Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Die Bernsteinhexe. Jch halte Eure Hexenwelt für die Träumerei des Aber-glaubens, der einen alternden Mann beschlichen hat. Er- fahrungen haben Euern klugen Geist nicht bereichert, son- dern verwirrt. Wittich. Spricht ganz wie ein Wittenberger Professor! Rüdiger. Deshalb kann ich das Schicksal Mariens Eurem Gut- dünken nicht überlassen. Wittich. Sondern willst es nach Deinem Gutdünken ver- nichten. Rüdiger. Ferner sind Eure Gesichtspunkte für meine bürgerliche Zukunft nicht die meinigen. Eine amtliche Laufbahn, die ich auf Kosten meiner Ueberzeugung erschleichen müßte, kann ich nicht brauchen. Die Armuth endlich und den Spott der Welt fürchte ich nicht, wenn ich meinem Gewis- sen und meinem Herzen folgen kann. Darnach werde ich handeln. (Geht nach der Mittelthür.) Wittich (sitzen bleibend und ihm nach der Fensterseite zu nachsehend). Rüdiger! Rüdiger. Mein Vater! Laube, dram. Werke. III. 10
Die Bernſteinhexe. Jch halte Eure Hexenwelt fuͤr die Traͤumerei des Aber-glaubens, der einen alternden Mann beſchlichen hat. Er- fahrungen haben Euern klugen Geiſt nicht bereichert, ſon- dern verwirrt. Wittich. Spricht ganz wie ein Wittenberger Profeſſor! Rüdiger. Deshalb kann ich das Schickſal Mariens Eurem Gut- duͤnken nicht uͤberlaſſen. Wittich. Sondern willſt es nach Deinem Gutduͤnken ver- nichten. Rüdiger. Ferner ſind Eure Geſichtspunkte fuͤr meine buͤrgerliche Zukunft nicht die meinigen. Eine amtliche Laufbahn, die ich auf Koſten meiner Ueberzeugung erſchleichen muͤßte, kann ich nicht brauchen. Die Armuth endlich und den Spott der Welt fuͤrchte ich nicht, wenn ich meinem Gewiſ- ſen und meinem Herzen folgen kann. Darnach werde ich handeln. (Geht nach der Mittelthuͤr.) Wittich (ſitzen bleibend und ihm nach der Fenſterſeite zu nachſehend). Ruͤdiger! Rüdiger. Mein Vater! Laube, dram. Werke. III. 10
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Die Bernſteinhexe.
Jch halte Eure Hexenwelt fuͤr die Traͤumerei des Aber-
glaubens, der einen alternden Mann beſchlichen hat. Er-
fahrungen haben Euern klugen Geiſt nicht bereichert, ſon-
dern verwirrt.
Wittich.
Spricht ganz wie ein Wittenberger Profeſſor!
Rüdiger.
Deshalb kann ich das Schickſal Mariens Eurem Gut-
duͤnken nicht uͤberlaſſen.
Wittich.
Sondern willſt es nach Deinem Gutduͤnken ver-
nichten.
Rüdiger.
Ferner ſind Eure Geſichtspunkte fuͤr meine buͤrgerliche
Zukunft nicht die meinigen. Eine amtliche Laufbahn, die
ich auf Koſten meiner Ueberzeugung erſchleichen muͤßte,
kann ich nicht brauchen. Die Armuth endlich und den
Spott der Welt fuͤrchte ich nicht, wenn ich meinem Gewiſ-
ſen und meinem Herzen folgen kann. Darnach werde ich
handeln. (Geht nach der Mittelthuͤr.)
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Zitationshilfe: | Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/151>, abgerufen am 16.02.2025. |