des Baumes zum großen Teile aus, und was unten im Stumpf bleibt, gehört dem, der es nimmt."
Ein kleiner Junge rannte auf Ells Wagen zu, den er im Eifer so spät bemerkte, daß er beim Aus- weichen hinstürzte. Gleich war er wieder auf den Beinen, aber jetzt suchte er nach seiner handvoll Lis, die ihm entfallen und nun kaum zu sehen war. Jsma, die den Wagen verlassen hatte, sah das Gewebe zufällig am Boden glitzern und hob es auf. Sie betrachtete es neugierig. Der Knabe bemerkte es. Es war ein kleines, dickes, pausbäckiges Kerlchen, sehr ärmlich ge- kleidet. Er starrte Jsma an. Sie hielt das wirre, weiche Fadenknäuel ihm hin. Seine Augen leuchteten groß auf, als er es wiedererhielt, aber er blieb wie angenagelt mit gespreizten Beinchen vor Jsma stehen. Seine Blicke gingen jetzt zwischen Jsma und seinen Händen hin und her. Er kämpfte offenbar einen großen Kampf. Dann hielt er das Päckchen Jsma wieder hin und sagte, als wenn er ein Königreich vergäbe:
"Jch schenke es Dir."
"Warum?" fragte Jsma lächelnd.
"Weil Du kleine Augen hast."
Jsma wußte nicht, ob sie recht verstanden habe, und sah Ell zweifelnd an.
"Weil ich kleine Augen habe?" wiederholte sie fragend.
"Kleine Augen sind traurig, man schenkt ihnen", sagte der Knirps.
"Jch will Dir --" Jsma unterbrach sich. "Jch will Dir auch etwas schenken, weil Du große Augen
Sehenswürdigkeiten des Mars.
des Baumes zum großen Teile aus, und was unten im Stumpf bleibt, gehört dem, der es nimmt.‟
Ein kleiner Junge rannte auf Ells Wagen zu, den er im Eifer ſo ſpät bemerkte, daß er beim Aus- weichen hinſtürzte. Gleich war er wieder auf den Beinen, aber jetzt ſuchte er nach ſeiner handvoll Lis, die ihm entfallen und nun kaum zu ſehen war. Jsma, die den Wagen verlaſſen hatte, ſah das Gewebe zufällig am Boden glitzern und hob es auf. Sie betrachtete es neugierig. Der Knabe bemerkte es. Es war ein kleines, dickes, pausbäckiges Kerlchen, ſehr ärmlich ge- kleidet. Er ſtarrte Jsma an. Sie hielt das wirre, weiche Fadenknäuel ihm hin. Seine Augen leuchteten groß auf, als er es wiedererhielt, aber er blieb wie angenagelt mit geſpreizten Beinchen vor Jsma ſtehen. Seine Blicke gingen jetzt zwiſchen Jsma und ſeinen Händen hin und her. Er kämpfte offenbar einen großen Kampf. Dann hielt er das Päckchen Jsma wieder hin und ſagte, als wenn er ein Königreich vergäbe:
„Jch ſchenke es Dir.‟
„Warum?‟ fragte Jsma lächelnd.
„Weil Du kleine Augen haſt.‟
Jsma wußte nicht, ob ſie recht verſtanden habe, und ſah Ell zweifelnd an.
„Weil ich kleine Augen habe?‟ wiederholte ſie fragend.
„Kleine Augen ſind traurig, man ſchenkt ihnen‟, ſagte der Knirps.
„Jch will Dir —‟ Jsma unterbrach ſich. „Jch will Dir auch etwas ſchenken, weil Du große Augen
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Sehenswürdigkeiten des Mars.
des Baumes zum großen Teile aus, und was unten
im Stumpf bleibt, gehört dem, der es nimmt.‟
Ein kleiner Junge rannte auf Ells Wagen zu,
den er im Eifer ſo ſpät bemerkte, daß er beim Aus-
weichen hinſtürzte. Gleich war er wieder auf den
Beinen, aber jetzt ſuchte er nach ſeiner handvoll Lis,
die ihm entfallen und nun kaum zu ſehen war. Jsma,
die den Wagen verlaſſen hatte, ſah das Gewebe zufällig
am Boden glitzern und hob es auf. Sie betrachtete
es neugierig. Der Knabe bemerkte es. Es war ein
kleines, dickes, pausbäckiges Kerlchen, ſehr ärmlich ge-
kleidet. Er ſtarrte Jsma an. Sie hielt das wirre,
weiche Fadenknäuel ihm hin. Seine Augen leuchteten
groß auf, als er es wiedererhielt, aber er blieb wie
angenagelt mit geſpreizten Beinchen vor Jsma ſtehen.
Seine Blicke gingen jetzt zwiſchen Jsma und ſeinen
Händen hin und her. Er kämpfte offenbar einen großen
Kampf. Dann hielt er das Päckchen Jsma wieder hin
und ſagte, als wenn er ein Königreich vergäbe:
„Jch ſchenke es Dir.‟
„Warum?‟ fragte Jsma lächelnd.
„Weil Du kleine Augen haſt.‟
Jsma wußte nicht, ob ſie recht verſtanden habe,
und ſah Ell zweifelnd an.
„Weil ich kleine Augen habe?‟ wiederholte ſie
fragend.
„Kleine Augen ſind traurig, man ſchenkt ihnen‟,
ſagte der Knirps.
„Jch will Dir —‟ Jsma unterbrach ſich. „Jch
will Dir auch etwas ſchenken, weil Du große Augen
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/39>, abgerufen am 23.11.2024.
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