Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Kapitel.
reich seiner Hände sah, griff er danach. Es gelang
ihm sich festzuhalten, und nun versuchte er an dem
Tau sich wieder zur Gondel emporzuarbeiten. Schon
befand er sich wieder in aufrechter Stellung. Mit den
Händen am Seile höher greifend, zog er seine Füße
aus der Schlinge, in welcher er hängen geblieben war,
und setzte sie auf den Rand des Korbes. Plötzlich
entstand über ihm ein Rauschen und Krachen. Das
Seil, an welchem er sich hielt, war ein Teil des über
den Ballon gefallenen Schlepptaus. Es löste sich jetzt
mit seinem freien Ende vom Ballon und glitt ab-
wärts. Kaum hatte Saltner noch Zeit sich an der
Gondel festzuklammern, als das Seil in seiner ganzen
Länge hinabsauste. Aber indem es über den Ballon
hinwegglitt, verfing es sich mit der Reißleine und zog
dieselbe mit voller Gewalt mit sich. Jetzt trat die
Zerreißvorrichtung in Funktion. Die Ballonhülle
klaffte auseinander. Das Gas strömte mit Zischen
aus. Der Ballon drehte sich um seine Axe und be-
gann mit rasender Geschwindigkeit zu fallen.

"Hinauf in den Ring", rief Grunthe. "Wir
müssen sehen, die Gondel abzuschneiden."

"Aber wo ist Torm?" rief Saltner.

Sie riefen, sie schrieen, sie suchten -- Torm war
nicht zu finden. Dennoch war es möglich, daß er
sich noch im Korbe befand -- sie durften diesen also
nicht vom Ballon trennen, sie konnten ihn auch nicht
länger durchsuchen --

"Den Fallschirm, den Fallschirm!" rief Grunthe
wieder.

Viertes Kapitel.
reich ſeiner Hände ſah, griff er danach. Es gelang
ihm ſich feſtzuhalten, und nun verſuchte er an dem
Tau ſich wieder zur Gondel emporzuarbeiten. Schon
befand er ſich wieder in aufrechter Stellung. Mit den
Händen am Seile höher greifend, zog er ſeine Füße
aus der Schlinge, in welcher er hängen geblieben war,
und ſetzte ſie auf den Rand des Korbes. Plötzlich
entſtand über ihm ein Rauſchen und Krachen. Das
Seil, an welchem er ſich hielt, war ein Teil des über
den Ballon gefallenen Schlepptaus. Es löſte ſich jetzt
mit ſeinem freien Ende vom Ballon und glitt ab-
wärts. Kaum hatte Saltner noch Zeit ſich an der
Gondel feſtzuklammern, als das Seil in ſeiner ganzen
Länge hinabſauſte. Aber indem es über den Ballon
hinwegglitt, verfing es ſich mit der Reißleine und zog
dieſelbe mit voller Gewalt mit ſich. Jetzt trat die
Zerreißvorrichtung in Funktion. Die Ballonhülle
klaffte auseinander. Das Gas ſtrömte mit Ziſchen
aus. Der Ballon drehte ſich um ſeine Axe und be-
gann mit raſender Geſchwindigkeit zu fallen.

„Hinauf in den Ring‟, rief Grunthe. „Wir
müſſen ſehen, die Gondel abzuſchneiden.‟

„Aber wo iſt Torm?‟ rief Saltner.

Sie riefen, ſie ſchrieen, ſie ſuchten — Torm war
nicht zu finden. Dennoch war es möglich, daß er
ſich noch im Korbe befand — ſie durften dieſen alſo
nicht vom Ballon trennen, ſie konnten ihn auch nicht
länger durchſuchen —

