Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bernsteinhexe.
schwinden, und hierfür lasse ich Dir freie Wahl: Du magst
auf der Stelle abreisen, wohin Du willst, wenn Du mir
Dein Ehrenwort giebst, nicht das Geringste zu thun oder
zu veranlassen, was auf den Gang des Prozesses Einfluß
haben könnte.
Rüdiger.
Ein solches Versprechen leiste ich nicht.
Wittich.
Oder Du mußt Dir gefallen lassen, daß ich Dich wie
einen Gefangenen behandle, der mit Niemand in Verbin-
dung treten kann. Dafür ist Alles vorbereitet: Das
Thurmzimmer hinter diesem Gange
(auf die erste Thür links
deutend)
scheidet Dich von aller Welt; dies mußt Du auf
vier und zwanzig Stunden beziehn. Denn binnen vier
und zwanzig Stunden wird der Prozeß entschieden, und
das Mädchen gerettet sein, wenn Deine Einmischung auf-
hört. Hier kann ich Dir auch Stunde für Stunde die Er-
gebnisse der Verhöre mittheilen. Wähle also! Willst
Du fort und mir Dein Ehrenwort zurücklassen, oder willst
Du hier im Thurme im Vertrauen auf mich das Ende
abwarten? Sprich!
Rüdiger.
Weder das Eine noch das Andere. Jch bin allerdings
in großer Pein, Euch so widersprechen zu müssen, denn
ich erkenne dankbar an, daß Jhr auf Eure Weise für mein
Wohl besorgt seid. Aber Eure Weise ist nicht die meinige.
Die Bernſteinhexe.
ſchwinden, und hierfuͤr laſſe ich Dir freie Wahl: Du magſt
auf der Stelle abreiſen, wohin Du willſt, wenn Du mir
Dein Ehrenwort giebſt, nicht das Geringſte zu thun oder
zu veranlaſſen, was auf den Gang des Prozeſſes Einfluß
haben koͤnnte.
Rüdiger.
Ein ſolches Verſprechen leiſte ich nicht.
Wittich.
Oder Du mußt Dir gefallen laſſen, daß ich Dich wie
einen Gefangenen behandle, der mit Niemand in Verbin-
dung treten kann. Dafuͤr iſt Alles vorbereitet: Das
Thurmzimmer hinter dieſem Gange
(auf die erſte Thuͤr links
deutend)
ſcheidet Dich von aller Welt; dies mußt Du auf
vier und zwanzig Stunden beziehn. Denn binnen vier
und zwanzig Stunden wird der Prozeß entſchieden, und
das Maͤdchen gerettet ſein, wenn Deine Einmiſchung auf-
hoͤrt. Hier kann ich Dir auch Stunde fuͤr Stunde die Er-
gebniſſe der Verhoͤre mittheilen. Waͤhle alſo! Willſt
Du fort und mir Dein Ehrenwort zuruͤcklaſſen, oder willſt
Du hier im Thurme im Vertrauen auf mich das Ende
abwarten? Sprich!
Rüdiger.
