Ell den Wagen, der dort warten sollte. Er trat in das Haus, aber er durchschritt nur einige Korridore und Höfe und verließ es wieder durch einen Ausgang nach der Zeughofstraße. Von hier kehrte er in die Wrangelstraße zurück und trat nach wenigen Minuten in eines der dortigen Mietshäuser, wo er in dem nach dem Garten zu liegenden Flügel drei Treppen hinaufstieg.
Hier wohnte Jsma. Sie saß an dem weitgeöff- netem Fenster, aus welchem ihr Blick über die regen- feuchten Bäume des Gartens nach den dahinter auf- ragenden Häusermassen und Schornsteinen schweifte. Das Buch, in dem sie gelesen hatte, lag neben ihr. Von Zeit zu Zeit, wenn sie ein Geräusch von Tritten zu vernehmen glaubte, blickte sie nach der Thür, als erwartete sie, daß sie sich öffnen werde.
Und nun klingelte es draußen. Sie stand auf und strich sich das Haar aus den Schläfen. Dann ging sie auf die Thür zu, aus welcher ihr Ell entgegentrat.
"Endlich", sagte er, ihre Hand ergreifend, "endlich wieder einmal bei Jhnen. Es that mir zu leid, daß ich unsern letzten Abend nicht einhalten konnte, aber ich durfte die Einladung da oben nicht ablehnen. Fühlen Sie sich auch ganz wohl?"
Sein Blick ruhte mit zärtlicher Besorgnis auf ihren Zügen.
"Es geht mir besser wie je", sagte Jsma lächelnd.
"Fühlen Sie gar keine Beschwerden?" fragte er weiter. "Kein Kopfweh, keine Müdigkeit?"
"Gar nichts. Sie fragen ja gerade, als wenn Sie Hil wären. Was haben Sie denn? Jch kann
Jsma.
Ell den Wagen, der dort warten ſollte. Er trat in das Haus, aber er durchſchritt nur einige Korridore und Höfe und verließ es wieder durch einen Ausgang nach der Zeughofſtraße. Von hier kehrte er in die Wrangelſtraße zurück und trat nach wenigen Minuten in eines der dortigen Mietshäuſer, wo er in dem nach dem Garten zu liegenden Flügel drei Treppen hinaufſtieg.
Hier wohnte Jsma. Sie ſaß an dem weitgeöff- netem Fenſter, aus welchem ihr Blick über die regen- feuchten Bäume des Gartens nach den dahinter auf- ragenden Häuſermaſſen und Schornſteinen ſchweifte. Das Buch, in dem ſie geleſen hatte, lag neben ihr. Von Zeit zu Zeit, wenn ſie ein Geräuſch von Tritten zu vernehmen glaubte, blickte ſie nach der Thür, als erwartete ſie, daß ſie ſich öffnen werde.
Und nun klingelte es draußen. Sie ſtand auf und ſtrich ſich das Haar aus den Schläfen. Dann ging ſie auf die Thür zu, aus welcher ihr Ell entgegentrat.
„Endlich‟, ſagte er, ihre Hand ergreifend, „endlich wieder einmal bei Jhnen. Es that mir zu leid, daß ich unſern letzten Abend nicht einhalten konnte, aber ich durfte die Einladung da oben nicht ablehnen. Fühlen Sie ſich auch ganz wohl?‟
Sein Blick ruhte mit zärtlicher Beſorgnis auf ihren Zügen.
„Es geht mir beſſer wie je‟, ſagte Jsma lächelnd.
„Fühlen Sie gar keine Beſchwerden?‟ fragte er weiter. „Kein Kopfweh, keine Müdigkeit?‟
„Gar nichts. Sie fragen ja gerade, als wenn Sie Hil wären. Was haben Sie denn? Jch kann
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Jsma.
Ell den Wagen, der dort warten ſollte. Er trat in
das Haus, aber er durchſchritt nur einige Korridore
und Höfe und verließ es wieder durch einen Ausgang
nach der Zeughofſtraße. Von hier kehrte er in die
Wrangelſtraße zurück und trat nach wenigen Minuten
in eines der dortigen Mietshäuſer, wo er in dem nach
dem Garten zu liegenden Flügel drei Treppen hinaufſtieg.
Hier wohnte Jsma. Sie ſaß an dem weitgeöff-
netem Fenſter, aus welchem ihr Blick über die regen-
feuchten Bäume des Gartens nach den dahinter auf-
ragenden Häuſermaſſen und Schornſteinen ſchweifte.
Das Buch, in dem ſie geleſen hatte, lag neben ihr.
Von Zeit zu Zeit, wenn ſie ein Geräuſch von Tritten
zu vernehmen glaubte, blickte ſie nach der Thür, als
erwartete ſie, daß ſie ſich öffnen werde.
Und nun klingelte es draußen. Sie ſtand auf und
ſtrich ſich das Haar aus den Schläfen. Dann ging
ſie auf die Thür zu, aus welcher ihr Ell entgegentrat.
„Endlich‟, ſagte er, ihre Hand ergreifend, „endlich
wieder einmal bei Jhnen. Es that mir zu leid, daß
ich unſern letzten Abend nicht einhalten konnte, aber
ich durfte die Einladung da oben nicht ablehnen.
Fühlen Sie ſich auch ganz wohl?‟
Sein Blick ruhte mit zärtlicher Beſorgnis auf
ihren Zügen.
„Es geht mir beſſer wie je‟, ſagte Jsma lächelnd.
„Fühlen Sie gar keine Beſchwerden?‟ fragte er
weiter. „Kein Kopfweh, keine Müdigkeit?‟
„Gar nichts. Sie fragen ja gerade, als wenn
Sie Hil wären. Was haben Sie denn? Jch kann
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/321>, abgerufen am 25.11.2024.
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