Jhnen wirklich nicht die Freude machen, mich pflegen zu lassen. Aber wissen Sie, Ell, daß Sie mir eigentlich gar nicht gefallen? Sie strengen sich offenbar zu sehr an, Sie sehen angegriffen aus und sollten sich mehr schonen."
"Ach, Jsma, davon kann keine Rede sein", er- widerte Ell, indem er sich neben ihr niederließ. "Mir ist manchmal zu Mute, als wüchse mir die Arbeit über den Kopf. Und dann die Sorge! Doch nichts davon! Dann giebt es kein andres Heilmittel für mich als hier die drei Treppen hinaufzusteigen --"
"Das freut mich, daß Jhnen das Treppensteigen so gut bekommt. Jch könnte ja auch noch eine Stiege höher ziehen."
"Oh, es genügt. Wenn ich nur die schmale Hand fassen und Jhnen in die lieben Angen sehen kann! Dann möchte ich wieder an die Menschen glauben und wieder hoffen!"
"Sie dürfen so nicht sprechen, Ell, Sie ängstigen mich. Auf dem Wege zu Jhrem hohen Ziele darf es kein Schwanken geben. Dazu waren unsre Opfer zu groß, zu schmerzlich."
Sie hob die Augen, die mit Thränen kämpften, wie bittend zu ihm empor.
"Verzeihen Sie mir, Jsma. Jch weiß es längst, daß ich für mich kein Glück beanspruchen darf, der ich mir anmaßte, es der Menschheit zu bringen. Aber wenn ich hier bei Jhnen sitze -- und Sie wissen, daß ich die neue Kraft hier schöpfe -- ach, dann ist es auch so unendlich schwer, auf das Einzige verzichten, was
Siebenundvierzigſtes Kapitel.
Jhnen wirklich nicht die Freude machen, mich pflegen zu laſſen. Aber wiſſen Sie, Ell, daß Sie mir eigentlich gar nicht gefallen? Sie ſtrengen ſich offenbar zu ſehr an, Sie ſehen angegriffen aus und ſollten ſich mehr ſchonen.‟
„Ach, Jsma, davon kann keine Rede ſein‟, er- widerte Ell, indem er ſich neben ihr niederließ. „Mir iſt manchmal zu Mute, als wüchſe mir die Arbeit über den Kopf. Und dann die Sorge! Doch nichts davon! Dann giebt es kein andres Heilmittel für mich als hier die drei Treppen hinaufzuſteigen —‟
„Das freut mich, daß Jhnen das Treppenſteigen ſo gut bekommt. Jch könnte ja auch noch eine Stiege höher ziehen.‟
„Oh, es genügt. Wenn ich nur die ſchmale Hand faſſen und Jhnen in die lieben Angen ſehen kann! Dann möchte ich wieder an die Menſchen glauben und wieder hoffen!‟
„Sie dürfen ſo nicht ſprechen, Ell, Sie ängſtigen mich. Auf dem Wege zu Jhrem hohen Ziele darf es kein Schwanken geben. Dazu waren unſre Opfer zu groß, zu ſchmerzlich.‟
Sie hob die Augen, die mit Thränen kämpften, wie bittend zu ihm empor.
„Verzeihen Sie mir, Jsma. Jch weiß es längſt, daß ich für mich kein Glück beanſpruchen darf, der ich mir anmaßte, es der Menſchheit zu bringen. Aber wenn ich hier bei Jhnen ſitze — und Sie wiſſen, daß ich die neue Kraft hier ſchöpfe — ach, dann iſt es auch ſo unendlich ſchwer, auf das Einzige verzichten, was
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Siebenundvierzigſtes Kapitel.
Jhnen wirklich nicht die Freude machen, mich pflegen
zu laſſen. Aber wiſſen Sie, Ell, daß Sie mir eigentlich
gar nicht gefallen? Sie ſtrengen ſich offenbar zu ſehr
an, Sie ſehen angegriffen aus und ſollten ſich mehr
ſchonen.‟
„Ach, Jsma, davon kann keine Rede ſein‟, er-
widerte Ell, indem er ſich neben ihr niederließ. „Mir
iſt manchmal zu Mute, als wüchſe mir die Arbeit
über den Kopf. Und dann die Sorge! Doch nichts
davon! Dann giebt es kein andres Heilmittel für
mich als hier die drei Treppen hinaufzuſteigen —‟
„Das freut mich, daß Jhnen das Treppenſteigen
ſo gut bekommt. Jch könnte ja auch noch eine Stiege
höher ziehen.‟
„Oh, es genügt. Wenn ich nur die ſchmale Hand
faſſen und Jhnen in die lieben Angen ſehen kann!
Dann möchte ich wieder an die Menſchen glauben
und wieder hoffen!‟
„Sie dürfen ſo nicht ſprechen, Ell, Sie ängſtigen
mich. Auf dem Wege zu Jhrem hohen Ziele darf es
kein Schwanken geben. Dazu waren unſre Opfer zu
groß, zu ſchmerzlich.‟
Sie hob die Augen, die mit Thränen kämpften,
wie bittend zu ihm empor.
„Verzeihen Sie mir, Jsma. Jch weiß es längſt,
daß ich für mich kein Glück beanſpruchen darf, der ich
mir anmaßte, es der Menſchheit zu bringen. Aber
wenn ich hier bei Jhnen ſitze — und Sie wiſſen, daß
ich die neue Kraft hier ſchöpfe — ach, dann iſt es auch
ſo unendlich ſchwer, auf das Einzige verzichten, was
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/322>, abgerufen am 25.11.2024.
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