Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Tröpfchen. Der Parasit Mystozoon Schleiermeier und dessen Das waren schlimme Tage für Tröpfchen in dem "Was ist der Mensch?" fragte es die Bacillen. "Unsere Hoffnung." "So seid Jhr das Leben?" "Wir waren es und wir werden es." "Und was seid Jhr jetzt?" "Der Tod." Tröpfchen. Der Paraſit Mystozoon Schleiermeier und deſſen Das waren ſchlimme Tage für Tröpfchen in dem „Was iſt der Menſch?“ fragte es die Bacillen. „Unſere Hoffnung.“ „So ſeid Jhr das Leben?“ „Wir waren es und wir werden es.“ „Und was ſeid Jhr jetzt?“ „Der Tod.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0244" n="238"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Tröpfchen.</hi> </fw><lb/> <p>Der Paraſit <hi rendition="#aq">Mystozoon Schleiermeier</hi> und deſſen<lb/> Paraſit <hi rendition="#aq">Ursula clarior</hi> und deſſen Paraſit, der Punkt-<lb/> bacillus, waren über die Möglichkeit eines Welt-<lb/> unterganges noch nicht im Klaren, als Tröpfchen ſie<lb/> aus den Augen verlor. Denn die Frau nahm das<lb/> Glas, hielt es gegen das Licht und ſagte: „Es ſcheint<lb/> nur Waſſer.“ Sie roch daran. „Aber es ſtinkt.“ Und<lb/> damit hatte ſie es in den Eimer gegoſſen.</p><lb/> <p>Das waren ſchlimme Tage für Tröpfchen in dem<lb/> finſtern Kanale und in dem Klärbecken, wo ſich der<lb/> Unrat der ganzen Stadt abſetzte. Wo iſt nun die<lb/> Welt? fragte es ſich. War es die Spinne? Aber die iſt<lb/> ja zertreten. Und wie iſt die Welt entſtanden? Dieſer<lb/> Menſch mit den Bacillen war offenbar nicht der<lb/> Anſicht, daß die Sache gerade ſo zugegangen ſei, wie<lb/> Tröpfchen in der Schule gelernt hatte. Wer hatte<lb/> nun Recht? Soviel iſt klar, dachte Tröpfchen, die<lb/> Menſchen wiſſen ſelbſt nichts. Wie ſollten ſie auch, da<lb/> ſich doch ſelbſt die Spinne geirrt zu haben ſchien. Was<lb/> iſt der Menſch? Nicht einmal ein Bacillus? Nun,<lb/> Bakterien gab es hier genug, und Tröpfchen wußte ja<lb/> jetzt, wie ſie ausſahen. Vielleicht konnte es von ihnen<lb/> etwas erfahren. Sie ſchienen allerdings recht einſilbig.</p><lb/> <p>„Was iſt der Menſch?“ fragte es die Bacillen.</p><lb/> <p>„Unſere Hoffnung.“</p><lb/> <p>„So ſeid Jhr das Leben?“</p><lb/> <p>„Wir waren es und wir werden es.“</p><lb/> <p>„Und was ſeid Jhr jetzt?“</p><lb/> <p>„Der Tod.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [238/0244]
Tröpfchen.
Der Paraſit Mystozoon Schleiermeier und deſſen
Paraſit Ursula clarior und deſſen Paraſit, der Punkt-
bacillus, waren über die Möglichkeit eines Welt-
unterganges noch nicht im Klaren, als Tröpfchen ſie
aus den Augen verlor. Denn die Frau nahm das
Glas, hielt es gegen das Licht und ſagte: „Es ſcheint
nur Waſſer.“ Sie roch daran. „Aber es ſtinkt.“ Und
damit hatte ſie es in den Eimer gegoſſen.
Das waren ſchlimme Tage für Tröpfchen in dem
finſtern Kanale und in dem Klärbecken, wo ſich der
Unrat der ganzen Stadt abſetzte. Wo iſt nun die
Welt? fragte es ſich. War es die Spinne? Aber die iſt
ja zertreten. Und wie iſt die Welt entſtanden? Dieſer
Menſch mit den Bacillen war offenbar nicht der
Anſicht, daß die Sache gerade ſo zugegangen ſei, wie
Tröpfchen in der Schule gelernt hatte. Wer hatte
nun Recht? Soviel iſt klar, dachte Tröpfchen, die
Menſchen wiſſen ſelbſt nichts. Wie ſollten ſie auch, da
ſich doch ſelbſt die Spinne geirrt zu haben ſchien. Was
iſt der Menſch? Nicht einmal ein Bacillus? Nun,
Bakterien gab es hier genug, und Tröpfchen wußte ja
jetzt, wie ſie ausſahen. Vielleicht konnte es von ihnen
etwas erfahren. Sie ſchienen allerdings recht einſilbig.
„Was iſt der Menſch?“ fragte es die Bacillen.
„Unſere Hoffnung.“
„So ſeid Jhr das Leben?“
„Wir waren es und wir werden es.“
„Und was ſeid Jhr jetzt?“
„Der Tod.“
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