Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Die Bernsteinhexe. Standesunterschiede, weil ich weiß, wie schwer die vonunten nach oben gährende Menschenmasse zu regieren ist, und wie sie streng, ja unerbittlich in abgegrenzten Schich- ten erhalten werden muß. Jch habe ferner die gegen Dei- nen verstorbenen Vater übernommene Verpflichtung zu erfüllen, daß Du Deiner guten Familie Ehre machest. Jch habe endlich als Dein Pflegevater zu verhüten, daß Du in gemeiner Dürftigkeit untergehest. Denn Du bist nur der Erbe meines Amtes und meiner Güter, wenn Du an- ständig und standesmäßig verfährst -- mein Amt könnte nie einem Manne anvertraut werden, der ein als Hexe compromittirtes Mädchen zu seiner Gattin machte, und meine Güter müßten dem Manne entzogen werden, der gegen meinen Willen ein solches Mädchen heirathete. Eine Heirath ist also nur möglich, wenn Du ein verspot- teter Bettler werden wolltest und -- das ist noch gar nicht erwähnt -- wenn ich das Mädchen vom Scheiter- haufen retten wollte. Unter solchen Umständen aber würde ich mein eignes Wohlgefallen an ihr hintansetzen und ich würde sie lieber verbrennen lassen, (stark) als daß ich das Lebensglück meines Pflegesohnes zum Opfer brächte. -- (Aufstehend wie Rüdiger.) -- (Pause.) Das ist Dein Verhältniß zu dem Mädchen. Rüdiger. Es ist übertrieben. Wittich. Um keinen Zug. Ruhige Ueberlegung wird Dich das- Die Bernſteinhexe. Standesunterſchiede, weil ich weiß, wie ſchwer die vonunten nach oben gaͤhrende Menſchenmaſſe zu regieren iſt, und wie ſie ſtreng, ja unerbittlich in abgegrenzten Schich- ten erhalten werden muß. Jch habe ferner die gegen Dei- nen verſtorbenen Vater uͤbernommene Verpflichtung zu erfuͤllen, daß Du Deiner guten Familie Ehre macheſt. Jch habe endlich als Dein Pflegevater zu verhuͤten, daß Du in gemeiner Duͤrftigkeit untergeheſt. Denn Du biſt nur der Erbe meines Amtes und meiner Guͤter, wenn Du an- ſtaͤndig und ſtandesmaͤßig verfaͤhrſt — mein Amt koͤnnte nie einem Manne anvertraut werden, der ein als Hexe compromittirtes Maͤdchen zu ſeiner Gattin machte, und meine Guͤter muͤßten dem Manne entzogen werden, der gegen meinen Willen ein ſolches Maͤdchen heirathete. Eine Heirath iſt alſo nur moͤglich, wenn Du ein verſpot- teter Bettler werden wollteſt und — das iſt noch gar nicht erwaͤhnt — wenn ich das Maͤdchen vom Scheiter- haufen retten wollte. Unter ſolchen Umſtaͤnden aber wuͤrde ich mein eignes Wohlgefallen an ihr hintanſetzen und ich wuͤrde ſie lieber verbrennen laſſen, (ſtark) als daß ich das Lebensgluͤck meines Pflegeſohnes zum Opfer braͤchte. — (Aufſtehend wie Ruͤdiger.) — (Pauſe.) Das iſt Dein Verhaͤltniß zu dem Maͤdchen. Rüdiger. Es iſt uͤbertrieben. Wittich. Um keinen Zug. Ruhige Ueberlegung wird Dich daſ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#WIT"> <p><pb facs="#f0148" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bernſteinhexe</hi>.