"Was kommt denn dort? Hoch oben sitzen Menschen und unten ist ein Tier mit vier Beinen. So was habe ich noch nie gesehen, das müssen wir uns be- trachten."
"Es sind Reiter", sagte La. "Sie sitzen auf Pferden. Es sieht gut aus."
"O nein, abscheulich! Diese Tiere, wie häßlich. Und wie das riecht! O pfui! Komm komm, das halte ich nicht aus."
Aus der Thür eines Hauses trat ein Nume, mit dem großen, glänzenden Glockenhelm über dem Kopfe. Er schritt bis in die Mitte der Straße, um sich nach seinem Wagen umzusehen. Ein Teil der Vorüber- gehenden wich ihm in einem Bogen aus, andre, die gelbe Marken an der Kopfbedeckung trugen, gingen zwar dicht an ihm vorüber, blickten aber finster nach der andern Seite. Gerade jetzt waren die Reiter bis hierher gelangt. Das Pferd des ersten scheute vor dem Helm des Martiers, der ohne an ein Ausweichen zu denken in der Mitte der Straße stand. Kerzen- gerade stieg es in die Höhe. Der gewandte Reiter behauptete sich im Sattel, er wollte das Pferd an dem Martier vorüberbringen. Jn unregelmäßigen Sätzen sprang es hin und her und schlug aus. So drängte es in die Zuschauermenge hinein, die sich schnell an- gesammelt hatte. Diese stob erschrocken auseinander, auch La und Se wurden gestoßen, allgemeines Geschrei entstand. Schreckensbleich sahen sie, in die Ecke einer Hausthür gedrückt, der Scene zu. Von den Sporen des Reiters getroffen machte jetzt das Pferd einen ge-
Martierinnen in Berlin.
„Was kommt denn dort? Hoch oben ſitzen Menſchen und unten iſt ein Tier mit vier Beinen. So was habe ich noch nie geſehen, das müſſen wir uns be- trachten.‟
„Es ſind Reiter‟, ſagte La. „Sie ſitzen auf Pferden. Es ſieht gut aus.‟
„O nein, abſcheulich! Dieſe Tiere, wie häßlich. Und wie das riecht! O pfui! Komm komm, das halte ich nicht aus.‟
Aus der Thür eines Hauſes trat ein Nume, mit dem großen, glänzenden Glockenhelm über dem Kopfe. Er ſchritt bis in die Mitte der Straße, um ſich nach ſeinem Wagen umzuſehen. Ein Teil der Vorüber- gehenden wich ihm in einem Bogen aus, andre, die gelbe Marken an der Kopfbedeckung trugen, gingen zwar dicht an ihm vorüber, blickten aber finſter nach der andern Seite. Gerade jetzt waren die Reiter bis hierher gelangt. Das Pferd des erſten ſcheute vor dem Helm des Martiers, der ohne an ein Ausweichen zu denken in der Mitte der Straße ſtand. Kerzen- gerade ſtieg es in die Höhe. Der gewandte Reiter behauptete ſich im Sattel, er wollte das Pferd an dem Martier vorüberbringen. Jn unregelmäßigen Sätzen ſprang es hin und her und ſchlug aus. So drängte es in die Zuſchauermenge hinein, die ſich ſchnell an- geſammelt hatte. Dieſe ſtob erſchrocken auseinander, auch La und Se wurden geſtoßen, allgemeines Geſchrei entſtand. Schreckensbleich ſahen ſie, in die Ecke einer Hausthür gedrückt, der Scene zu. Von den Sporen des Reiters getroffen machte jetzt das Pferd einen ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0387"n="379"/><fwplace="top"type="header">Martierinnen in Berlin.</fw><lb/><p>„Was kommt denn dort? Hoch oben ſitzen Menſchen<lb/>
und unten iſt ein Tier mit vier Beinen. So was<lb/>
