hatte sie ihn verlassen und war zu ihrem Manne geeilt. Ein tiefer, bitterer Schmerz gekränkter Liebe durch- zuckte ihn. Durch Jahre hatte sie ihn in hoffnungs- froher Freundschaft gehalten, bis die Erwartung des nahen Glücks ihn ganz eingenommen, und jetzt -- nun war er ihr nichts mehr. Das war Jsma! Ja, er konnte sich rächen. Er konnte auch -- -- Und durfte er denn schweigen? Durfte er Torm, nun er um sein Verbrechen wußte, unbehelligt ziehen lassen? Jhn der Gattin zurückgeben und sie in ihrem Glücke schützen? Und wie dann den Gedanken an sie ertragen?
Torm hatte längst geendet. Ell saß noch immer, den Kopf in die Hand gestützt, die seine Augen be- schattete, ohne zu sprechen. Torm wartete geduldig, obwohl sein Herz pochte. Denn jetzt mußte sich alles entscheiden.
Endlich richtete sich Ell auf und blickte Torm an. Er begann ruhig, fast gleichgiltig:
"Jhr Prozeß am Pol und was damit zusammen- hängt, die Entwendung des Sauerstoffs -- wovon übrigens nichts bekannt geworden ist -- die unerlaubte Benutzung des Luftschiffs zur Flucht -- darüber können Sie beruhigt sein. Jch sehe dies als eine zusammen- hängende einzige Handlung an, die unter die Friedens- amnestie fällt. Sie können deswegen nicht verfolgt werden. Jch nehme es auf mich, diese Akten kassieren zu lassen. Aber das andere! Das ist traurig, das ist schwer! Wenn es zur Anzeige kommt, sind Sie verloren."
Torm sprang auf.
Löſung.
hatte ſie ihn verlaſſen und war zu ihrem Manne geeilt. Ein tiefer, bitterer Schmerz gekränkter Liebe durch- zuckte ihn. Durch Jahre hatte ſie ihn in hoffnungs- froher Freundſchaft gehalten, bis die Erwartung des nahen Glücks ihn ganz eingenommen, und jetzt — nun war er ihr nichts mehr. Das war Jsma! Ja, er konnte ſich rächen. Er konnte auch — — Und durfte er denn ſchweigen? Durfte er Torm, nun er um ſein Verbrechen wußte, unbehelligt ziehen laſſen? Jhn der Gattin zurückgeben und ſie in ihrem Glücke ſchützen? Und wie dann den Gedanken an ſie ertragen?
Torm hatte längſt geendet. Ell ſaß noch immer, den Kopf in die Hand geſtützt, die ſeine Augen be- ſchattete, ohne zu ſprechen. Torm wartete geduldig, obwohl ſein Herz pochte. Denn jetzt mußte ſich alles entſcheiden.
Endlich richtete ſich Ell auf und blickte Torm an. Er begann ruhig, faſt gleichgiltig:
„Jhr Prozeß am Pol und was damit zuſammen- hängt, die Entwendung des Sauerſtoffs — wovon übrigens nichts bekannt geworden iſt — die unerlaubte Benutzung des Luftſchiffs zur Flucht — darüber können Sie beruhigt ſein. Jch ſehe dies als eine zuſammen- hängende einzige Handlung an, die unter die Friedens- amneſtie fällt. Sie können deswegen nicht verfolgt werden. Jch nehme es auf mich, dieſe Akten kaſſieren zu laſſen. Aber das andere! Das iſt traurig, das iſt ſchwer! Wenn es zur Anzeige kommt, ſind Sie verloren.‟
Torm ſprang auf.
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Löſung.
hatte ſie ihn verlaſſen und war zu ihrem Manne geeilt.
Ein tiefer, bitterer Schmerz gekränkter Liebe durch-
zuckte ihn. Durch Jahre hatte ſie ihn in hoffnungs-
froher Freundſchaft gehalten, bis die Erwartung des
nahen Glücks ihn ganz eingenommen, und jetzt — nun
war er ihr nichts mehr. Das war Jsma! Ja, er
konnte ſich rächen. Er konnte auch — — Und durfte
er denn ſchweigen? Durfte er Torm, nun er um ſein
Verbrechen wußte, unbehelligt ziehen laſſen? Jhn der
Gattin zurückgeben und ſie in ihrem Glücke ſchützen?
Und wie dann den Gedanken an ſie ertragen?
Torm hatte längſt geendet. Ell ſaß noch immer,
den Kopf in die Hand geſtützt, die ſeine Augen be-
ſchattete, ohne zu ſprechen. Torm wartete geduldig,
obwohl ſein Herz pochte. Denn jetzt mußte ſich alles
entſcheiden.
Endlich richtete ſich Ell auf und blickte Torm an.
Er begann ruhig, faſt gleichgiltig:
„Jhr Prozeß am Pol und was damit zuſammen-
hängt, die Entwendung des Sauerſtoffs — wovon
übrigens nichts bekannt geworden iſt — die unerlaubte
Benutzung des Luftſchiffs zur Flucht — darüber können
Sie beruhigt ſein. Jch ſehe dies als eine zuſammen-
hängende einzige Handlung an, die unter die Friedens-
amneſtie fällt. Sie können deswegen nicht verfolgt
werden. Jch nehme es auf mich, dieſe Akten kaſſieren
zu laſſen. Aber das andere! Das iſt traurig, das
iſt ſchwer! Wenn es zur Anzeige kommt, ſind Sie
verloren.‟
Torm ſprang auf.
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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