Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.Mars-Politiker. glaubte, war es nicht allein die Eine gewesen, in derer die Menschheit liebte? Was hielt ihn noch an dem barbarischen Planeten? Das Andenken seiner Mutter? Sie war dahin; dieses Andenken blieb ihm überall. Und die tiefblauen Augen der heißgeliebten Frau, deren weltfernes Leuchten durch all die Jahre hindurch mit unverminderter Kraft in seinem Herzen gewirkt hatte? Sie wirkten fort und fort mit ihrer zarten Gewalt, -- die teuren milden Züge, von denen ein glückliches Lächeln zu gewinnen sein steter Gedanke, für die er nahe daran gewesen war, seine Numenheit zu vergessen, um sie zu erobern mit den Mitteln der Menschen für sich und um ihretwillen ein Mensch zu werden wie die andern! Und jetzt, jetzt konnte er dies sicherer wie je, nie war er diesem Ziele näher gewesen. Aber diese Frau war hierhergekommen, weil sie aus- gezogen war ihren Mann zu suchen, und er hatte sich ihr gelobt, ihn finden zu helfen. Sie wird ihn finden, und drunten in Friedau oder in einer andern Stadt, wohin der Ruhm des Polentdeckers sie führen würde, da wird sie glücklich sein und der Reise nach dem Mars und des fernen Freundes gedenken wie eines Traumes, der zerronnen ist. Und er? Sollte er weiter leben dort unten, um eine flüchtige Stunde ihrer Nähe zu gewinnen, um sich zu versichern, daß er zu ihr ge- höre, wie ein teures Schmuckstück ihres Daseins? Sollte er wieder zwischen diesen engherzigen Schlau- köpfen wandeln, um ihre ganze, verständnislose Wirt- schaft zu verachten? Nein, nun er die Freiheit der Heimat gekostet Mars-Politiker. glaubte, war es nicht allein die Eine geweſen, in derer die Menſchheit liebte? Was hielt ihn noch an dem barbariſchen Planeten? Das Andenken ſeiner Mutter? Sie war dahin; dieſes Andenken blieb ihm überall. Und die tiefblauen Augen der heißgeliebten Frau, deren weltfernes Leuchten durch all die Jahre hindurch mit unverminderter Kraft in ſeinem Herzen gewirkt hatte? Sie wirkten fort und fort mit ihrer zarten Gewalt, — die teuren milden Züge, von denen ein glückliches Lächeln zu gewinnen ſein ſteter Gedanke, für die er nahe daran geweſen war, ſeine Numenheit zu vergeſſen, um ſie zu erobern mit den Mitteln der Menſchen für ſich und um ihretwillen ein Menſch zu werden wie die andern! Und jetzt, jetzt konnte er dies ſicherer wie je, nie war er dieſem Ziele näher geweſen. Aber dieſe Frau war hierhergekommen, weil ſie aus- gezogen war ihren Mann zu ſuchen, und er hatte ſich ihr gelobt, ihn finden zu helfen. Sie wird ihn finden, und drunten in Friedau oder in einer andern Stadt, wohin der Ruhm des Polentdeckers ſie führen würde, da wird ſie glücklich ſein und der Reiſe nach dem Mars und des fernen Freundes gedenken wie eines Traumes, der zerronnen iſt. Und er? Sollte er weiter leben dort unten, um eine flüchtige Stunde ihrer Nähe zu gewinnen, um ſich zu verſichern, daß er zu ihr ge- höre, wie ein teures Schmuckſtück ihres Daſeins? Sollte er wieder zwiſchen dieſen engherzigen Schlau- köpfen wandeln, um ihre ganze, verſtändnisloſe Wirt- ſchaft zu verachten? Nein, nun er die Freiheit der Heimat gekoſtet <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0083" n="75"/><fw place="top" type="header">Mars-Politiker.