Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.
Aus dem Tagebuche einer Ameise. mit Not und Elend sich ein neues Dasein zu gründen-- und anders wäre es nicht möglich, das wissen Sie. Und daß ich auch die Meinigen für immer verlieren würde, wenn ich Jhnen, dem Fremden, dem Anders- gläubigen folgte -- Nein, es kann nicht sein, und Sie können es auch nicht, wenn Sie wollten. Jhre Liebe ist nicht für die Ewigkeit. Sie werden Lydia bald ver- gessen. Jch weiß, die Zeit ist nicht fern, in welcher ein anderes Bild das meinige aus Jhrem Herzen verdrängt -- -- Werden Sie glücklich, es ist besser so. Jch weiß, wie schuldig ich bin, ich durfte Sie nicht Schreiben Sie mir nicht wieder, an meinem Ent- Lydia. Jch dachte immer, Liebe sei der Jnstinkt, wodurch Aus dem Tagebuche einer Ameiſe. mit Not und Elend ſich ein neues Daſein zu gründen— und anders wäre es nicht möglich, das wiſſen Sie. Und daß ich auch die Meinigen für immer verlieren würde, wenn ich Jhnen, dem Fremden, dem Anders- gläubigen folgte — Nein, es kann nicht ſein, und Sie können es auch nicht, wenn Sie wollten. Jhre Liebe iſt nicht für die Ewigkeit. Sie werden Lydia bald ver- geſſen. Jch weiß, die Zeit iſt nicht fern, in welcher ein anderes Bild das meinige aus Jhrem Herzen verdrängt — — Werden Sie glücklich, es iſt beſſer ſo. Jch weiß, wie ſchuldig ich bin, ich durfte Sie nicht Schreiben Sie mir nicht wieder, an meinem Ent- Lydia. Jch dachte immer, Liebe ſei der Jnſtinkt, wodurch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0111" n="105"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.</hi></fw><lb/> mit Not und Elend ſich ein neues Daſein zu gründen<lb/> — und anders wäre es nicht möglich, das wiſſen Sie.<lb/> Und daß ich auch die Meinigen für immer verlieren<lb/> würde, wenn ich Jhnen, dem Fremden, dem Anders-<lb/> gläubigen folgte — Nein, es kann nicht ſein, und Sie<lb/> können es auch nicht, wenn Sie wollten. Jhre Liebe<lb/> iſt nicht für die Ewigkeit. Sie werden Lydia bald ver-<lb/> geſſen. Jch weiß, die Zeit iſt nicht fern, in welcher<lb/> ein anderes Bild das meinige aus Jhrem Herzen<lb/> verdrängt — — Werden Sie glücklich, es iſt<lb/> beſſer ſo.</p><lb/> <p>Jch weiß, wie ſchuldig ich bin, ich durfte Sie nicht<lb/> anhören, wenn Sie ſo lieb ſprachen — aber Gott weiß<lb/> in Jhrer Nähe hatte ich alles vergeſſen, was ich ſagen<lb/> wollte und mußte. Verzeihen Sie mir. Nie werde ich<lb/> wieder gegen einen Mann freundlich ſein, das ſei meine<lb/> Buße. Jch liebe Sie, ich will Sie lieben wie einen<lb/> Freund und Bruder und Jhnen mein Leben lang danken<lb/> für die glücklichen, unendlich glücklichen Stunden Jhrer<lb/> Liebe. Jetzt ſind wir frei, eine Zentnerlaſt fällt mir<lb/> vom Herzen, da ich es Jhnen geſagt habe.</p><lb/> <p>Schreiben Sie mir nicht wieder, an meinem Ent-<lb/> ſchluſſe können Sie nichts ändern, es könnte nur zu<lb/> einer Entdeckung führen.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Lydia.</hi> </p> </div> </body> </floatingText><lb/> <p>Jch dachte immer, Liebe ſei der Jnſtinkt, wodurch<lb/> man etwas allem anderen vorzieht; nun ſah ich, daß<lb/> Liebe die Menſchen von einander treibt. Das verſtehe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0111]
Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.
mit Not und Elend ſich ein neues Daſein zu gründen
— und anders wäre es nicht möglich, das wiſſen Sie.
Und daß ich auch die Meinigen für immer verlieren
würde, wenn ich Jhnen, dem Fremden, dem Anders-
gläubigen folgte — Nein, es kann nicht ſein, und Sie
können es auch nicht, wenn Sie wollten. Jhre Liebe
iſt nicht für die Ewigkeit. Sie werden Lydia bald ver-
geſſen. Jch weiß, die Zeit iſt nicht fern, in welcher
ein anderes Bild das meinige aus Jhrem Herzen
verdrängt — — Werden Sie glücklich, es iſt
beſſer ſo.
Jch weiß, wie ſchuldig ich bin, ich durfte Sie nicht
anhören, wenn Sie ſo lieb ſprachen — aber Gott weiß
in Jhrer Nähe hatte ich alles vergeſſen, was ich ſagen
wollte und mußte. Verzeihen Sie mir. Nie werde ich
wieder gegen einen Mann freundlich ſein, das ſei meine
Buße. Jch liebe Sie, ich will Sie lieben wie einen
Freund und Bruder und Jhnen mein Leben lang danken
für die glücklichen, unendlich glücklichen Stunden Jhrer
Liebe. Jetzt ſind wir frei, eine Zentnerlaſt fällt mir
vom Herzen, da ich es Jhnen geſagt habe.
Schreiben Sie mir nicht wieder, an meinem Ent-
ſchluſſe können Sie nichts ändern, es könnte nur zu
einer Entdeckung führen.
Lydia.
Jch dachte immer, Liebe ſei der Jnſtinkt, wodurch
man etwas allem anderen vorzieht; nun ſah ich, daß
Liebe die Menſchen von einander treibt. Das verſtehe
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| Zitationshilfe: | Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/111>, abgerufen am 04.12.2024. |
