Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Aladdins Wunderlampe. Materie von einem Ort an den andern übertragen. Dennwas wir Stoff nennen, ist nichts Anderes, als eine beson- dere Form der Äther-Energie. Hier dieser Körper, dieses Metall, dieser Muskel, dieser Nerv werden in einer fortgeschrittenen Zukunft in elektrische Schwingungen um- gewandelt und fortgeleitet werden, so daß sie an einem beliebigen Orte wieder zum Vorschein kommen. Diese Geister können bereits jetzt, was wir in Jahrtausenden selbst können werden. Was thut denn der Geist der Lampe? Er bringt Speisen, Schätze, Sklaven, er ver- setzt den Bräutigam der Kalifentochter in der Braut- nacht an einen nicht näher zu bezeichnenden Ort, wo er ihn auf den Kopf stellt; er erbaut in einer Nacht einen Palast und translociert ihn nach Afrika und zurück. Das Alles läßt sich wissenschaftlich erklären durch das einfache Prinzip der Telephorie der Materie. Dieses Prinzip erscheint uns nur wunderbar, weil es noch un- gewohnt ist; aber neu ist ja nur die Geschwindigkeit der Übertragung. Auch wir bauen Paläste und ver- rücken Stadtviertel; daß der Geist in kurzer Zeit durch große Distanzen wirkt, ist nur ein quantitativer Unter- schied. Dafür steht er auf einem höheren Kulturstand- punkte. Dies erklärt auch, daß er Menschen zu ver- setzen vermag. Er ist mit der Abtrennung des trans- scentendalen Bewußtseins vertraut und organisiert schnell einen zweiten Körper, das Phantom, welches er an einem andern Orte erscheinen läßt. Dieses Ver- fahren ist unter dem Namen Majava-Rupa in Jndien seit den ältesten Zeiten bekannt. Die Mög- Aladdins Wunderlampe. Materie von einem Ort an den andern übertragen. Dennwas wir Stoff nennen, iſt nichts Anderes, als eine beſon- dere Form der Äther-Energie. Hier dieſer Körper, dieſes Metall, dieſer Muskel, dieſer Nerv werden in einer fortgeſchrittenen Zukunft in elektriſche Schwingungen um- gewandelt und fortgeleitet werden, ſo daß ſie an einem beliebigen Orte wieder zum Vorſchein kommen. Dieſe Geiſter können bereits jetzt, was wir in Jahrtauſenden ſelbſt können werden. Was thut denn der Geiſt der Lampe? Er bringt Speiſen, Schätze, Sklaven, er ver- ſetzt den Bräutigam der Kalifentochter in der Braut- nacht an einen nicht näher zu bezeichnenden Ort, wo er ihn auf den Kopf ſtellt; er erbaut in einer Nacht einen Palaſt und translociert ihn nach Afrika und zurück. Das Alles läßt ſich wiſſenſchaftlich erklären durch das einfache Prinzip der Telephorie der Materie. Dieſes Prinzip erſcheint uns nur wunderbar, weil es noch un- gewohnt iſt; aber neu iſt ja nur die Geſchwindigkeit der Übertragung. Auch wir bauen Paläſte und ver- rücken Stadtviertel; daß der Geiſt in kurzer Zeit durch große Diſtanzen wirkt, iſt nur ein quantitativer Unter- ſchied. Dafür ſteht er auf einem höheren Kulturſtand- punkte. Dies erklärt auch, daß er Menſchen zu ver- ſetzen vermag. Er iſt mit der Abtrennung des trans- ſcentendalen Bewußtſeins vertraut und organiſiert ſchnell einen zweiten Körper, das Phantom, welches er an einem andern Orte erſcheinen läßt. Dieſes Ver- fahren iſt unter dem Namen Majava-Rupa in Jndien ſeit den älteſten Zeiten bekannt. Die Mög- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="66"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Aladdins Wunderlampe.</hi></fw><lb/> Materie von einem Ort an den andern übertragen. Denn<lb/> was wir Stoff nennen, iſt nichts Anderes, als eine beſon-<lb/> dere Form der Äther-Energie. Hier dieſer Körper, dieſes<lb/> Metall, dieſer Muskel, dieſer Nerv werden in einer<lb/> fortgeſchrittenen Zukunft in elektriſche Schwingungen um-<lb/> gewandelt und fortgeleitet werden, ſo daß ſie an einem<lb/> beliebigen Orte wieder zum Vorſchein kommen. 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Aladdins Wunderlampe.
Materie von einem Ort an den andern übertragen. Denn
was wir Stoff nennen, iſt nichts Anderes, als eine beſon-
dere Form der Äther-Energie. Hier dieſer Körper, dieſes
Metall, dieſer Muskel, dieſer Nerv werden in einer
fortgeſchrittenen Zukunft in elektriſche Schwingungen um-
gewandelt und fortgeleitet werden, ſo daß ſie an einem
beliebigen Orte wieder zum Vorſchein kommen. Dieſe
Geiſter können bereits jetzt, was wir in Jahrtauſenden
ſelbſt können werden. Was thut denn der Geiſt der
Lampe? Er bringt Speiſen, Schätze, Sklaven, er ver-
ſetzt den Bräutigam der Kalifentochter in der Braut-
nacht an einen nicht näher zu bezeichnenden Ort, wo er
ihn auf den Kopf ſtellt; er erbaut in einer Nacht einen
Palaſt und translociert ihn nach Afrika und zurück.
Das Alles läßt ſich wiſſenſchaftlich erklären durch das
einfache Prinzip der Telephorie der Materie. Dieſes
Prinzip erſcheint uns nur wunderbar, weil es noch un-
gewohnt iſt; aber neu iſt ja nur die Geſchwindigkeit
der Übertragung. Auch wir bauen Paläſte und ver-
rücken Stadtviertel; daß der Geiſt in kurzer Zeit durch
große Diſtanzen wirkt, iſt nur ein quantitativer Unter-
ſchied. Dafür ſteht er auf einem höheren Kulturſtand-
punkte. Dies erklärt auch, daß er Menſchen zu ver-
ſetzen vermag. Er iſt mit der Abtrennung des trans-
ſcentendalen Bewußtſeins vertraut und organiſiert ſchnell
einen zweiten Körper, das Phantom, welches er an
einem andern Orte erſcheinen läßt. Dieſes Ver-
fahren iſt unter dem Namen Majava-Rupa in
Jndien ſeit den älteſten Zeiten bekannt. Die Mög-
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