Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Epilog. Nicht unmündig genug endlich den Leser gemacht?Ach, es glaubt euch jeglicher Mann und jegliches Weiblein; Was die Revne gebracht, reden sie selber sich ein. Herrliche Weisheit tagt im Gespräch. Die Werke der Meister Liegen verstaubt. Man liest über sie besser und mehr. Und dann sitzt das kluge Geschöpf studierend im Walde; Wie die Natur es ergreift, will es aus Büchern ersehn. -- Hat der verschlungene Weg mich genarrt? Hier bin ich am Anfang, Zwischen den Bäumen hindurch schimmert mir wieder die Bank. Jmmer noch weilt die Lesende dort. Doch -- täuscht mich das Auge? Auf die Schulter geneigt hält sie das Köpfchen und ruht, Nachzudenken vielleicht? Darf ich die Sinnende stören? Oder -- -- Himmel! Sie schläft! Friedlich entglitt ihr das Buch, Und du siegtest, Natur! Den Autor zwangst du zu Boden, Und die Frevlerin selbst hüllst du in strafende Nacht. Dank sei dir! Du rächtest auch mich. Still schleich' ich vorüber -- Nur den Titel --? Es ist -- Götter! -- mein eigenes Werk! Epilog. Nicht unmündig genug endlich den Leſer gemacht?Ach, es glaubt euch jeglicher Mann und jegliches Weiblein; Was die Revne gebracht, reden ſie ſelber ſich ein. Herrliche Weisheit tagt im Geſpräch. Die Werke der Meiſter Liegen verſtaubt. Man lieſt über ſie beſſer und mehr. Und dann ſitzt das kluge Geſchöpf ſtudierend im Walde; Wie die Natur es ergreift, will es aus Büchern erſehn. — Hat der verſchlungene Weg mich genarrt? Hier bin ich am Anfang, Zwiſchen den Bäumen hindurch ſchimmert mir wieder die Bank. Jmmer noch weilt die Leſende dort. Doch — täuſcht mich das Auge? Auf die Schulter geneigt hält ſie das Köpfchen und ruht, Nachzudenken vielleicht? Darf ich die Sinnende ſtören? Oder — — Himmel! Sie ſchläft! Friedlich entglitt ihr das Buch, Und du ſiegteſt, Natur! Den Autor zwangſt du zu Boden, Und die Frevlerin ſelbſt hüllſt du in ſtrafende Nacht. Dank ſei dir! Du rächteſt auch mich. Still ſchleich’ ich vorüber — Nur den Titel —? Es iſt — Götter! — mein eigenes Werk! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0267" n="261"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Epilog.</hi> </fw><lb/> <l>Nicht unmündig genug endlich den Leſer gemacht?</l><lb/> <l>Ach, es glaubt euch jeglicher Mann und jegliches Weiblein;</l><lb/> <l>Was die Revne gebracht, reden ſie ſelber ſich ein.</l><lb/> <l>Herrliche Weisheit tagt im Geſpräch. Die Werke der Meiſter</l><lb/> <l>Liegen verſtaubt. Man lieſt <hi rendition="#g">über</hi> ſie beſſer und mehr.</l><lb/> <l>Und dann ſitzt das kluge Geſchöpf ſtudierend im Walde;</l><lb/> <l>Wie die Natur es ergreift, will es aus Büchern erſehn. —</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>Hat der verſchlungene Weg mich genarrt? Hier bin ich am Anfang,</l><lb/> <l>Zwiſchen den Bäumen hindurch ſchimmert mir wieder die Bank.</l><lb/> <l>Jmmer noch weilt die Leſende dort. Doch — täuſcht mich das Auge?</l><lb/> <l>Auf die Schulter geneigt hält ſie das Köpfchen und ruht,</l><lb/> <l>Nachzudenken vielleicht? Darf ich die Sinnende ſtören?</l><lb/> <l>Oder — — Himmel! Sie ſchläft! Friedlich entglitt ihr das Buch,</l><lb/> <l>Und du ſiegteſt, Natur! Den Autor zwangſt du zu Boden,</l><lb/> <l>Und die Frevlerin ſelbſt hüllſt du in ſtrafende Nacht.</l><lb/> <l>Dank ſei dir! Du rächteſt auch mich. Still ſchleich’ ich vorüber —</l><lb/> <l>Nur den Titel —? Es iſt — Götter! — mein eigenes Werk!</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [261/0267]
Epilog.
Nicht unmündig genug endlich den Leſer gemacht?
Ach, es glaubt euch jeglicher Mann und jegliches Weiblein;
Was die Revne gebracht, reden ſie ſelber ſich ein.
Herrliche Weisheit tagt im Geſpräch. Die Werke der Meiſter
Liegen verſtaubt. Man lieſt über ſie beſſer und mehr.
Und dann ſitzt das kluge Geſchöpf ſtudierend im Walde;
Wie die Natur es ergreift, will es aus Büchern erſehn. —
Hat der verſchlungene Weg mich genarrt? Hier bin ich am Anfang,
Zwiſchen den Bäumen hindurch ſchimmert mir wieder die Bank.
Jmmer noch weilt die Leſende dort. Doch — täuſcht mich das Auge?
Auf die Schulter geneigt hält ſie das Köpfchen und ruht,
Nachzudenken vielleicht? Darf ich die Sinnende ſtören?
Oder — — Himmel! Sie ſchläft! Friedlich entglitt ihr das Buch,
Und du ſiegteſt, Natur! Den Autor zwangſt du zu Boden,
Und die Frevlerin ſelbſt hüllſt du in ſtrafende Nacht.
Dank ſei dir! Du rächteſt auch mich. Still ſchleich’ ich vorüber —
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