wollen deshalb fort -- daran hindert Sie dieser Knoten. Nun, wenn Sie in dieser Weise fort wollen, nur weil es Jhnen lieber ist, heimzukehren als auf den Mars zu gehen, dann wird man Sie hindern. Wenn aber nicht Jhr individueller Wille, sondern Jhr sittlicher Wille im Spiele ist, Jhre freie Selbstbestimmung als Persönlichkeit, oder wie Sie das nennen, was wir als Numenheit bezeichnen -- dann giebt es keine Macht, die Sie hindern kann.
Sehen Sie, liebster Freund", fuhr sie fort und löste den Knoten, den sie im Spiel geschlungen, "das wollte ich Jhnen sagen. Jhr Wille ist nichts gegen den unsern, nur das Motiv des Willens gilt. Giebt es eine gemeinsame Bestimmung der sittlichen Würde zwischen Numen und Menschen, so werden Sie Freiheit haben; giebt es für Menschen nur Motive der Lust, so werden Sie uns nie widerstehen. Jch weiß ja nicht, wie Jhr Bate im Grunde seid. Und noch dies. Glauben Sie niemals, Sal, daß ich an Jhrer Neigung zweifle, aber vergessen Sie nicht, daß ich eine Nume bin; Liebe darf niemals unfrei machen. Und daran denken Sie!"
"Jch will", sagte Saltner. "Aber sehen Sie, das eben ist für uns Menschen das Schwere und dem Ein- zelnen oft unmöglich, diese Trennung zu vollziehen, die Jhnen selbstverständlich ist. Unser Denken vermag nicht immer Neigung und Pflicht auseinanderzuhalten, oft erscheint die eine im Gewande der andern. Was darf ich um Jhretwillen thun, was bin ich Jhnen schuldig, und was darf ich nicht mehr thun? Sie
Siebzehntes Kapitel.
wollen deshalb fort — daran hindert Sie dieſer Knoten. Nun, wenn Sie in dieſer Weiſe fort wollen, nur weil es Jhnen lieber iſt, heimzukehren als auf den Mars zu gehen, dann wird man Sie hindern. Wenn aber nicht Jhr individueller Wille, ſondern Jhr ſittlicher Wille im Spiele iſt, Jhre freie Selbſtbeſtimmung als Perſönlichkeit, oder wie Sie das nennen, was wir als Numenheit bezeichnen — dann giebt es keine Macht, die Sie hindern kann.
Sehen Sie, liebſter Freund‟, fuhr ſie fort und löſte den Knoten, den ſie im Spiel geſchlungen, „das wollte ich Jhnen ſagen. Jhr Wille iſt nichts gegen den unſern, nur das Motiv des Willens gilt. Giebt es eine gemeinſame Beſtimmung der ſittlichen Würde zwiſchen Numen und Menſchen, ſo werden Sie Freiheit haben; giebt es für Menſchen nur Motive der Luſt, ſo werden Sie uns nie widerſtehen. Jch weiß ja nicht, wie Jhr Bate im Grunde ſeid. Und noch dies. Glauben Sie niemals, Sal, daß ich an Jhrer Neigung zweifle, aber vergeſſen Sie nicht, daß ich eine Nume bin; Liebe darf niemals unfrei machen. Und daran denken Sie!‟
„Jch will‟, ſagte Saltner. „Aber ſehen Sie, das eben iſt für uns Menſchen das Schwere und dem Ein- zelnen oft unmöglich, dieſe Trennung zu vollziehen, die Jhnen ſelbſtverſtändlich iſt. Unſer Denken vermag nicht immer Neigung und Pflicht auseinanderzuhalten, oft erſcheint die eine im Gewande der andern. Was darf ich um Jhretwillen thun, was bin ich Jhnen ſchuldig, und was darf ich nicht mehr thun? Sie
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Siebzehntes Kapitel.
wollen deshalb fort — daran hindert Sie dieſer Knoten.
Nun, wenn Sie in dieſer Weiſe fort wollen, nur weil
es Jhnen lieber iſt, heimzukehren als auf den Mars
zu gehen, dann wird man Sie hindern. Wenn aber
nicht Jhr individueller Wille, ſondern Jhr ſittlicher
Wille im Spiele iſt, Jhre freie Selbſtbeſtimmung als
Perſönlichkeit, oder wie Sie das nennen, was wir als
Numenheit bezeichnen — dann giebt es keine Macht,
die Sie hindern kann.
Sehen Sie, liebſter Freund‟, fuhr ſie fort und
löſte den Knoten, den ſie im Spiel geſchlungen, „das
wollte ich Jhnen ſagen. Jhr Wille iſt nichts gegen
den unſern, nur das Motiv des Willens gilt. Giebt es
eine gemeinſame Beſtimmung der ſittlichen Würde
zwiſchen Numen und Menſchen, ſo werden Sie Freiheit
haben; giebt es für Menſchen nur Motive der Luſt,
ſo werden Sie uns nie widerſtehen. Jch weiß ja nicht,
wie Jhr Bate im Grunde ſeid. Und noch dies.
Glauben Sie niemals, Sal, daß ich an Jhrer Neigung
zweifle, aber vergeſſen Sie nicht, daß ich eine Nume bin;
Liebe darf niemals unfrei machen. Und daran denken
Sie!‟
„Jch will‟, ſagte Saltner. „Aber ſehen Sie, das
eben iſt für uns Menſchen das Schwere und dem Ein-
zelnen oft unmöglich, dieſe Trennung zu vollziehen,
die Jhnen ſelbſtverſtändlich iſt. Unſer Denken vermag
nicht immer Neigung und Pflicht auseinanderzuhalten,
oft erſcheint die eine im Gewande der andern. Was
darf ich um Jhretwillen thun, was bin ich Jhnen
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/276>, abgerufen am 26.06.2024.
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