefährten<lb/>
an der Winde hatten ebenfalls den Vorgang bemerkt.<lb/>
Sie ſtellten die Arbeit ein und beratſchlagten offenbar,<lb/>
ob ſie ſich dem Schlitten anvertrauen oder auf das<lb/>
Gerüſt flüchten ſollten, das über der Winde erbaut<lb/>
war. Da der Bär ſich ſchnell näherte, ſo wählten<lb/>ſie das letztere. Auch ſie ſuchten den Bären durch<lb/>
Lärm zu verſcheuchen, aber vergebens.</p><lb/><p>Als All erkannte, daß der Bär auf die Arbeiter<lb/>
an der Winde zulief, hieß er jeden ſeiner Begleiter<lb/>
noch ein Gewehr mitnehmen, um ſie womöglich ihnen<lb/>
zuzuſtellen. All hatte noch nicht die Hälfte des Weges<lb/>
zurückgelegt, als der Bär bereits bei der Winde an-<lb/>
kam. Wir waren inzwiſchen, mit Ausnahme Alls und<lb/>ſeiner Begleitung, in das Schiff zurückgekehrt und<lb/>
beobachteten von dort den Vorgang. Die Leute auf<lb/>
dem Gerüſt ärgerten offenbar den Bären. Er ließ<lb/>
Tam am Fuße des Gerüſtes liegen, ſetzte ſich auf die<lb/>
Hinterbeine und ſchlug ſeine Tatzen in die Winde ein,<lb/>
als wolle er ſie umreißen. Kaum hatte All bemerkt,<lb/>
daß Tam nicht mehr geſchleppt wurde, als er auf<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[200/0208]
Dreizehntes Kapitel.
Unſre Beſtürzung war groß. Wir ſuchten den
Bären durch Schreien einzuſchüchtern, aber er kümmerte
ſich um nichts. Die Entfernung zwiſchen ihm und
uns vergrößerte ſich ſchnell.
„Wir können ihn nicht ſtellen‟, rief All, „doch
folgen müſſen wir ihm. Jch gehe ſelbſt, zwei Leute
genügen zur Begleitung. Die andern zurück aufs
Schiff!‟
Jetzt ſahen wir, daß der Bär die Richtung auf
unſern Arbeitsplatz am Pol einſchlug. Unſre Gefährten
an der Winde hatten ebenfalls den Vorgang bemerkt.
Sie ſtellten die Arbeit ein und beratſchlagten offenbar,
ob ſie ſich dem Schlitten anvertrauen oder auf das
Gerüſt flüchten ſollten, das über der Winde erbaut
war. Da der Bär ſich ſchnell näherte, ſo wählten
ſie das letztere. Auch ſie ſuchten den Bären durch
Lärm zu verſcheuchen, aber vergebens.
Als All erkannte, daß der Bär auf die Arbeiter
an der Winde zulief, hieß er jeden ſeiner Begleiter
noch ein Gewehr mitnehmen, um ſie womöglich ihnen
zuzuſtellen. All hatte noch nicht die Hälfte des Weges
zurückgelegt, als der Bär bereits bei der Winde an-
kam. Wir waren inzwiſchen, mit Ausnahme Alls und
ſeiner Begleitung, in das Schiff zurückgekehrt und
beobachteten von dort den Vorgang. Die Leute auf
dem Gerüſt ärgerten offenbar den Bären. Er ließ
Tam am Fuße des Gerüſtes liegen, ſetzte ſich auf die
Hinterbeine und ſchlug ſeine Tatzen in die Winde ein,
als wolle er ſie umreißen. Kaum hatte All bemerkt,
daß Tam nicht mehr geſchleppt wurde, als er auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/208>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.