Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Die Bernsteinhexe. werde Kraft genug haben, Euer doppeltes Spiel zu zer-stören. Wittich (sieht sehr ergrimmt aus). Du bist verrückt, Liese! Liese (lachend). Bin nicht umsonst Eure Schülerin gewesen von meiner Jugend auf, ja, Herr Wittich, wißt Jhr wohl noch, wie alt ich war, als Jhr mich zum ersten Male bei schwüler Frühlingszeit draußen in der Haide überraschtet und mir bei einbrechender Nacht die Sternbilder lehrtet? Oh, Wittich, ich war nicht besser und nicht schlimmer als diese Pfarrdirne, welche Du heute auf andre Manier den- selben Weg führen willst, den Du mich geführt hast! Nicht besser und nicht schlimmer! Und so soll es ihr denn auch nicht besser ergehn, denn mir, aber schlimmer. Denn ich hasse sie, -- und ich quäle Euch, indem ich sie verderbe. Euch zu quälen, stolzer Wittich, ist mein letztes Vergnü- gen auf Erden. Wittich (gleichgültig). Schütte Deine Galle aus, es wird Dich erleichtern -- mischest Du aber ein Wort von Deinem thörichten, un- wahren Geschwätz vor andern Leuten ein, so bring' ich Dich auf den Scheiterhaufen und befreie die Pfarr- jungfer! Liese. Wirklich? Die Bernſteinhexe. werde Kraft genug haben, Euer doppeltes Spiel zu zer-ſtoͤren. Wittich (ſieht ſehr ergrimmt aus). Du biſt verruͤckt, Lieſe! Lieſe (lachend). Bin nicht umſonſt Eure Schuͤlerin geweſen von meiner Jugend auf, ja, Herr Wittich, wißt Jhr wohl noch, wie alt ich war, als Jhr mich zum erſten Male bei ſchwuͤler Fruͤhlingszeit draußen in der Haide uͤberraſchtet und mir bei einbrechender Nacht die Sternbilder lehrtet? Oh, Wittich, ich war nicht beſſer und nicht ſchlimmer als dieſe Pfarrdirne, welche Du heute auf andre Manier den- ſelben Weg fuͤhren willſt, den Du mich gefuͤhrt haſt! Nicht beſſer und nicht ſchlimmer! Und ſo ſoll es ihr denn auch nicht beſſer ergehn, denn mir, aber ſchlimmer. Denn ich haſſe ſie, — und ich quaͤle Euch, indem ich ſie verderbe. Euch zu quaͤlen, ſtolzer Wittich, iſt mein letztes Vergnuͤ- gen auf Erden. Wittich (gleichguͤltig). Schuͤtte Deine Galle aus, es wird Dich erleichtern — miſcheſt Du aber ein Wort von Deinem thoͤrichten, un- wahren Geſchwaͤtz vor andern Leuten ein, ſo bring’ ich Dich auf den Scheiterhaufen und befreie die Pfarr- jungfer! Lieſe. Wirklich? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#LIE"> <p><pb facs="#f0104" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bernſteinhexe</hi>.</fw><lb/> werde Kraft genug haben, Euer doppeltes Spiel zu zer-<lb/> ſtoͤren.</p> </sp><lb/> <sp who="#WIT"> <speaker> <hi rendition="#b">Wittich</hi> </speaker> <stage>(ſieht ſehr ergrimmt aus).</stage><lb/> <p>Du biſt verruͤckt, Lieſe!</p> </sp><lb/> <sp who="#LIE"> <speaker> <hi rendition="#b">Lieſe</hi> </speaker> <stage>(lachend).</stage><lb/> <p>Bin nicht umſonſt Eure Schuͤlerin geweſen von<lb/> meiner Jugend auf, ja, Herr Wittich, wißt Jhr wohl<lb/> noch, wie alt ich war, als Jhr mich zum erſten Male bei<lb/> ſchwuͤler Fruͤhlingszeit draußen in der Haide uͤberraſchtet<lb/> und mir bei einbrechender Nacht die Sternbilder lehrtet?<lb/> Oh, Wittich, ich war nicht beſſer und nicht ſchlimmer als<lb/> dieſe Pfarrdirne, welche Du heute auf andre Manier den-<lb/> ſelben Weg fuͤhren willſt, den Du mich gefuͤhrt haſt! Nicht<lb/> beſſer und nicht ſchlimmer! Und ſo ſoll es ihr denn auch<lb/> nicht beſſer ergehn, denn mir, aber ſchlimmer. Denn ich<lb/> haſſe ſie, — und ich quaͤle Euch, indem ich ſie verderbe.<lb/> Euch zu quaͤlen, ſtolzer Wittich, iſt mein letztes Vergnuͤ-<lb/> gen auf Erden.</p> </sp><lb/> <sp who="#WIT"> <speaker> <hi rendition="#b">Wittich</hi> </speaker> <stage>(gleichguͤltig).</stage><lb/> <p>Schuͤtte Deine Galle aus, es wird Dich erleichtern —<lb/> miſcheſt Du aber ein Wort von Deinem thoͤrichten, un-<lb/> wahren Geſchwaͤtz vor andern Leuten ein, ſo bring’ ich<lb/><hi rendition="#g">Dich</hi> auf den Scheiterhaufen und befreie die Pfarr-<lb/> jungfer!</p> </sp><lb/> <sp who="#LIE"> <speaker> <hi rendition="#b">Lieſe.</hi> </speaker><lb/> <p>Wirklich?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0104]
Die Bernſteinhexe.
werde Kraft genug haben, Euer doppeltes Spiel zu zer-
ſtoͤren.
Wittich (ſieht ſehr ergrimmt aus).
Du biſt verruͤckt, Lieſe!
Lieſe (lachend).
Bin nicht umſonſt Eure Schuͤlerin geweſen von
meiner Jugend auf, ja, Herr Wittich, wißt Jhr wohl
noch, wie alt ich war, als Jhr mich zum erſten Male bei
ſchwuͤler Fruͤhlingszeit draußen in der Haide uͤberraſchtet
und mir bei einbrechender Nacht die Sternbilder lehrtet?
Oh, Wittich, ich war nicht beſſer und nicht ſchlimmer als
dieſe Pfarrdirne, welche Du heute auf andre Manier den-
ſelben Weg fuͤhren willſt, den Du mich gefuͤhrt haſt! Nicht
beſſer und nicht ſchlimmer! Und ſo ſoll es ihr denn auch
nicht beſſer ergehn, denn mir, aber ſchlimmer. Denn ich
haſſe ſie, — und ich quaͤle Euch, indem ich ſie verderbe.
Euch zu quaͤlen, ſtolzer Wittich, iſt mein letztes Vergnuͤ-
gen auf Erden.
Wittich (gleichguͤltig).
Schuͤtte Deine Galle aus, es wird Dich erleichtern —
miſcheſt Du aber ein Wort von Deinem thoͤrichten, un-
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Dich auf den Scheiterhaufen und befreie die Pfarr-
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Zitationshilfe: | Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/104>, abgerufen am 16.02.2025. |