Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Die Bernsteinhexe. an den Tisch) da sahen wir unsern Herrn Herzog Phi-lippus Julius auf einem Hügel stehn, und neben ihm Herrn Herzog Bogislav, der zum Besuche in Wolgast war, und wir wollten deshalb stracks umkehren, um nicht zudringlich zu erscheinen. Da gingen aber die Herr- schaften auf die Schloßbrücke zu, und wir besahen uns nun den Hügel, auf welchem sie gestanden, und mein Mädchen hub alsbald ein Freudengeschrei an -- warum? Sie fand einen kostbaren Siegelring im Grase, den die Herrschaften zweifelsohne verloren. Nun gingen wir ihnen denn eilig nach, und ich instruirte mein Mädchen, wie sie lateinisch ihre Rede anbringen sollte, denn 's ging ihr schon rundweg vom Schnäuzchen, und wie und was wir gefunden, und Alles so, daß man daran sein Wohlgefal- len haben könnte. Solches versprach sie auch, fürchtete sich aber hinten nach, und ich mußte ihr ein neu Kleidchen ver- sprechen, denn sie gab schon damals viel auf eitlen Putz -- Marie (die immer noch anrichtet). Oh, Du bist schlimm, Vater! Schweidler. Ja doch, ist's etwa nicht so? -- Vergiß mir den Ho- nig nicht! Marie. Schon da, Vater! (Setzt sich dazu, sie legt vor, und alle Drei essen. Alle Drei sitzen mit dem Rücken nach dem hintern Fenster.) Schweidler. Na, sie blieb aber doch blödiglich stehn, als sie schon Die Bernſteinhexe. an den Tiſch) da ſahen wir unſern Herrn Herzog Phi-lippus Julius auf einem Huͤgel ſtehn, und neben ihm Herrn Herzog Bogislav, der zum Beſuche in Wolgaſt war, und wir wollten deshalb ſtracks umkehren, um nicht zudringlich zu erſcheinen. Da gingen aber die Herr- ſchaften auf die Schloßbruͤcke zu, und wir beſahen uns nun den Huͤgel, auf welchem ſie geſtanden, und mein Maͤdchen hub alsbald ein Freudengeſchrei an — warum? Sie fand einen koſtbaren Siegelring im Graſe, den die Herrſchaften zweifelsohne verloren. Nun gingen wir ihnen denn eilig nach, und ich inſtruirte mein Maͤdchen, wie ſie lateiniſch ihre Rede anbringen ſollte, denn ’s ging ihr ſchon rundweg vom Schnaͤuzchen, und wie und was wir gefunden, und Alles ſo, daß man daran ſein Wohlgefal- len haben koͤnnte. Solches verſprach ſie auch, fuͤrchtete ſich aber hinten nach, und ich mußte ihr ein neu Kleidchen ver- ſprechen, denn ſie gab ſchon damals viel auf eitlen Putz — Marie (die immer noch anrichtet). Oh, Du biſt ſchlimm, Vater! Schweidler. Ja doch, iſt’s etwa nicht ſo? — Vergiß mir den Ho- nig nicht! Marie. Schon da, Vater! (Setzt ſich dazu, ſie legt vor, und alle Drei eſſen. Alle Drei ſitzen mit dem Ruͤcken nach dem hintern Fenſter.) Schweidler. Na, ſie blieb aber doch bloͤdiglich ſtehn, als ſie ſchon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#SCH"> <stage><pb facs="#f0081" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bernſteinhexe</hi>.</fw><lb/> an den Tiſch)</stage> <p>da ſahen wir unſern Herrn Herzog Phi-<lb/> lippus Julius auf einem Huͤgel ſtehn, und neben ihm<lb/> Herrn Herzog Bogislav, der zum Beſuche in Wolgaſt<lb/> war, und wir wollten deshalb ſtracks umkehren, um<lb/> nicht zudringlich zu erſcheinen. Da gingen aber die Herr-<lb/> ſchaften auf die Schloßbruͤcke zu, und wir beſahen uns<lb/> nun den Huͤgel, auf welchem ſie geſtanden, und mein<lb/> Maͤdchen hub alsbald ein Freudengeſchrei an — warum?<lb/> Sie fand einen koſtbaren Siegelring im Graſe, den die<lb/> Herrſchaften zweifelsohne verloren. Nun gingen wir<lb/> ihnen denn eilig nach, und ich inſtruirte mein Maͤdchen,<lb/> wie ſie lateiniſch ihre Rede anbringen ſollte, denn ’s ging<lb/> ihr ſchon rundweg vom Schnaͤuzchen, und wie und was wir<lb/> gefunden, und Alles ſo, daß man daran ſein Wohlgefal-<lb/> len haben koͤnnte. Solches verſprach ſie auch, fuͤrchtete ſich<lb/> aber hinten nach, und ich mußte ihr ein neu Kleidchen ver-<lb/> ſprechen, denn ſie gab ſchon damals viel auf eitlen Putz —</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie</hi> </speaker> <stage>(die immer noch anrichtet).</stage><lb/> <p>Oh, Du biſt ſchlimm, Vater!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/> <p>Ja doch, iſt’s etwa nicht ſo? — Vergiß mir den Ho-<lb/> nig nicht!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Schon da, Vater!</p> <stage>(Setzt ſich dazu, ſie legt vor, und alle Drei<lb/> eſſen. Alle Drei ſitzen mit dem Ruͤcken nach dem hintern Fenſter.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/> <p>Na, ſie blieb aber doch bloͤdiglich ſtehn, als ſie ſchon<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0081]
Die Bernſteinhexe.
an den Tiſch) da ſahen wir unſern Herrn Herzog Phi-
lippus Julius auf einem Huͤgel ſtehn, und neben ihm
Herrn Herzog Bogislav, der zum Beſuche in Wolgaſt
war, und wir wollten deshalb ſtracks umkehren, um
nicht zudringlich zu erſcheinen. Da gingen aber die Herr-
ſchaften auf die Schloßbruͤcke zu, und wir beſahen uns
nun den Huͤgel, auf welchem ſie geſtanden, und mein
Maͤdchen hub alsbald ein Freudengeſchrei an — warum?
Sie fand einen koſtbaren Siegelring im Graſe, den die
Herrſchaften zweifelsohne verloren. Nun gingen wir
ihnen denn eilig nach, und ich inſtruirte mein Maͤdchen,
wie ſie lateiniſch ihre Rede anbringen ſollte, denn ’s ging
ihr ſchon rundweg vom Schnaͤuzchen, und wie und was wir
gefunden, und Alles ſo, daß man daran ſein Wohlgefal-
len haben koͤnnte. Solches verſprach ſie auch, fuͤrchtete ſich
aber hinten nach, und ich mußte ihr ein neu Kleidchen ver-
ſprechen, denn ſie gab ſchon damals viel auf eitlen Putz —
Marie (die immer noch anrichtet).
Oh, Du biſt ſchlimm, Vater!
Schweidler.
Ja doch, iſt’s etwa nicht ſo? — Vergiß mir den Ho-
nig nicht!
Marie.
Schon da, Vater! (Setzt ſich dazu, ſie legt vor, und alle Drei
eſſen. Alle Drei ſitzen mit dem Ruͤcken nach dem hintern Fenſter.)
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