Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Selbstbiographische Studien. Gründung von Produktivgenossenschaften. Wieviel Müheund Not macht es nicht dem Einzeljüngling, die nötigen Reime für seine zarten Gefühle aufzufinden, unter den Fenstern seiner heimlichen Flamme einherzustolzieren, die trüben Stunden, welche auf zu reichlichen Biergenuß folgen, mit Grübeleien über das zweifelhafte Los der Menschheit auszufüllen! Und wieviel kostbare Zeit der unwiederbringlichen Jugend geht dadurch verloren! Es ist einleuchtend, daß eine Organisation dieser soge- nannten unentbehrlichen Jugendthorheiten dringend not thut, damit dieselben im großen betrieben werden können, was jedem Einzelnen bedeutend billiger kommen würde. Alle volkswirtschaftlichen Analogien sprechen dafür. Um aber derartige Anstalten gründen zu können, Selbſtbiographiſche Studien. Gründung von Produktivgenoſſenſchaften. Wieviel Müheund Not macht es nicht dem Einzeljüngling, die nötigen Reime für ſeine zarten Gefühle aufzufinden, unter den Fenſtern ſeiner heimlichen Flamme einherzuſtolzieren, die trüben Stunden, welche auf zu reichlichen Biergenuß folgen, mit Grübeleien über das zweifelhafte Los der Menſchheit auszufüllen! Und wieviel koſtbare Zeit der unwiederbringlichen Jugend geht dadurch verloren! Es iſt einleuchtend, daß eine Organiſation dieſer ſoge- nannten unentbehrlichen Jugendthorheiten dringend not thut, damit dieſelben im großen betrieben werden können, was jedem Einzelnen bedeutend billiger kommen würde. Alle volkswirtſchaftlichen Analogien ſprechen dafür. Um aber derartige Anſtalten gründen zu können, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0254" n="248"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Selbſtbiographiſche Studien.</hi></fw><lb/> Gründung von Produktivgenoſſenſchaften. Wieviel Mühe<lb/> und Not macht es nicht dem Einzeljüngling, die nötigen<lb/> Reime für ſeine zarten Gefühle aufzufinden, unter den<lb/> Fenſtern ſeiner heimlichen Flamme einherzuſtolzieren,<lb/> die trüben Stunden, welche auf zu reichlichen Biergenuß<lb/> folgen, mit Grübeleien über das zweifelhafte Los der<lb/> Menſchheit auszufüllen! Und wieviel koſtbare Zeit der<lb/> unwiederbringlichen Jugend geht dadurch verloren! Es<lb/> iſt einleuchtend, daß eine Organiſation dieſer ſoge-<lb/> nannten unentbehrlichen Jugendthorheiten dringend<lb/> not thut, damit dieſelben im großen betrieben werden<lb/> können, was jedem Einzelnen bedeutend billiger kommen<lb/> würde. Alle volkswirtſchaftlichen Analogien ſprechen<lb/> dafür.</p><lb/> <p>Um aber derartige Anſtalten gründen zu können,<lb/> müßte man zunächſt auf ſtatiſtiſchem Wege genau feſt-<lb/> geſtellt haben, wieviel Zeit der Normaljüngling mit<lb/> lyriſchen Gedichten, mit Fenſterpromenaden und mit<lb/> grauem Elende konſumiert. Und das iſt nur möglich<lb/> durch obligatoriſche Einführung <hi rendition="#g">autobiographiſcher<lb/> Jahresberichte.</hi> Dieſelben ſind nach einem Normal-<lb/> ſchema anzulegen, und das ſtatiſtiſche Bureau für Normal-<lb/> pſychologie hätte dann aus allen Einzelbeobachtungen<lb/> das arithmetiſche Mittel zu nehmen. Die ſo gewonnene<lb/> lyriſche, erotiſche und katerologiſche Normalzeit wird<lb/> alsdann in den zu gründenden Centralanſtalten in ge-<lb/> meinſchaftlichen Übungen verbracht, und es würde allen<lb/> ſtatiſtiſchen Anſichten Hohn ſprechen, wenn nicht dadurch<lb/> für die künftige Generation eine weſentliche Verein-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0254]
Selbſtbiographiſche Studien.
Gründung von Produktivgenoſſenſchaften. Wieviel Mühe
und Not macht es nicht dem Einzeljüngling, die nötigen
Reime für ſeine zarten Gefühle aufzufinden, unter den
Fenſtern ſeiner heimlichen Flamme einherzuſtolzieren,
die trüben Stunden, welche auf zu reichlichen Biergenuß
folgen, mit Grübeleien über das zweifelhafte Los der
Menſchheit auszufüllen! Und wieviel koſtbare Zeit der
unwiederbringlichen Jugend geht dadurch verloren! Es
iſt einleuchtend, daß eine Organiſation dieſer ſoge-
nannten unentbehrlichen Jugendthorheiten dringend
not thut, damit dieſelben im großen betrieben werden
können, was jedem Einzelnen bedeutend billiger kommen
würde. Alle volkswirtſchaftlichen Analogien ſprechen
dafür.
Um aber derartige Anſtalten gründen zu können,
müßte man zunächſt auf ſtatiſtiſchem Wege genau feſt-
geſtellt haben, wieviel Zeit der Normaljüngling mit
lyriſchen Gedichten, mit Fenſterpromenaden und mit
grauem Elende konſumiert. Und das iſt nur möglich
durch obligatoriſche Einführung autobiographiſcher
Jahresberichte. Dieſelben ſind nach einem Normal-
ſchema anzulegen, und das ſtatiſtiſche Bureau für Normal-
pſychologie hätte dann aus allen Einzelbeobachtungen
das arithmetiſche Mittel zu nehmen. Die ſo gewonnene
lyriſche, erotiſche und katerologiſche Normalzeit wird
alsdann in den zu gründenden Centralanſtalten in ge-
meinſchaftlichen Übungen verbracht, und es würde allen
ſtatiſtiſchen Anſichten Hohn ſprechen, wenn nicht dadurch
für die künftige Generation eine weſentliche Verein-
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