Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Sohn des Martiers.

Es war mit einem Ausdruck gesprochen, daß ein
Zweifel nicht möglich war.

Jsma schwieg. Sie lehnte sich zurück und strich
das lichtbraune Haar aus der schmalen Stirn. Dann
faltete sie ihre Hände und sah ihn bittend an.

"Hören Sie, Jsma, geliebte Freundin", sprach Ell
langsam, "hören Sie, was noch niemand weiß, noch
niemand wissen durfte, und was Jhnen manches er-
klären wird, das Jhnen an mir rätselhaft war. Es
ist eine lange Geschichte."

Er verfiel in Schweigen.

"Erzählen Sie", bat sie innig. "Sie bleiben
über Abend -- ich kann heute nicht allein sein, und
andere mag ich heute nicht sehen -- ich muß alles
wissen."

Ell erzählte. Er sprach vom Mars, von seinen
Bewohnern, von ihrer Kultur, ihrer Güte, ihrer Macht.
Er erklärte, wie sie zur Erde zu gelangen hofften, um
die Menschheit ihrer Kultur, der Numenheit, entgegen-
zuführen, wie er sein Leben lang auf die Nachricht
gehofft habe, daß der Pol im Besitze der Martier sei,
wie er hauptsächlich darum die Polarforschung und
Ausrüstung der Expedition betrieben habe. Und nun
habe er keinen Zweifel mehr.

Jsma hatte ihm schweigend zugehört. Jhre Fassungs-
kraft schien zu Ende.

Als er schwieg, sagte sie:

"Sie erzählen ein Märchen, ein schönes Märchen.
Jch würde das alles für ein Märchen halten, wäre
nicht die Depesche, und wären Sie nicht mein lieber,

Der Sohn des Martiers.

Es war mit einem Ausdruck geſprochen, daß ein
Zweifel nicht möglich war.

Jsma ſchwieg. Sie lehnte ſich zurück und ſtrich
das lichtbraune Haar aus der ſchmalen Stirn. Dann
faltete ſie ihre Hände und ſah ihn bittend an.

„Hören Sie, Jsma, geliebte Freundin‟, ſprach Ell
langſam, „hören Sie, was noch niemand weiß, noch
niemand wiſſen durfte, und was Jhnen manches er-
klären wird, das Jhnen an mir rätſelhaft war. Es
iſt eine lange Geſchichte.‟

Er verfiel in Schweigen.

„Erzählen Sie‟, bat ſie innig. „Sie bleiben
über Abend — ich kann heute nicht allein ſein, und
andere mag ich heute nicht ſehen — ich muß alles
wiſſen.‟

Ell erzählte. Er ſprach vom Mars, von ſeinen
Bewohnern, von ihrer Kultur, ihrer Güte, ihrer Macht.
Er erklärte, wie ſie zur Erde zu gelangen hofften, um
die Menſchheit ihrer Kultur, der Numenheit, entgegen-
zuführen, wie er ſein Leben lang auf die Nachricht
gehofft habe, daß der Pol im Beſitze der Martier ſei,
wie er hauptſächlich darum die Polarforſchung und
Ausrüſtung der Expedition betrieben habe. Und nun
habe er keinen Zweifel mehr.

Jsma hatte ihm ſchweigend zugehört. Jhre Faſſungs-
kraft ſchien zu Ende.

Als er ſchwieg, ſagte ſie:

