Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Aus dem Tagebuche einer Ameise. endlich mit seinen blöden Augen die Kapsel erkannte,stürzte er freudig darauf zu und hob sie auf; doch schien er äußerst enttäuscht, als er die Locke nicht darin fand. Die Götzenbilder beachtete er merkwürdiger Weise gar- nicht. Endlich entdeckte er die Locke, wo wir sie verlassen hatten. Er nahm sie auf und drückte sie wiederholt an seine Lippen, dann barg er sie samt der Kapsel sorgfältig in einer Falte seiner Haut. Diesen Vorgang kann ich mir nicht erklären. Was konnte dem Menschen an dem biß- chen Haar liegen, da er selbst einen ganzen Schopf besaß? Es müssen im Menschen noch Vorgänge stattfinden, welche uns unerklärlich sind. Jnstinkt oder Überlegung? Die Götzenbilder schafften wir später mit großer Puppensonne 14. Nachrichten von der Expedition. Es sind ganz un- Aus dem Tagebuche einer Ameiſe. endlich mit ſeinen blöden Augen die Kapſel erkannte,ſtürzte er freudig darauf zu und hob ſie auf; doch ſchien er äußerſt enttäuſcht, als er die Locke nicht darin fand. Die Götzenbilder beachtete er merkwürdiger Weiſe gar- nicht. Endlich entdeckte er die Locke, wo wir ſie verlaſſen hatten. Er nahm ſie auf und drückte ſie wiederholt an ſeine Lippen, dann barg er ſie ſamt der Kapſel ſorgfältig in einer Falte ſeiner Haut. Dieſen Vorgang kann ich mir nicht erklären. Was konnte dem Menſchen an dem biß- chen Haar liegen, da er ſelbſt einen ganzen Schopf beſaß? Es müſſen im Menſchen noch Vorgänge ſtattfinden, welche uns unerklärlich ſind. Jnſtinkt oder Überlegung? Die Götzenbilder ſchafften wir ſpäter mit großer Puppenſonne 14. Nachrichten von der Expedition. Es ſind ganz un- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0095" n="89"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.</hi></fw><lb/> endlich mit ſeinen blöden Augen die Kapſel erkannte,<lb/> ſtürzte er freudig darauf zu und hob ſie auf; doch ſchien<lb/> er äußerſt enttäuſcht, als er die Locke nicht darin fand.<lb/> Die Götzenbilder beachtete er merkwürdiger Weiſe gar-<lb/> nicht. Endlich entdeckte er die Locke, wo wir ſie verlaſſen<lb/> hatten. Er nahm ſie auf und drückte ſie wiederholt an<lb/> ſeine Lippen, dann barg er ſie ſamt der Kapſel ſorgfältig<lb/> in einer Falte ſeiner Haut. Dieſen Vorgang kann ich mir<lb/> nicht erklären. Was konnte dem Menſchen an dem biß-<lb/> chen Haar liegen, da er ſelbſt einen ganzen Schopf beſaß?<lb/> Es müſſen im Menſchen noch Vorgänge ſtattfinden, welche<lb/> uns unerklärlich ſind. Jnſtinkt oder Überlegung?</p><lb/> <p>Die Götzenbilder ſchafften wir ſpäter mit großer<lb/> Mühe in unſern Bau, wo ſie den Grundſtock eines<lb/> Menſchenmuſeums bilden ſollen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Puppenſonne 14.</hi> </head><lb/> <p>Nachrichten von der Expedition. Es ſind ganz un-<lb/> geahnte Entdeckungen gemacht worden. Die Menſchen<lb/> haben außer dem Verkehrsmittel der Tinte in der That<lb/> noch eine andere Sprache mit Hilfe ihrer Kiefern. Die-<lb/> ſelben ſind bei den älteren Weibchen ſtärker entwickelt<lb/> als bei den Männchen. Die beiden eigentümlichen<lb/> Hervorragungen an den Seiten ihres Kopfes dienen<lb/> dazu, die Sprache zu verſtehen. Wir allerdings können<lb/> dieſe nicht wahrnehmen, aber unſere berühmten Phyſiker<lb/> Hlmz und Krch haben ein Jnſtrument erfunden, welches<lb/> die von den menſchlichen Kiefern der Luft mitgeteilten<lb/> Schwingungen in Taſtervibrationen umſetzt und uns<lb/> dadurch verſtändlich macht. Nun iſt alle Ausſicht vor-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0095]
Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.
endlich mit ſeinen blöden Augen die Kapſel erkannte,
ſtürzte er freudig darauf zu und hob ſie auf; doch ſchien
er äußerſt enttäuſcht, als er die Locke nicht darin fand.
Die Götzenbilder beachtete er merkwürdiger Weiſe gar-
nicht. Endlich entdeckte er die Locke, wo wir ſie verlaſſen
hatten. Er nahm ſie auf und drückte ſie wiederholt an
ſeine Lippen, dann barg er ſie ſamt der Kapſel ſorgfältig
in einer Falte ſeiner Haut. Dieſen Vorgang kann ich mir
nicht erklären. Was konnte dem Menſchen an dem biß-
chen Haar liegen, da er ſelbſt einen ganzen Schopf beſaß?
Es müſſen im Menſchen noch Vorgänge ſtattfinden, welche
uns unerklärlich ſind. Jnſtinkt oder Überlegung?
Die Götzenbilder ſchafften wir ſpäter mit großer
Mühe in unſern Bau, wo ſie den Grundſtock eines
Menſchenmuſeums bilden ſollen.
Puppenſonne 14.
Nachrichten von der Expedition. Es ſind ganz un-
geahnte Entdeckungen gemacht worden. Die Menſchen
haben außer dem Verkehrsmittel der Tinte in der That
noch eine andere Sprache mit Hilfe ihrer Kiefern. Die-
ſelben ſind bei den älteren Weibchen ſtärker entwickelt
als bei den Männchen. Die beiden eigentümlichen
Hervorragungen an den Seiten ihres Kopfes dienen
dazu, die Sprache zu verſtehen. Wir allerdings können
dieſe nicht wahrnehmen, aber unſere berühmten Phyſiker
Hlmz und Krch haben ein Jnſtrument erfunden, welches
die von den menſchlichen Kiefern der Luft mitgeteilten
Schwingungen in Taſtervibrationen umſetzt und uns
dadurch verſtändlich macht. Nun iſt alle Ausſicht vor-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |