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Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

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Die Bernsteinhexe.
Genusse schöner Jrrthümer. Wir aber müssen uns über
das Mädchen aus Coserow verständigen -- Du hegst eine
Leidenschaft für sie --?
Rüdiger
(macht eine undeutliche Bewegung).
Wittich.
Wie? Du verläugnest diese Leidenschaft?
Rüdiger.
Es handelt sich hierbei nicht um Neigung oder Ab-
neigung --
Wittich.
Um was sonst? -- Du würdest Dich den Teufel auch
für eine Hexengeschichte in Coserow so lebhaft bemühen,
wenn die in Untersuchung gebrachte Hexe Liese Kolken
oder die alte Jlse wäre! Die Jugend belügt sich am Eifrig-
sten, wenn sie ihre Neigungen aufputzen kann. Mir gegen-
über sollst Du das nicht thun. Jch achte Deine Neigun-
gen viel höher als Deine Weisheit; es giebt keine Weis-
heit vor reifen Jahren, und es giebt Neigungen, die mehr
werth sind als alle Weisheit. Daß Du also das Mädchen
liebst, sind' ich ganz begreiflich, und fände ich ganz ver-
zeihlich, wenn dabei etwas zu verzeihen wäre: sie ist in
allen Dingen verführerisch und übt den Zauber aus, der
allen jungen Hexen eigen ist --
Rüdiger.
Vater!
Die Bernſteinhexe.
Genuſſe ſchoͤner Jrrthuͤmer. Wir aber muͤſſen uns uͤber
das Maͤdchen aus Coſerow verſtaͤndigen — Du hegſt eine
Leidenſchaft fuͤr ſie —?
Rüdiger
(macht eine undeutliche Bewegung).
Wittich.
Wie? Du verlaͤugneſt dieſe Leidenſchaft?
Rüdiger.
Es handelt ſich hierbei nicht um Neigung oder Ab-
neigung —
Wittich.
Um was ſonſt? — Du wuͤrdeſt Dich den Teufel auch
fuͤr eine Hexengeſchichte in Coſerow ſo lebhaft bemuͤhen,
wenn die in Unterſuchung gebrachte Hexe Lieſe Kolken
oder die alte Jlſe waͤre! Die Jugend beluͤgt ſich am Eifrig-
ſten, wenn ſie ihre Neigungen aufputzen kann. Mir gegen-
uͤber ſollſt Du das nicht thun. Jch achte Deine Neigun-
gen viel hoͤher als Deine Weisheit; es giebt keine Weis-
heit vor reifen Jahren, und es giebt Neigungen, die mehr
werth ſind als alle Weisheit. Daß Du alſo das Maͤdchen
liebſt, ſind’ ich ganz begreiflich, und faͤnde ich ganz ver-
zeihlich, wenn dabei etwas zu verzeihen waͤre: ſie iſt in
allen Dingen verfuͤhreriſch und uͤbt den Zauber aus, der
allen jungen Hexen eigen iſt —
Rüdiger.
Vater!
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[137/0143] Die Bernſteinhexe. Genuſſe ſchoͤner Jrrthuͤmer. Wir aber muͤſſen uns uͤber das Maͤdchen aus Coſerow verſtaͤndigen — Du hegſt eine Leidenſchaft fuͤr ſie —? Rüdiger (macht eine undeutliche Bewegung). Wittich. Wie? Du verlaͤugneſt dieſe Leidenſchaft? Rüdiger. Es handelt ſich hierbei nicht um Neigung oder Ab- neigung — Wittich. Um was ſonſt? — Du wuͤrdeſt Dich den Teufel auch fuͤr eine Hexengeſchichte in Coſerow ſo lebhaft bemuͤhen, wenn die in Unterſuchung gebrachte Hexe Lieſe Kolken oder die alte Jlſe waͤre! Die Jugend beluͤgt ſich am Eifrig- ſten, wenn ſie ihre Neigungen aufputzen kann. Mir gegen- uͤber ſollſt Du das nicht thun. Jch achte Deine Neigun- gen viel hoͤher als Deine Weisheit; es giebt keine Weis- heit vor reifen Jahren, und es giebt Neigungen, die mehr werth ſind als alle Weisheit. Daß Du alſo das Maͤdchen liebſt, ſind’ ich ganz begreiflich, und faͤnde ich ganz ver- zeihlich, wenn dabei etwas zu verzeihen waͤre: ſie iſt in allen Dingen verfuͤhreriſch und uͤbt den Zauber aus, der allen jungen Hexen eigen iſt — Rüdiger. Vater!

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/143>, abgerufen am 21.11.2024.