„Den Fallſchirm, den Fallſchirm!‟ rief Grunthe
wieder.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="56"/><fw place="top" type="header">Viertes Kapitel.</fw><lb/>
reich &#x017F;einer Hände &#x017F;ah, griff er danach. Es gelang<lb/>
ihm &#x017F;ich fe&#x017F;tzuhalten, und nun ver&#x017F;uchte er an dem<lb/>
Tau &#x017F;ich wieder zur Gondel emporzuarbeiten. Schon<lb/>
befand er &#x017F;ich wieder in aufrechter Stellung. Mit den<lb/>
Händen am Seile höher greifend, zog er &#x017F;eine Füße<lb/>
aus der Schlinge, in welcher er hängen geblieben war,<lb/>
und &#x017F;etzte &#x017F;ie auf den Rand des Korbes. Plötzlich<lb/>
ent&#x017F;tand über ihm ein Rau&#x017F;chen und Krachen. Das<lb/>
Seil, an welchem er &#x017F;ich hielt, war ein Teil des über<lb/>
den Ballon gefallenen Schlepptaus. Es lö&#x017F;te &#x017F;ich jetzt<lb/>
mit &#x017F;einem freien Ende vom Ballon und glitt ab-<lb/>
wärts. Kaum hatte Saltner noch Zeit &#x017F;ich an der<lb/>
Gondel fe&#x017F;tzuklammern, als das Seil in &#x017F;einer ganzen<lb/>
Länge hinab&#x017F;au&#x017F;te. Aber indem es über den Ballon<lb/>
hinwegglitt, verfing es &#x017F;ich mit der Reißleine und zog<lb/>
die&#x017F;elbe mit voller Gewalt mit &#x017F;ich. Jetzt trat die<lb/>
Zerreißvorrichtung in Funktion. Die Ballonhülle<lb/>
klaffte auseinander. Das Gas &#x017F;trömte mit Zi&#x017F;chen<lb/>
aus. Der Ballon drehte &#x017F;ich um &#x017F;eine Axe und be-<lb/>
gann mit ra&#x017F;ender Ge&#x017F;chwindigkeit zu fallen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Hinauf in den Ring&#x201F;, rief Grunthe. &#x201E;Wir<lb/>&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehen, die Gondel abzu&#x017F;chneiden.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Aber wo i&#x017F;t Torm?&#x201F; rief Saltner.</p><lb/>
          <p>Sie riefen, &#x017F;ie &#x017F;chrieen, &#x017F;ie &#x017F;uchten &#x2014; Torm war<lb/>
nicht zu finden. Dennoch war es möglich, daß er<lb/>
&#x017F;ich noch im Korbe befand &#x2014; &#x017F;ie durften die&#x017F;en al&#x017F;o<lb/>
nicht vom Ballon trennen, &#x017F;ie konnten ihn auch nicht<lb/>
länger durch&#x017F;uchen &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Den Fall&#x017F;chirm, den Fall&#x017F;chirm!&#x201F; rief Grunthe<lb/>
wieder.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0064] Viertes Kapitel. reich ſeiner Hände ſah, griff er danach. Es gelang ihm ſich feſtzuhalten, und nun verſuchte er an dem Tau ſich wieder zur Gondel emporzuarbeiten. Schon befand er ſich wieder in aufrechter Stellung. Mit den Händen am Seile höher greifend, zog er ſeine Füße aus der Schlinge, in welcher er hängen geblieben war, und ſetzte ſie auf den Rand des Korbes. Plötzlich entſtand über ihm ein Rauſchen und Krachen. Das Seil, an welchem er ſich hielt, war ein Teil des über den Ballon gefallenen Schlepptaus. Es löſte ſich jetzt mit ſeinem freien Ende vom Ballon und glitt ab- wärts. Kaum hatte Saltner noch Zeit ſich an der Gondel feſtzuklammern, als das Seil in ſeiner ganzen Länge hinabſauſte. Aber indem es über den Ballon hinwegglitt, verfing es ſich mit der Reißleine und zog dieſelbe mit voller Gewalt mit ſich. Jetzt trat die Zerreißvorrichtung in Funktion. Die Ballonhülle klaffte auseinander. Das Gas ſtrömte mit Ziſchen aus. Der Ballon drehte ſich um ſeine Axe und be- gann mit raſender Geſchwindigkeit zu fallen. „Hinauf in den Ring‟, rief Grunthe. „Wir müſſen ſehen, die Gondel abzuſchneiden.‟ „Aber wo iſt Torm?‟ rief Saltner. Sie riefen, ſie ſchrieen, ſie ſuchten — Torm war nicht zu finden. Dennoch war es möglich, daß er ſich noch im Korbe befand — ſie durften dieſen alſo nicht vom Ballon trennen, ſie konnten ihn auch nicht länger durchſuchen — „Den Fallſchirm, den Fallſchirm!‟ rief Grunthe wieder.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/64
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/64>, abgerufen am 09.11.2024.