Er stand wohl auf, er schritt auf und ab, er blieb vor dem Telephon stehen, aber er konnte sich nicht entschließen nach dem Wagen zu rufen. Nein, er konnte sich nicht freuen, er wollte nicht! Das Glück war ihm so nahe, die erträumte Zukunft so schön -- und es sollte nicht sein? Aber was war denn ge- schehen? Würde es nicht so sein, wie es immer ge- wesen war? Würde sie ihn weniger lieb haben? Würde er sie nicht sehen, so oft er wollte? Hatte er sie je anders begehrt? Wußte er nicht seit Jahren, daß sie ihm nie anders gehören würde, und war er nicht glücklich gewesen trotz alledem mit der treuen Freundin?
Doch, es war anders, er war eben nicht mehr so, wie früher. Er wußte es, sie selbst hatte sich frei gefühlt, sie hatte sich mit dem Gedanken vertraut ge- macht, daß sie den Gatten nie wiedersehen würde, sie hatte den Schmerz durchlebt und langsam sich gewöhnt, an den Verschollenen zu denken als an einen Verlorenen. Und wenn sie je die Zukunft erwog, so sah sie einen andern neben sich. Und er, Ell, er glaubte nur zu sicher zu wissen, daß diese Zukunft ihm gehörte, zu fest hatte sich die Hoffnung in ihm gegründet, daß er sie nun bald sein nennen würde in einem andern Sinne, ganz sein. Er mochte das namenlose Glück nicht ausdenken, nur das wußte er, wie viel leichter er dann die Schwere seines Ringens und Kämpfens ertragen würde. -- -- Ja, es war anders geworden, er sah schon lange nicht mehr in ihr die Freundin der er geschworen hatte zu dienen ohne Verlangen.
Siebenundfünfzigſtes Kapitel.
Er ſtand wohl auf, er ſchritt auf und ab, er blieb vor dem Telephon ſtehen, aber er konnte ſich nicht entſchließen nach dem Wagen zu rufen. Nein, er konnte ſich nicht freuen, er wollte nicht! Das Glück war ihm ſo nahe, die erträumte Zukunft ſo ſchön — und es ſollte nicht ſein? Aber was war denn ge- ſchehen? Würde es nicht ſo ſein, wie es immer ge- weſen war? Würde ſie ihn weniger lieb haben? Würde er ſie nicht ſehen, ſo oft er wollte? Hatte er ſie je anders begehrt? Wußte er nicht ſeit Jahren, daß ſie ihm nie anders gehören würde, und war er nicht glücklich geweſen trotz alledem mit der treuen Freundin?
Doch, es war anders, er war eben nicht mehr ſo, wie früher. Er wußte es, ſie ſelbſt hatte ſich frei gefühlt, ſie hatte ſich mit dem Gedanken vertraut ge- macht, daß ſie den Gatten nie wiederſehen würde, ſie hatte den Schmerz durchlebt und langſam ſich gewöhnt, an den Verſchollenen zu denken als an einen Verlorenen. Und wenn ſie je die Zukunft erwog, ſo ſah ſie einen andern neben ſich. Und er, Ell, er glaubte nur zu ſicher zu wiſſen, daß dieſe Zukunft ihm gehörte, zu feſt hatte ſich die Hoffnung in ihm gegründet, daß er ſie nun bald ſein nennen würde in einem andern Sinne, ganz ſein. Er mochte das namenloſe Glück nicht ausdenken, nur das wußte er, wie viel leichter er dann die Schwere ſeines Ringens und Kämpfens ertragen würde. — — Ja, es war anders geworden, er ſah ſchon lange nicht mehr in ihr die Freundin der er geſchworen hatte zu dienen ohne Verlangen.
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Siebenundfünfzigſtes Kapitel.
Er ſtand wohl auf, er ſchritt auf und ab, er blieb
vor dem Telephon ſtehen, aber er konnte ſich nicht
entſchließen nach dem Wagen zu rufen. Nein, er
konnte ſich nicht freuen, er wollte nicht! Das Glück
war ihm ſo nahe, die erträumte Zukunft ſo ſchön —
und es ſollte nicht ſein? Aber was war denn ge-
ſchehen? Würde es nicht ſo ſein, wie es immer ge-
weſen war? Würde ſie ihn weniger lieb haben?
Würde er ſie nicht ſehen, ſo oft er wollte? Hatte er
ſie je anders begehrt? Wußte er nicht ſeit Jahren,
daß ſie ihm nie anders gehören würde, und war er
nicht glücklich geweſen trotz alledem mit der treuen
Freundin?
Doch, es war anders, er war eben nicht mehr ſo,
wie früher. Er wußte es, ſie ſelbſt hatte ſich frei
gefühlt, ſie hatte ſich mit dem Gedanken vertraut ge-
macht, daß ſie den Gatten nie wiederſehen würde, ſie
hatte den Schmerz durchlebt und langſam ſich gewöhnt,
an den Verſchollenen zu denken als an einen Verlorenen.
Und wenn ſie je die Zukunft erwog, ſo ſah ſie einen
andern neben ſich. Und er, Ell, er glaubte nur zu
ſicher zu wiſſen, daß dieſe Zukunft ihm gehörte, zu
feſt hatte ſich die Hoffnung in ihm gegründet, daß er
ſie nun bald ſein nennen würde in einem andern
Sinne, ganz ſein. Er mochte das namenloſe Glück
nicht ausdenken, nur das wußte er, wie viel leichter
er dann die Schwere ſeines Ringens und Kämpfens
ertragen würde. — — Ja, es war anders geworden,
er ſah ſchon lange nicht mehr in ihr die Freundin
der er geſchworen hatte zu dienen ohne Verlangen.
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/488>, abgerufen am 25.11.2024.
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