habe ich noch nie geſehen, das müſſen wir uns be-<lb/>
trachten.‟</p><lb/><p>„Es ſind Reiter‟, ſagte La. „Sie ſitzen auf<lb/>
Pferden. Es ſieht gut aus.‟</p><lb/><p>„O nein, abſcheulich! Dieſe Tiere, wie häßlich.<lb/>
Und wie das riecht! O pfui! Komm komm, das<lb/>
halte ich nicht aus.‟</p><lb/><p>Aus der Thür eines Hauſes trat ein Nume, mit<lb/>
dem großen, glänzenden Glockenhelm über dem Kopfe.<lb/>
Er ſchritt bis in die Mitte der Straße, um ſich nach<lb/>ſeinem Wagen umzuſehen. Ein Teil der Vorüber-<lb/>
gehenden wich ihm in einem Bogen aus, andre, die<lb/>
gelbe Marken an der Kopfbedeckung trugen, gingen<lb/>
zwar dicht an ihm vorüber, blickten aber finſter nach<lb/>
der andern Seite. Gerade jetzt waren die Reiter bis<lb/>
hierher gelangt. Das Pferd des erſten ſcheute vor<lb/>
dem Helm des Martiers, der ohne an ein Ausweichen<lb/>
zu denken in der Mitte der Straße ſtand. Kerzen-<lb/>
gerade ſtieg es in die Höhe. Der gewandte Reiter<lb/>
behauptete ſich im Sattel, er wollte das Pferd an dem<lb/>
Martier vorüberbringen. Jn unregelmäßigen Sätzen<lb/>ſprang es hin und her und ſchlug aus. So drängte<lb/>
es in die Zuſchauermenge hinein, die ſich ſchnell an-<lb/>
geſammelt hatte. Dieſe ſtob erſchrocken auseinander,<lb/>
auch La und Se wurden geſtoßen, allgemeines Geſchrei<lb/>
entſtand. Schreckensbleich ſahen ſie, in die Ecke einer<lb/>
Hausthür gedrückt, der Scene zu. Von den Sporen<lb/>
des Reiters getroffen machte jetzt das Pferd einen ge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[379/0387]
Martierinnen in Berlin.
„Was kommt denn dort? Hoch oben ſitzen Menſchen
und unten iſt ein Tier mit vier Beinen. So was
habe ich noch nie geſehen, das müſſen wir uns be-
trachten.‟
„Es ſind Reiter‟, ſagte La. „Sie ſitzen auf
Pferden. Es ſieht gut aus.‟
„O nein, abſcheulich! Dieſe Tiere, wie häßlich.
Und wie das riecht! O pfui! Komm komm, das
halte ich nicht aus.‟
Aus der Thür eines Hauſes trat ein Nume, mit
dem großen, glänzenden Glockenhelm über dem Kopfe.
Er ſchritt bis in die Mitte der Straße, um ſich nach
ſeinem Wagen umzuſehen. Ein Teil der Vorüber-
gehenden wich ihm in einem Bogen aus, andre, die
gelbe Marken an der Kopfbedeckung trugen, gingen
zwar dicht an ihm vorüber, blickten aber finſter nach
der andern Seite. Gerade jetzt waren die Reiter bis
hierher gelangt. Das Pferd des erſten ſcheute vor
dem Helm des Martiers, der ohne an ein Ausweichen
zu denken in der Mitte der Straße ſtand. Kerzen-
gerade ſtieg es in die Höhe. Der gewandte Reiter
behauptete ſich im Sattel, er wollte das Pferd an dem
Martier vorüberbringen. Jn unregelmäßigen Sätzen
ſprang es hin und her und ſchlug aus. So drängte
es in die Zuſchauermenge hinein, die ſich ſchnell an-
geſammelt hatte. Dieſe ſtob erſchrocken auseinander,
auch La und Se wurden geſtoßen, allgemeines Geſchrei
entſtand. Schreckensbleich ſahen ſie, in die Ecke einer
Hausthür gedrückt, der Scene zu. Von den Sporen
des Reiters getroffen machte jetzt das Pferd einen ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/387>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.