Weder das Eine noch das Andere. Jch bin allerdings
in großer Pein, Euch ſo widerſprechen zu muͤſſen, denn
ich erkenne dankbar an, daß Jhr auf Eure Weiſe fuͤr mein
Wohl beſorgt ſeid. Aber Eure Weiſe iſt nicht die meinige.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#WIT">
              <p><pb facs="#f0150" n="144"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bern&#x017F;teinhexe</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;chwinden, und hierfu&#x0364;r la&#x017F;&#x017F;e ich Dir freie Wahl: Du mag&#x017F;t<lb/>
auf der Stelle abrei&#x017F;en, wohin Du will&#x017F;t, wenn Du mir<lb/>
Dein Ehrenwort gieb&#x017F;t, nicht das Gering&#x017F;te zu thun oder<lb/>
zu veranla&#x017F;&#x017F;en, was auf den Gang des Proze&#x017F;&#x017F;es Einfluß<lb/>
haben ko&#x0364;nnte.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#RUED">
              <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Ein &#x017F;olches Ver&#x017F;prechen lei&#x017F;te ich nicht.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WIT">
              <speaker> <hi rendition="#b">Wittich.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Oder Du mußt Dir gefallen la&#x017F;&#x017F;en, daß ich Dich wie<lb/>
einen Gefangenen behandle, der mit Niemand in Verbin-<lb/>
dung treten kann. Dafu&#x0364;r i&#x017F;t Alles vorbereitet: Das<lb/>
Thurmzimmer hinter die&#x017F;em Gange</p>
              <stage>(auf die er&#x017F;te Thu&#x0364;r links<lb/>
deutend)</stage>
              <p>&#x017F;cheidet Dich von aller Welt; dies mußt Du auf<lb/>
vier und zwanzig Stunden beziehn. Denn binnen vier<lb/>
und zwanzig Stunden wird der Prozeß ent&#x017F;chieden, und<lb/>
das Ma&#x0364;dchen gerettet &#x017F;ein, wenn Deine Einmi&#x017F;chung auf-<lb/>
ho&#x0364;rt. Hier kann ich Dir auch Stunde fu&#x0364;r Stunde die Er-<lb/>
gebni&#x017F;&#x017F;e der Verho&#x0364;re mittheilen. Wa&#x0364;hle al&#x017F;o! Will&#x017F;t<lb/>
Du fort und mir Dein Ehrenwort zuru&#x0364;ckla&#x017F;&#x017F;en, oder will&#x017F;t<lb/>
Du hier im Thurme im Vertrauen auf mich das Ende<lb/>
abwarten? Sprich!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#RUED">
              <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Weder das Eine noch das Andere. Jch bin allerdings<lb/>
in großer Pein, Euch &#x017F;o wider&#x017F;prechen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, denn<lb/>
ich erkenne dankbar an, daß Jhr auf Eure Wei&#x017F;e fu&#x0364;r mein<lb/>
Wohl be&#x017F;orgt &#x017F;eid. Aber Eure Wei&#x017F;e i&#x017F;t nicht die meinige.<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0150] Die Bernſteinhexe. ſchwinden, und hierfuͤr laſſe ich Dir freie Wahl: Du magſt auf der Stelle abreiſen, wohin Du willſt, wenn Du mir Dein Ehrenwort giebſt, nicht das Geringſte zu thun oder zu veranlaſſen, was auf den Gang des Prozeſſes Einfluß haben koͤnnte. Rüdiger. Ein ſolches Verſprechen leiſte ich nicht. Wittich. Oder Du mußt Dir gefallen laſſen, daß ich Dich wie einen Gefangenen behandle, der mit Niemand in Verbin- dung treten kann. Dafuͤr iſt Alles vorbereitet: Das Thurmzimmer hinter dieſem Gange (auf die erſte Thuͤr links deutend) ſcheidet Dich von aller Welt; dies mußt Du auf vier und zwanzig Stunden beziehn. Denn binnen vier und zwanzig Stunden wird der Prozeß entſchieden, und das Maͤdchen gerettet ſein, wenn Deine Einmiſchung auf- hoͤrt. Hier kann ich Dir auch Stunde fuͤr Stunde die Er- gebniſſe der Verhoͤre mittheilen. Waͤhle alſo! Willſt Du fort und mir Dein Ehrenwort zuruͤcklaſſen, oder willſt Du hier im Thurme im Vertrauen auf mich das Ende abwarten? Sprich! Rüdiger. Weder das Eine noch das Andere. Jch bin allerdings in großer Pein, Euch ſo widerſprechen zu muͤſſen, denn ich erkenne dankbar an, daß Jhr auf Eure Weiſe fuͤr mein Wohl beſorgt ſeid. Aber Eure Weiſe iſt nicht die meinige.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/150
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/150>, abgerufen am 18.05.2024.