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Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

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Die Bernsteinhexe.
Rüdiger.
Was einem Ehrenmanne zukommt: die gemißhan-
delte Unschuld schützen.
Wittich (seine Hand ergreifend).
Das ist in diesem Falle Sache des Richters, und der
Richter wird seine Schuldigkeit thun. Sei unbesorgt.

(Während Wittich Rüdiger nach vorn führt, geht Liese nach
dem Fenster.)
Jch beschwöre Dich, mein Sohn, verhalte
Dich als unparteiischer Zuschauer in dieser Angelegenheit:
es sind diese Hexenklagen zweischneidige Schwerter, sie
verwunden nach allen Seiten!
Rüdiger.
Um so unbegreiflicher ist es, daß ein Mann von
Eurem scharfen Geiste und Eurer ausgebreiteten Bildung
dies gefährliche Possenspiel neben sich aufkommen läßt, ja
daß er es selber aufbringt.
Wittich.
Mein Sohn, jede Zeit hat ihre Vorurtheile und ver-
langt ihren Tribut dafür. Jedermann zahlt seinen Tribut
an seine Zeit, und wenn er ihn an falscher Kasse zahlt,
so gilt er für dumm und gewinnt nichts dafür -- willst
Du mit den herrschenden Vorurtheilen nichts zu schaffen
haben, so mußt Du als Einsiedler leben, und Du brauchst
großes Glück, um dies ungestraft zu können. Jede Zeit
will ihre Vorurtheile anerkannt sehn und verfolgt nicht
nur die Widersacher derselben, sondern auch die Gleich-
Die Bernſteinhexe.
Rüdiger.
Was einem Ehrenmanne zukommt: die gemißhan-
delte Unſchuld ſchuͤtzen.
Wittich (ſeine Hand ergreifend).
Das iſt in dieſem Falle Sache des Richters, und der
Richter wird ſeine Schuldigkeit thun. Sei unbeſorgt.

(Waͤhrend Wittich Ruͤdiger nach vorn fuͤhrt, geht Lieſe nach
dem Fenſter.)
Jch beſchwoͤre Dich, mein Sohn, verhalte
Dich als unparteiiſcher Zuſchauer in dieſer Angelegenheit:
es ſind dieſe Hexenklagen zweiſchneidige Schwerter, ſie
verwunden nach allen Seiten!
Rüdiger.
Um ſo unbegreiflicher iſt es, daß ein Mann von
Eurem ſcharfen Geiſte und Eurer ausgebreiteten Bildung
dies gefaͤhrliche Poſſenſpiel neben ſich aufkommen laͤßt, ja
daß er es ſelber aufbringt.
Wittich.
Mein Sohn, jede Zeit hat ihre Vorurtheile und ver-
langt ihren Tribut dafuͤr. Jedermann zahlt ſeinen Tribut
an ſeine Zeit, und wenn er ihn an falſcher Kaſſe zahlt,
ſo gilt er fuͤr dumm und gewinnt nichts dafuͤr — willſt
Du mit den herrſchenden Vorurtheilen nichts zu ſchaffen
haben, ſo mußt Du als Einſiedler leben, und Du brauchſt
großes Gluͤck, um dies ungeſtraft zu koͤnnen. Jede Zeit
will ihre Vorurtheile anerkannt ſehn und verfolgt nicht
nur die Widerſacher derſelben, ſondern auch die Gleich-
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[104/0110] Die Bernſteinhexe. Rüdiger. Was einem Ehrenmanne zukommt: die gemißhan- delte Unſchuld ſchuͤtzen. Wittich (ſeine Hand ergreifend). Das iſt in dieſem Falle Sache des Richters, und der Richter wird ſeine Schuldigkeit thun. Sei unbeſorgt. (Waͤhrend Wittich Ruͤdiger nach vorn fuͤhrt, geht Lieſe nach dem Fenſter.) Jch beſchwoͤre Dich, mein Sohn, verhalte Dich als unparteiiſcher Zuſchauer in dieſer Angelegenheit: es ſind dieſe Hexenklagen zweiſchneidige Schwerter, ſie verwunden nach allen Seiten! Rüdiger. Um ſo unbegreiflicher iſt es, daß ein Mann von Eurem ſcharfen Geiſte und Eurer ausgebreiteten Bildung dies gefaͤhrliche Poſſenſpiel neben ſich aufkommen laͤßt, ja daß er es ſelber aufbringt. Wittich. Mein Sohn, jede Zeit hat ihre Vorurtheile und ver- langt ihren Tribut dafuͤr. Jedermann zahlt ſeinen Tribut an ſeine Zeit, und wenn er ihn an falſcher Kaſſe zahlt, ſo gilt er fuͤr dumm und gewinnt nichts dafuͤr — willſt Du mit den herrſchenden Vorurtheilen nichts zu ſchaffen haben, ſo mußt Du als Einſiedler leben, und Du brauchſt großes Gluͤck, um dies ungeſtraft zu koͤnnen. Jede Zeit will ihre Vorurtheile anerkannt ſehn und verfolgt nicht nur die Widerſacher derſelben, ſondern auch die Gleich-

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/110>, abgerufen am 21.11.2024.