Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bernsteinhexe.
selbe lehren. Was ist von alle dem das Resultat? Fol-
gendes: Du kannst das Mädchen nicht besitzen und kannst
es nicht retten, und wenn Du fortfährst, wie Du vorhin
in Coserow angefangen, so beschädigst Du Dich selbst auf
das Gefährlichste und vernichtest das Mädchen unfehlbar.
Denn in einem Hexenprozesse ist der Angeklagten nichts
so gefährlich als ein Zeuge oder Vertheidiger, der an kei-
nerlei Hexerei glauben will. Ein solcher erbittert das
Volk und erbittert die Richter, und diese Erbitterung ent-
ladet sich tödtlich auf die Angeklagte. Bezweifelst Du
dies? -- Also: kein Wort, kein einziges Wort, keine Sylbe
mehr darf von Dir in diesen Prozeß hinein gesprochen
werden!
Rüdiger.
Damit Jhr ungestört mit Marie machen könnt, was
Jhr wollt!
Wittich.
So ist's. Hast Du mit Verstand angehört, was ich
Dir mitgetheilt, und hältst Du mich, Deinen Vater, nicht
für einen Bösewicht, so mußt Du einsehn, daß ich ihr so
wenig als Du etwas Ungebührliches anthun lassen werde.
Sprich!
(Sie setzen sich wieder.)
Rüdiger.
Sprecht Jhr! --
Wittich.
Du mußt also vom Schauplatze in Pudagla ver-
Die Bernſteinhexe.
ſelbe lehren. Was iſt von alle dem das Reſultat? Fol-
gendes: Du kannſt das Maͤdchen nicht beſitzen und kannſt
es nicht retten, und wenn Du fortfaͤhrſt, wie Du vorhin
in Coſerow angefangen, ſo beſchaͤdigſt Du Dich ſelbſt auf
das Gefaͤhrlichſte und vernichteſt das Maͤdchen unfehlbar.
Denn in einem Hexenprozeſſe iſt der Angeklagten nichts
ſo gefaͤhrlich als ein Zeuge oder Vertheidiger, der an kei-
nerlei Hexerei glauben will. Ein ſolcher erbittert das
Volk und erbittert die Richter, und dieſe Erbitterung ent-
ladet ſich toͤdtlich auf die Angeklagte. Bezweifelſt Du
dies? — Alſo: kein Wort, kein einziges Wort, keine Sylbe
mehr darf von Dir in dieſen Prozeß hinein geſprochen
werden!
Rüdiger.
Damit Jhr ungeſtoͤrt mit Marie machen koͤnnt, was
Jhr wollt!
Wittich.
So iſt’s. Haſt Du mit Verſtand angehoͤrt, was ich
Dir mitgetheilt, und haͤltſt Du mich, Deinen Vater, nicht
fuͤr einen Boͤſewicht, ſo mußt Du einſehn, daß ich ihr ſo
wenig als Du etwas Ungebuͤhrliches anthun laſſen werde.
Sprich!
(Sie ſetzen ſich wieder.)
Rüdiger.
Sprecht Jhr! —
Wittich.
Du mußt alſo vom Schauplatze in Pudagla ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#WIT">
              <p><pb facs="#f0149" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bern&#x017F;teinhexe</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;elbe lehren. Was i&#x017F;t von alle dem das Re&#x017F;ultat? Fol-<lb/>
gendes: Du kann&#x017F;t das Ma&#x0364;dchen nicht be&#x017F;itzen und kann&#x017F;t<lb/>
es nicht retten, und wenn Du fortfa&#x0364;hr&#x017F;t, wie Du vorhin<lb/>
in Co&#x017F;erow angefangen, &#x017F;o be&#x017F;cha&#x0364;dig&#x017F;t Du Dich &#x017F;elb&#x017F;t auf<lb/>
das Gefa&#x0364;hrlich&#x017F;te und vernichte&#x017F;t das Ma&#x0364;dchen unfehlbar.<lb/>
Denn in einem Hexenproze&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t der Angeklagten nichts<lb/>
&#x017F;o gefa&#x0364;hrlich als ein Zeuge oder Vertheidiger, der an kei-<lb/>
nerlei Hexerei glauben will. Ein &#x017F;olcher erbittert das<lb/>
Volk und erbittert die Richter, und die&#x017F;e Erbitterung ent-<lb/>
ladet &#x017F;ich to&#x0364;dtlich auf die Angeklagte. Bezweifel&#x017F;t Du<lb/>
dies? &#x2014; Al&#x017F;o: kein Wort, kein einziges Wort, keine Sylbe<lb/>
mehr darf von Dir in die&#x017F;en Prozeß hinein ge&#x017F;prochen<lb/>
werden!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#RUED">
              <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Damit Jhr unge&#x017F;to&#x0364;rt mit Marie machen ko&#x0364;nnt, was<lb/>
Jhr wollt!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WIT">
              <speaker> <hi rendition="#b">Wittich.</hi> </speaker><lb/>
              <p>So i&#x017F;t&#x2019;s. Ha&#x017F;t Du mit Ver&#x017F;tand angeho&#x0364;rt, was ich<lb/>
Dir mitgetheilt, und ha&#x0364;lt&#x017F;t Du mich, Deinen Vater, nicht<lb/>
fu&#x0364;r einen Bo&#x0364;&#x017F;ewicht, &#x017F;o mußt Du ein&#x017F;ehn, daß ich ihr &#x017F;o<lb/>
wenig als Du etwas Ungebu&#x0364;hrliches anthun la&#x017F;&#x017F;en werde.<lb/>
Sprich!</p>
              <stage>(Sie &#x017F;etzen &#x017F;ich wieder.)</stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#RUED">
              <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Sprecht Jhr! &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WIT">
              <speaker> <hi rendition="#b">Wittich.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Du mußt al&#x017F;o vom Schauplatze in Pudagla ver-<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0149] Die Bernſteinhexe. ſelbe lehren. Was iſt von alle dem das Reſultat? Fol- gendes: Du kannſt das Maͤdchen nicht beſitzen und kannſt es nicht retten, und wenn Du fortfaͤhrſt, wie Du vorhin in Coſerow angefangen, ſo beſchaͤdigſt Du Dich ſelbſt auf das Gefaͤhrlichſte und vernichteſt das Maͤdchen unfehlbar. Denn in einem Hexenprozeſſe iſt der Angeklagten nichts ſo gefaͤhrlich als ein Zeuge oder Vertheidiger, der an kei- nerlei Hexerei glauben will. Ein ſolcher erbittert das Volk und erbittert die Richter, und dieſe Erbitterung ent- ladet ſich toͤdtlich auf die Angeklagte. Bezweifelſt Du dies? — Alſo: kein Wort, kein einziges Wort, keine Sylbe mehr darf von Dir in dieſen Prozeß hinein geſprochen werden! Rüdiger. Damit Jhr ungeſtoͤrt mit Marie machen koͤnnt, was Jhr wollt! Wittich. So iſt’s. Haſt Du mit Verſtand angehoͤrt, was ich Dir mitgetheilt, und haͤltſt Du mich, Deinen Vater, nicht fuͤr einen Boͤſewicht, ſo mußt Du einſehn, daß ich ihr ſo wenig als Du etwas Ungebuͤhrliches anthun laſſen werde. Sprich! (Sie ſetzen ſich wieder.) Rüdiger. Sprecht Jhr! — Wittich. Du mußt alſo vom Schauplatze in Pudagla ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/149
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/149>, abgerufen am 24.11.2024.