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Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

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Einleitung.
rung zwar nicht aus unserm Gedächtnisse aber doch aus
unserer Auffassungsweise gestrichen, ein Akt, welcher in
keinen Nerven mehr fortlebt. Wird er auf's Theater ge-
bracht so kann er wohl durch die ihm inwohnende Furcht-
barkeit und durch eine spannende Technik des Stückes
Furcht und Schrecken im alltäglichen Sinne, also auch
Jnteresse in trivialer Bedeutung des Wortes erregen, er
kann also ganz wohl einen lebhaften und scheinbar gün-
stigen Theatererfolg erringen, aber Furcht und Schrecken
im höheren Sinne erregt er nicht, denn er ist kein Ergeb-
niß einer bedeutenden sondern nur einer rohen Weltan-
schauung, er erregt also eigentlich Empörung unsrer besse-
ren Fähigkeiten, und deshalb ist er als Mittelpunkt eines
Theaterstücks ästhetisch zu verwerfen.

Das war der Grund meines Mißbehagens beim Zu-
sehn gewesen, und als ich mir hinterher entwickelte, wo-
her dieses Mißbehagen gekommen sei, da entwickelte sich
mir das obige Raisonnement. Die berichterstattende Kri-
tik hat mir leider nicht dazu verholfen, sie zaus'te nur an
den Symptomen des Grundes.

Warum dann aber, kann man fragen, das Stück noch
drucken lassen und den Lesern aufnöthigen? Ei, was ich
da gegen mein Stück vorgebracht, das gilt dem Theater-
stücke, dem durch Fleisch und Blut und durch den ganzen
scenischen Apparat bis zur Täuschung lebendig gemachten
Stücke, und nur diesem. Nur die Bühne hat der Ge-
schichte gegenüber so empfindliche Nerven, nur sie ist trotz

Einleitung.
rung zwar nicht aus unſerm Gedaͤchtniſſe aber doch aus
unſerer Auffaſſungsweiſe geſtrichen, ein Akt, welcher in
keinen Nerven mehr fortlebt. Wird er auf’s Theater ge-
bracht ſo kann er wohl durch die ihm inwohnende Furcht-
barkeit und durch eine ſpannende Technik des Stuͤckes
Furcht und Schrecken im alltaͤglichen Sinne, alſo auch
Jntereſſe in trivialer Bedeutung des Wortes erregen, er
kann alſo ganz wohl einen lebhaften und ſcheinbar guͤn-
ſtigen Theatererfolg erringen, aber Furcht und Schrecken
im hoͤheren Sinne erregt er nicht, denn er iſt kein Ergeb-
niß einer bedeutenden ſondern nur einer rohen Weltan-
ſchauung, er erregt alſo eigentlich Empoͤrung unſrer beſſe-
ren Faͤhigkeiten, und deshalb iſt er als Mittelpunkt eines
Theaterſtuͤcks aͤſthetiſch zu verwerfen.

Das war der Grund meines Mißbehagens beim Zu-
ſehn geweſen, und als ich mir hinterher entwickelte, wo-
her dieſes Mißbehagen gekommen ſei, da entwickelte ſich
mir das obige Raiſonnement. Die berichterſtattende Kri-
tik hat mir leider nicht dazu verholfen, ſie zaus’te nur an
den Symptomen des Grundes.

Warum dann aber, kann man fragen, das Stuͤck noch
drucken laſſen und den Leſern aufnoͤthigen? Ei, was ich
da gegen mein Stuͤck vorgebracht, das gilt dem Theater-
ſtuͤcke, dem durch Fleiſch und Blut und durch den ganzen
ſceniſchen Apparat bis zur Taͤuſchung lebendig gemachten
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[31/0037] Einleitung. rung zwar nicht aus unſerm Gedaͤchtniſſe aber doch aus unſerer Auffaſſungsweiſe geſtrichen, ein Akt, welcher in keinen Nerven mehr fortlebt. Wird er auf’s Theater ge- bracht ſo kann er wohl durch die ihm inwohnende Furcht- barkeit und durch eine ſpannende Technik des Stuͤckes Furcht und Schrecken im alltaͤglichen Sinne, alſo auch Jntereſſe in trivialer Bedeutung des Wortes erregen, er kann alſo ganz wohl einen lebhaften und ſcheinbar guͤn- ſtigen Theatererfolg erringen, aber Furcht und Schrecken im hoͤheren Sinne erregt er nicht, denn er iſt kein Ergeb- niß einer bedeutenden ſondern nur einer rohen Weltan- ſchauung, er erregt alſo eigentlich Empoͤrung unſrer beſſe- ren Faͤhigkeiten, und deshalb iſt er als Mittelpunkt eines Theaterſtuͤcks aͤſthetiſch zu verwerfen. Das war der Grund meines Mißbehagens beim Zu- ſehn geweſen, und als ich mir hinterher entwickelte, wo- her dieſes Mißbehagen gekommen ſei, da entwickelte ſich mir das obige Raiſonnement. Die berichterſtattende Kri- tik hat mir leider nicht dazu verholfen, ſie zaus’te nur an den Symptomen des Grundes. Warum dann aber, kann man fragen, das Stuͤck noch drucken laſſen und den Leſern aufnoͤthigen? Ei, was ich da gegen mein Stuͤck vorgebracht, das gilt dem Theater- ſtuͤcke, dem durch Fleiſch und Blut und durch den ganzen ſceniſchen Apparat bis zur Taͤuſchung lebendig gemachten Stuͤcke, und nur dieſem. Nur die Buͤhne hat der Ge- ſchichte gegenuͤber ſo empfindliche Nerven, nur ſie iſt trotz

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/37>, abgerufen am 21.11.2024.