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Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

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Einleitung.
aller Verhüllungen innerlich so ganz und gar Gegenwart,
daß sie nichts Todtes verwerthen kann. Denn sie ist nicht
allein und unnahbar wie das Buch. Sie steht in unmit-
telbarem Zusammenhange mit dem Publikum. Jeder
Pulsschlag, den sie thut, weckt auf der Stelle ein ent-
sprechendes Leben und, was die Hauptsache ist, ein han-
delndes, ein entscheidendes Leben im Publikum. Sie ge-
biert also sofort lebendige Mißgeburten, wenn sie eine
Handlung aus wirklich überlebter Vergangenheit ent-
wickelt.

Das Buch hat einen ganz andern Wirkungskreis,
denn es macht nicht den Anspruch, ein unmittelbares,
unabweisliches Leben zu sein. Zwischen dem Buche und
dem Leser bleibt eine hundertfältige Vermittelung offen,
selbst eine ergiebige Vermittelung, wenn Buch und Leser
einander gar nicht gefallen.

Aus solchen Gründen hab' ich selbst meinem Stücke
das weitere Theaterleben abgegraben, indem ich nach er-
lebter eigner Anschauung vielen Directionen abrieth, das
Stück aufzuführen; aus solchen Gründen nehm ich aber
auch gar keinen Anstand, das grausame Stück als Buch
dem Lesepublikum vorzulegen. Das würde ich thun, auch
wenn ich nicht zahlreiche Beweise hätte, daß kundige Lite-
raten nach der Lectüre des Manuscriptes von jenen Feh-
lern des Theaterstücks ganz und gar unberührt geblieben
waren und mir dadurch ein Zeugniß geliefert hatten, daß

Einleitung.
aller Verhuͤllungen innerlich ſo ganz und gar Gegenwart,
daß ſie nichts Todtes verwerthen kann. Denn ſie iſt nicht
allein und unnahbar wie das Buch. Sie ſteht in unmit-
telbarem Zuſammenhange mit dem Publikum. Jeder
Pulsſchlag, den ſie thut, weckt auf der Stelle ein ent-
ſprechendes Leben und, was die Hauptſache iſt, ein han-
delndes, ein entſcheidendes Leben im Publikum. Sie ge-
biert alſo ſofort lebendige Mißgeburten, wenn ſie eine
Handlung aus wirklich uͤberlebter Vergangenheit ent-
wickelt.

Das Buch hat einen ganz andern Wirkungskreis,
denn es macht nicht den Anſpruch, ein unmittelbares,
unabweisliches Leben zu ſein. Zwiſchen dem Buche und
dem Leſer bleibt eine hundertfaͤltige Vermittelung offen,
ſelbſt eine ergiebige Vermittelung, wenn Buch und Leſer
einander gar nicht gefallen.

Aus ſolchen Gruͤnden hab’ ich ſelbſt meinem Stuͤcke
das weitere Theaterleben abgegraben, indem ich nach er-
lebter eigner Anſchauung vielen Directionen abrieth, das
Stuͤck aufzufuͤhren; aus ſolchen Gruͤnden nehm ich aber
auch gar keinen Anſtand, das grauſame Stuͤck als Buch
dem Leſepublikum vorzulegen. Das wuͤrde ich thun, auch
wenn ich nicht zahlreiche Beweiſe haͤtte, daß kundige Lite-
raten nach der Lectuͤre des Manuſcriptes von jenen Feh-
lern des Theaterſtuͤcks ganz und gar unberuͤhrt geblieben
waren und mir dadurch ein Zeugniß geliefert hatten, daß

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[32/0038] Einleitung. aller Verhuͤllungen innerlich ſo ganz und gar Gegenwart, daß ſie nichts Todtes verwerthen kann. Denn ſie iſt nicht allein und unnahbar wie das Buch. Sie ſteht in unmit- telbarem Zuſammenhange mit dem Publikum. Jeder Pulsſchlag, den ſie thut, weckt auf der Stelle ein ent- ſprechendes Leben und, was die Hauptſache iſt, ein han- delndes, ein entſcheidendes Leben im Publikum. Sie ge- biert alſo ſofort lebendige Mißgeburten, wenn ſie eine Handlung aus wirklich uͤberlebter Vergangenheit ent- wickelt. Das Buch hat einen ganz andern Wirkungskreis, denn es macht nicht den Anſpruch, ein unmittelbares, unabweisliches Leben zu ſein. Zwiſchen dem Buche und dem Leſer bleibt eine hundertfaͤltige Vermittelung offen, ſelbſt eine ergiebige Vermittelung, wenn Buch und Leſer einander gar nicht gefallen. Aus ſolchen Gruͤnden hab’ ich ſelbſt meinem Stuͤcke das weitere Theaterleben abgegraben, indem ich nach er- lebter eigner Anſchauung vielen Directionen abrieth, das Stuͤck aufzufuͤhren; aus ſolchen Gruͤnden nehm ich aber auch gar keinen Anſtand, das grauſame Stuͤck als Buch dem Leſepublikum vorzulegen. Das wuͤrde ich thun, auch wenn ich nicht zahlreiche Beweiſe haͤtte, daß kundige Lite- raten nach der Lectuͤre des Manuſcriptes von jenen Feh- lern des Theaterſtuͤcks ganz und gar unberuͤhrt geblieben waren und mir dadurch ein Zeugniß geliefert hatten, daß

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/38>, abgerufen am 21.11.2024.