</fw><lb/> glaubte, war es nicht allein die Eine geweſen, in der<lb/> er die Menſchheit liebte? Was hielt ihn noch an<lb/> dem barbariſchen Planeten? Das Andenken ſeiner<lb/> Mutter? Sie war dahin; dieſes Andenken blieb ihm<lb/> überall. Und die tiefblauen Augen der heißgeliebten<lb/> Frau, deren weltfernes Leuchten durch all die Jahre<lb/> hindurch mit unverminderter Kraft in ſeinem Herzen<lb/> gewirkt hatte? Sie wirkten fort und fort mit ihrer<lb/> zarten Gewalt, — die teuren milden Züge, von denen ein<lb/> glückliches Lächeln zu gewinnen ſein ſteter Gedanke,<lb/> für die er nahe daran geweſen war, ſeine Numenheit<lb/> zu vergeſſen, um ſie zu erobern mit den Mitteln der<lb/> Menſchen für ſich und um ihretwillen ein Menſch zu<lb/> werden wie die andern! Und jetzt, jetzt konnte er dies<lb/> ſicherer wie je, nie war er dieſem Ziele näher geweſen.<lb/> Aber dieſe Frau war hierhergekommen, weil ſie aus-<lb/> gezogen war ihren Mann zu ſuchen, und er hatte ſich<lb/> ihr gelobt, ihn finden zu helfen. Sie wird ihn finden,<lb/> und drunten in Friedau oder in einer andern Stadt,<lb/> wohin der Ruhm des Polentdeckers ſie führen würde,<lb/> da wird ſie glücklich ſein und der Reiſe nach dem Mars<lb/> und des fernen Freundes gedenken wie eines Traumes,<lb/> der zerronnen iſt. Und er? Sollte er weiter leben<lb/> dort unten, um eine flüchtige Stunde ihrer Nähe zu<lb/> gewinnen, um ſich zu verſichern, daß er zu ihr ge-<lb/> höre, wie ein teures Schmuckſtück ihres Daſeins?<lb/> Sollte er wieder zwiſchen dieſen engherzigen Schlau-<lb/> köpfen wandeln, um ihre ganze, verſtändnisloſe Wirt-<lb/> ſchaft zu verachten?</p><lb/> <p>Nein, nun er die Freiheit der Heimat gekoſtet<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0083]
Mars-Politiker.
glaubte, war es nicht allein die Eine geweſen, in der
er die Menſchheit liebte? Was hielt ihn noch an
dem barbariſchen Planeten? Das Andenken ſeiner
Mutter? Sie war dahin; dieſes Andenken blieb ihm
überall. Und die tiefblauen Augen der heißgeliebten
Frau, deren weltfernes Leuchten durch all die Jahre
hindurch mit unverminderter Kraft in ſeinem Herzen
gewirkt hatte? Sie wirkten fort und fort mit ihrer
zarten Gewalt, — die teuren milden Züge, von denen ein
glückliches Lächeln zu gewinnen ſein ſteter Gedanke,
für die er nahe daran geweſen war, ſeine Numenheit
zu vergeſſen, um ſie zu erobern mit den Mitteln der
Menſchen für ſich und um ihretwillen ein Menſch zu
werden wie die andern! Und jetzt, jetzt konnte er dies
ſicherer wie je, nie war er dieſem Ziele näher geweſen.
Aber dieſe Frau war hierhergekommen, weil ſie aus-
gezogen war ihren Mann zu ſuchen, und er hatte ſich
ihr gelobt, ihn finden zu helfen. Sie wird ihn finden,
und drunten in Friedau oder in einer andern Stadt,
wohin der Ruhm des Polentdeckers ſie führen würde,
da wird ſie glücklich ſein und der Reiſe nach dem Mars
und des fernen Freundes gedenken wie eines Traumes,
der zerronnen iſt. Und er? Sollte er weiter leben
dort unten, um eine flüchtige Stunde ihrer Nähe zu
gewinnen, um ſich zu verſichern, daß er zu ihr ge-
höre, wie ein teures Schmuckſtück ihres Daſeins?
Sollte er wieder zwiſchen dieſen engherzigen Schlau-
köpfen wandeln, um ihre ganze, verſtändnisloſe Wirt-
ſchaft zu verachten?
Nein, nun er die Freiheit der Heimat gekoſtet
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