„Sie erzählen ein Märchen, ein ſchönes Märchen.
Jch würde das alles für ein Märchen halten, wäre
nicht die Depeſche, und wären Sie nicht mein lieber,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0337" n="329"/>
          <fw place="top" type="header">Der Sohn des Martiers.</fw><lb/>
          <p>Es war mit einem Ausdruck ge&#x017F;prochen, daß ein<lb/>
Zweifel nicht möglich war.</p><lb/>
          <p>Jsma &#x017F;chwieg. Sie lehnte &#x017F;ich zurück und &#x017F;trich<lb/>
das lichtbraune Haar aus der &#x017F;chmalen Stirn. Dann<lb/>
faltete &#x017F;ie ihre Hände und &#x017F;ah ihn bittend an.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Hören Sie, Jsma, geliebte Freundin&#x201F;, &#x017F;prach Ell<lb/>
lang&#x017F;am, &#x201E;hören Sie, was noch niemand weiß, noch<lb/>
niemand wi&#x017F;&#x017F;en durfte, und was Jhnen manches er-<lb/>
klären wird, das Jhnen an mir rät&#x017F;elhaft war. Es<lb/>
i&#x017F;t eine lange Ge&#x017F;chichte.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Er verfiel in Schweigen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Erzählen Sie&#x201F;, bat &#x017F;ie innig. &#x201E;Sie bleiben<lb/>
über Abend &#x2014; ich kann heute nicht allein &#x017F;ein, und<lb/>
andere mag ich heute nicht &#x017F;ehen &#x2014; ich muß alles<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Ell erzählte. Er &#x017F;prach vom Mars, von &#x017F;einen<lb/>
Bewohnern, von ihrer Kultur, ihrer Güte, ihrer Macht.<lb/>
Er erklärte, wie &#x017F;ie zur Erde zu gelangen hofften, um<lb/>
die Men&#x017F;chheit ihrer Kultur, der Numenheit, entgegen-<lb/>
zuführen, wie er &#x017F;ein Leben lang auf die Nachricht<lb/>
gehofft habe, daß der Pol im Be&#x017F;itze der Martier &#x017F;ei,<lb/>
wie er haupt&#x017F;ächlich darum die Polarfor&#x017F;chung und<lb/>
Ausrü&#x017F;tung der Expedition betrieben habe. Und nun<lb/>
habe er keinen Zweifel mehr.</p><lb/>
          <p>Jsma hatte ihm &#x017F;chweigend zugehört. Jhre Fa&#x017F;&#x017F;ungs-<lb/>
kraft &#x017F;chien zu Ende.</p><lb/>
          <p>Als er &#x017F;chwieg, &#x017F;agte &#x017F;ie:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie erzählen ein Märchen, ein &#x017F;chönes Märchen.<lb/>
Jch würde das alles für ein Märchen halten, wäre<lb/>
nicht die Depe&#x017F;che, und wären Sie nicht mein lieber,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0337] Der Sohn des Martiers. Es war mit einem Ausdruck geſprochen, daß ein Zweifel nicht möglich war. Jsma ſchwieg. Sie lehnte ſich zurück und ſtrich das lichtbraune Haar aus der ſchmalen Stirn. Dann faltete ſie ihre Hände und ſah ihn bittend an. „Hören Sie, Jsma, geliebte Freundin‟, ſprach Ell langſam, „hören Sie, was noch niemand weiß, noch niemand wiſſen durfte, und was Jhnen manches er- klären wird, das Jhnen an mir rätſelhaft war. Es iſt eine lange Geſchichte.‟ Er verfiel in Schweigen. „Erzählen Sie‟, bat ſie innig. „Sie bleiben über Abend — ich kann heute nicht allein ſein, und andere mag ich heute nicht ſehen — ich muß alles wiſſen.‟ Ell erzählte. Er ſprach vom Mars, von ſeinen Bewohnern, von ihrer Kultur, ihrer Güte, ihrer Macht. Er erklärte, wie ſie zur Erde zu gelangen hofften, um die Menſchheit ihrer Kultur, der Numenheit, entgegen- zuführen, wie er ſein Leben lang auf die Nachricht gehofft habe, daß der Pol im Beſitze der Martier ſei, wie er hauptſächlich darum die Polarforſchung und Ausrüſtung der Expedition betrieben habe. Und nun habe er keinen Zweifel mehr. Jsma hatte ihm ſchweigend zugehört. Jhre Faſſungs- kraft ſchien zu Ende. Als er ſchwieg, ſagte ſie: „Sie erzählen ein Märchen, ein ſchönes Märchen. Jch würde das alles für ein Märchen halten, wäre nicht die Depeſche, und wären Sie nicht mein lieber,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/337
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/337>, abgerufen am 24.11.2024.