Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.
Die Bernsteinhexe. meine traurige Ahnung nicht trügt, und wenn hierbeietwas gespielt wird, was einem falschen Spiele ähnlich ist. Jch habe Niemand, den ich befragen kann; aber es ist der Mann, welchem ich anheim gegeben bin, mein Pfle- gevater; ich muß ihm vertrauen. Die Welt wäre ein Lü- genhaus und Gottes ledig, wenn ein Ehrenmann sich mit Opfern ein Kind auferzöge, um dieses Kind in Lug und Trug zu verwickeln, und dieser Ehrenmann wäre der größte Schurke auf Erden, denn er mißbrauchte die Waffen der Tugend zum Kampfe für das Laster. Gott verzeih' mir's, wenn ich Euch lästere, und Jhr werdet mir diesen abscheu- lichen Verdacht vergeben, wenn er eine Ausgeburt meines gepeinigten Herzens und Hirnes. Wäre dies aber nicht, wäre ich klüger als ich mir zu sein zutraue, dann, Herr Wittich, macht Euch gefaßt, in mir einen Feind zu finden, der Euch verfolgt bis vor das jüngste Gericht. (Ab. Wulf folgt ihm hinein.) Sechste Scene. Wittich (allein). Wittich (hat, halb seitwärts stehend, wie gebannt ihm zugehört und er- bebt ein wenig bei den letzten Worten -- dann, als Rüdiger hin- weg, streicht er sich über die Stirn und holt Athem.) Die Bernſteinhexe. meine traurige Ahnung nicht truͤgt, und wenn hierbeietwas geſpielt wird, was einem falſchen Spiele aͤhnlich iſt. Jch habe Niemand, den ich befragen kann; aber es iſt der Mann, welchem ich anheim gegeben bin, mein Pfle- gevater; ich muß ihm vertrauen. Die Welt waͤre ein Luͤ- genhaus und Gottes ledig, wenn ein Ehrenmann ſich mit Opfern ein Kind auferzoͤge, um dieſes Kind in Lug und Trug zu verwickeln, und dieſer Ehrenmann waͤre der groͤßte Schurke auf Erden, denn er mißbrauchte die Waffen der Tugend zum Kampfe fuͤr das Laſter. Gott verzeih’ mir’s, wenn ich Euch laͤſtere, und Jhr werdet mir dieſen abſcheu- lichen Verdacht vergeben, wenn er eine Ausgeburt meines gepeinigten Herzens und Hirnes. Waͤre dies aber nicht, waͤre ich kluͤger als ich mir zu ſein zutraue, dann, Herr Wittich, macht Euch gefaßt, in mir einen Feind zu finden, der Euch verfolgt bis vor das juͤngſte Gericht. (Ab. Wulf folgt ihm hinein.) Sechſte Scene. Wittich (allein). Wittich (hat, halb ſeitwaͤrts ſtehend, wie gebannt ihm zugehoͤrt und er- bebt ein wenig bei den letzten Worten — dann, als Ruͤdiger hin- weg, ſtreicht er ſich uͤber die Stirn und holt Athem.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#RUED"> <p><pb facs="#f0191" n="185"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bernſteinhexe</hi>.</fw><lb/> meine traurige Ahnung nicht truͤgt, und wenn hierbei<lb/> etwas geſpielt wird, was einem falſchen Spiele aͤhnlich<lb/> iſt. Jch habe Niemand, den ich befragen kann; aber es<lb/> iſt der Mann, welchem ich anheim gegeben bin, mein Pfle-<lb/> gevater; ich muß ihm vertrauen. Die Welt waͤre ein Luͤ-<lb/> genhaus und Gottes ledig, wenn ein Ehrenmann ſich mit<lb/> Opfern ein Kind auferzoͤge, um dieſes Kind in Lug und<lb/> Trug zu verwickeln, und dieſer Ehrenmann waͤre der groͤßte<lb/> Schurke auf Erden, denn er mißbrauchte die Waffen der<lb/> Tugend zum Kampfe fuͤr das Laſter. Gott verzeih’ mir’s,<lb/> wenn ich Euch laͤſtere, und Jhr werdet mir dieſen abſcheu-<lb/> lichen Verdacht vergeben, wenn er eine Ausgeburt meines<lb/> gepeinigten Herzens und Hirnes. Waͤre dies aber nicht,<lb/> waͤre ich kluͤger als ich mir zu ſein zutraue, dann, Herr<lb/> Wittich, macht Euch gefaßt, in mir einen Feind zu finden,<lb/> der Euch verfolgt bis vor das juͤngſte Gericht.</p> <stage>(Ab. Wulf<lb/> folgt ihm hinein.)</stage> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Sechſte Scene</hi>.</head><lb/> <stage><hi rendition="#g">Wittich</hi> (allein).</stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <sp who="#WIT"> <speaker> <hi rendition="#b">Wittich</hi> </speaker><lb/> <stage>(hat, halb ſeitwaͤrts ſtehend, wie gebannt ihm zugehoͤrt und er-<lb/> bebt ein wenig bei den letzten Worten — dann, als Ruͤdiger hin-<lb/> weg, ſtreicht er ſich uͤber die Stirn und holt Athem.)</stage><lb/> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0191]
Die Bernſteinhexe.
meine traurige Ahnung nicht truͤgt, und wenn hierbei
etwas geſpielt wird, was einem falſchen Spiele aͤhnlich
iſt. Jch habe Niemand, den ich befragen kann; aber es
iſt der Mann, welchem ich anheim gegeben bin, mein Pfle-
gevater; ich muß ihm vertrauen. Die Welt waͤre ein Luͤ-
genhaus und Gottes ledig, wenn ein Ehrenmann ſich mit
Opfern ein Kind auferzoͤge, um dieſes Kind in Lug und
Trug zu verwickeln, und dieſer Ehrenmann waͤre der groͤßte
Schurke auf Erden, denn er mißbrauchte die Waffen der
Tugend zum Kampfe fuͤr das Laſter. Gott verzeih’ mir’s,
wenn ich Euch laͤſtere, und Jhr werdet mir dieſen abſcheu-
lichen Verdacht vergeben, wenn er eine Ausgeburt meines
gepeinigten Herzens und Hirnes. Waͤre dies aber nicht,
waͤre ich kluͤger als ich mir zu ſein zutraue, dann, Herr
Wittich, macht Euch gefaßt, in mir einen Feind zu finden,
der Euch verfolgt bis vor das juͤngſte Gericht. (Ab. Wulf
folgt ihm hinein.)
Sechſte Scene.
Wittich (allein).
Wittich
(hat, halb ſeitwaͤrts ſtehend, wie gebannt ihm zugehoͤrt und er-
bebt ein wenig bei den letzten Worten — dann, als Ruͤdiger hin-
weg, ſtreicht er ſich uͤber die Stirn und holt Athem.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/191 |
| Zitationshilfe: | Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/191>, abgerufen am 21.11.2024. |