</fw><lb/> Standesunterſchiede, weil ich weiß, wie ſchwer die von<lb/> unten nach oben gaͤhrende Menſchenmaſſe zu regieren iſt,<lb/> und wie ſie ſtreng, ja unerbittlich in abgegrenzten Schich-<lb/> ten erhalten werden muß. Jch habe ferner die gegen Dei-<lb/> nen verſtorbenen Vater uͤbernommene Verpflichtung zu<lb/> erfuͤllen, daß Du Deiner guten Familie Ehre macheſt.<lb/> Jch habe endlich als Dein Pflegevater zu verhuͤten, daß<lb/> Du in gemeiner Duͤrftigkeit untergeheſt. Denn Du biſt nur<lb/> der Erbe meines Amtes und meiner Guͤter, wenn Du an-<lb/> ſtaͤndig und ſtandesmaͤßig verfaͤhrſt — mein Amt koͤnnte<lb/> nie einem Manne anvertraut werden, der ein als Hexe<lb/> compromittirtes Maͤdchen zu ſeiner Gattin machte, und<lb/> meine Guͤter muͤßten dem Manne entzogen werden, der<lb/> gegen meinen Willen ein ſolches Maͤdchen heirathete.<lb/> Eine Heirath iſt alſo nur moͤglich, wenn Du ein verſpot-<lb/> teter Bettler werden wollteſt und — das iſt noch gar<lb/> nicht erwaͤhnt — wenn ich das Maͤdchen vom Scheiter-<lb/> haufen retten wollte. Unter ſolchen Umſtaͤnden aber<lb/> wuͤrde ich mein eignes Wohlgefallen an ihr hintanſetzen<lb/> und ich wuͤrde ſie lieber verbrennen laſſen,</p> <stage>(ſtark)</stage> <p>als daß<lb/> ich das Lebensgluͤck meines Pflegeſohnes zum Opfer<lb/> braͤchte. —</p> <stage>(Aufſtehend wie Ruͤdiger.) — (Pauſe.)</stage> <p>Das iſt<lb/> Dein Verhaͤltniß zu dem Maͤdchen.</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/> <p>Es iſt uͤbertrieben.</p> </sp><lb/> <sp who="#WIT"> <speaker> <hi rendition="#b">Wittich.</hi> </speaker><lb/> <p>Um keinen Zug. Ruhige Ueberlegung wird Dich daſ-<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0148]
Die Bernſteinhexe.
Standesunterſchiede, weil ich weiß, wie ſchwer die von
unten nach oben gaͤhrende Menſchenmaſſe zu regieren iſt,
und wie ſie ſtreng, ja unerbittlich in abgegrenzten Schich-
ten erhalten werden muß. Jch habe ferner die gegen Dei-
nen verſtorbenen Vater uͤbernommene Verpflichtung zu
erfuͤllen, daß Du Deiner guten Familie Ehre macheſt.
Jch habe endlich als Dein Pflegevater zu verhuͤten, daß
Du in gemeiner Duͤrftigkeit untergeheſt. Denn Du biſt nur
der Erbe meines Amtes und meiner Guͤter, wenn Du an-
ſtaͤndig und ſtandesmaͤßig verfaͤhrſt — mein Amt koͤnnte
nie einem Manne anvertraut werden, der ein als Hexe
compromittirtes Maͤdchen zu ſeiner Gattin machte, und
meine Guͤter muͤßten dem Manne entzogen werden, der
gegen meinen Willen ein ſolches Maͤdchen heirathete.
Eine Heirath iſt alſo nur moͤglich, wenn Du ein verſpot-
teter Bettler werden wollteſt und — das iſt noch gar
nicht erwaͤhnt — wenn ich das Maͤdchen vom Scheiter-
haufen retten wollte. Unter ſolchen Umſtaͤnden aber
wuͤrde ich mein eignes Wohlgefallen an ihr hintanſetzen
und ich wuͤrde ſie lieber verbrennen laſſen, (ſtark) als daß
ich das Lebensgluͤck meines Pflegeſohnes zum Opfer
braͤchte. — (Aufſtehend wie Ruͤdiger.) — (Pauſe.) Das iſt
Dein Verhaͤltniß zu dem Maͤdchen.
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