Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.Der Jnstruktor von Bozen. sei. Die Thränen traten ihm in die Augen, wenn eran die Angst dachte, die seine Mutter ausstand. Er wußte ja, daß ihr thatsächlich nichts geschehe, daß man sie als eine Kranke behandeln würde und sie vielleicht sicherer aufgehoben sei als zu Hause. Denn wenn auch Oß unzurechnungsfähig war, der Leiter des La- boratoriums war ein Arzt, ein wohlwollender Mann, der seine Aufgabe ernst im Sinne von Ell nahm, und die Strafanstalt, als welche das Laboratorium diente, mit Rücksicht auf jeden individuellen Fall leitete. Aber die Angst, die Furcht, die Vorstellungen, die sich seine Mutter machen mochte, und die Kränkung! Das konnte wirklich ihr Tod sein. Nicht eine Stunde länger wollte er sie in dieser Besorgnis allein lassen, er mußte sie herausholen. Kathrin begann aufs neue zu jammern. "Jst es denn wahr, Herr Josef, im Labratorium, "Reden Sie nicht so dummes Zeug, Kathrin, gar "Kopfrechnen, Jesus Maria, das könnt' ich nun "Jedenfalls seien Sie still und hören Sie, was ich "Ach Herr Josef, Sie werden sich doch nicht dahin Aber Saltner sprach nicht sogleich weiter. Er ging Der Jnſtruktor von Bozen. ſei. Die Thränen traten ihm in die Augen, wenn eran die Angſt dachte, die ſeine Mutter ausſtand. Er wußte ja, daß ihr thatſächlich nichts geſchehe, daß man ſie als eine Kranke behandeln würde und ſie vielleicht ſicherer aufgehoben ſei als zu Hauſe. Denn wenn auch Oß unzurechnungsfähig war, der Leiter des La- boratoriums war ein Arzt, ein wohlwollender Mann, der ſeine Aufgabe ernſt im Sinne von Ell nahm, und die Strafanſtalt, als welche das Laboratorium diente, mit Rückſicht auf jeden individuellen Fall leitete. Aber die Angſt, die Furcht, die Vorſtellungen, die ſich ſeine Mutter machen mochte, und die Kränkung! Das konnte wirklich ihr Tod ſein. Nicht eine Stunde länger wollte er ſie in dieſer Beſorgnis allein laſſen, er mußte ſie herausholen. Kathrin begann aufs neue zu jammern. „Jſt es denn wahr, Herr Joſef, im Labratorium, „Reden Sie nicht ſo dummes Zeug, Kathrin, gar „Kopfrechnen, Jeſus Maria, das könnt’ ich nun „Jedenfalls ſeien Sie ſtill und hören Sie, was ich „Ach Herr Joſef, Sie werden ſich doch nicht dahin Aber Saltner ſprach nicht ſogleich weiter. Er ging <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0353" n="345"/><fw place="top" type="header">Der Jnſtruktor von Bozen.</fw><lb/> ſei. Die Thränen traten ihm in die Augen, wenn er<lb/> an die Angſt dachte, die ſeine Mutter ausſtand. Er<lb/> wußte ja, daß ihr thatſächlich nichts geſchehe, daß man<lb/> ſie als eine Kranke behandeln würde und ſie vielleicht<lb/> ſicherer aufgehoben ſei als zu Hauſe. Denn wenn<lb/> auch Oß unzurechnungsfähig war, der Leiter des La-<lb/> boratoriums war ein Arzt, ein wohlwollender Mann,<lb/> der ſeine Aufgabe ernſt im Sinne von Ell nahm, und<lb/> die Strafanſtalt, als welche das Laboratorium diente,<lb/> mit Rückſicht auf jeden individuellen Fall leitete. Aber<lb/> die Angſt, die Furcht, die Vorſtellungen, die ſich ſeine<lb/> Mutter machen mochte, und die Kränkung! Das konnte<lb/> wirklich ihr Tod ſein. Nicht eine Stunde länger wollte<lb/> er ſie in dieſer Beſorgnis allein laſſen, er mußte ſie<lb/> herausholen.</p><lb/> <p>Kathrin begann aufs neue zu jammern.</p><lb/> <p>„Jſt es denn wahr, Herr Joſef, im Labratorium,<lb/> daß die Leute da gebraten werden —‟</p><lb/> <p>„Reden Sie nicht ſo dummes Zeug, Kathrin, gar<lb/> nichts geſchieht ihnen, als daß ſie ein bischen beob-<lb/> achtet werden, wie der Puls geht, wenn ſie ſo oder ſo<lb/> liegen, oder wenn ſie kopfrechnen —‟</p><lb/> <p>„Kopfrechnen, Jeſus Maria, das könnt’ ich nun<lb/> ſchon gar nicht.‟</p><lb/> <p>„Jedenfalls ſeien Sie ſtill und hören Sie, was ich<lb/> ſage, aber paſſen Sie genau auf. Jch werde jetzt<lb/> gleich die Mutter holen.‟</p><lb/> <p>„Ach Herr Joſef, Sie werden ſich doch nicht dahin<lb/> wagen!‟</p><lb/> <p>Aber Saltner ſprach nicht ſogleich weiter. Er ging<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [345/0353]
Der Jnſtruktor von Bozen.
ſei. Die Thränen traten ihm in die Augen, wenn er
an die Angſt dachte, die ſeine Mutter ausſtand. Er
wußte ja, daß ihr thatſächlich nichts geſchehe, daß man
ſie als eine Kranke behandeln würde und ſie vielleicht
ſicherer aufgehoben ſei als zu Hauſe. Denn wenn
auch Oß unzurechnungsfähig war, der Leiter des La-
boratoriums war ein Arzt, ein wohlwollender Mann,
der ſeine Aufgabe ernſt im Sinne von Ell nahm, und
die Strafanſtalt, als welche das Laboratorium diente,
mit Rückſicht auf jeden individuellen Fall leitete. Aber
die Angſt, die Furcht, die Vorſtellungen, die ſich ſeine
Mutter machen mochte, und die Kränkung! Das konnte
wirklich ihr Tod ſein. Nicht eine Stunde länger wollte
er ſie in dieſer Beſorgnis allein laſſen, er mußte ſie
herausholen.
Kathrin begann aufs neue zu jammern.
„Jſt es denn wahr, Herr Joſef, im Labratorium,
daß die Leute da gebraten werden —‟
„Reden Sie nicht ſo dummes Zeug, Kathrin, gar
nichts geſchieht ihnen, als daß ſie ein bischen beob-
achtet werden, wie der Puls geht, wenn ſie ſo oder ſo
liegen, oder wenn ſie kopfrechnen —‟
„Kopfrechnen, Jeſus Maria, das könnt’ ich nun
ſchon gar nicht.‟
„Jedenfalls ſeien Sie ſtill und hören Sie, was ich
ſage, aber paſſen Sie genau auf. Jch werde jetzt
gleich die Mutter holen.‟
„Ach Herr Joſef, Sie werden ſich doch nicht dahin
wagen!‟
Aber Saltner ſprach nicht ſogleich weiter. Er ging
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