Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.zu Tage wärmer, der männliche Thau schien mehr und zu Tage wärmer, der männliche Thau ſchien mehr und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0146" n="136"/> zu Tage wärmer, der männliche Thau ſchien mehr und<lb/> mehr von ihr abgeſtreift zu ſein, das Weib war durch<lb/> und durch erweicht, ſie ward mit Blicken und ſanften,<lb/> lind ſchmeichelnden Worten freigebiger und unvorſichtiger<lb/> gegen mich. Die Eiferſucht aber iſt das Bild des al¬<lb/> ten Argus, ſie ſieht das Meiſte. Ihr Schwager ging<lb/> wie ein Tiger umher; das hätte dem hypochondriſchen<lb/> teutſchen Jünglinge die Freude verdorben, die meine er¬<lb/> höhte es. Die Poeten waren des Abends dran gewe¬<lb/> ſen, ich ſtand gegen Mitternacht auf dem Balkon. Als<lb/> ich eintrat, fand ich Conſtantien nachdenklich, den Kopf<lb/> auf den weißen Arm geſtützt im Lehnſtuhl ſitzend. Sie<lb/> trug noch das himmelblaue Sammetkleid, womit ſie<lb/> im Salon geweſen, hatte nur allen andern Kram von<lb/> ſich geworfen und die Feſſeln des Kleides gelöſt. Ich<lb/> blieb in einiger Entfernung von ihr ſtehen und betrach¬<lb/> tete im Spiegel unſer eingerahmts Bild, Du weißt,<lb/> wie ich das Schaffen von Bildern liebe. Wir ſchwie¬<lb/> gen Beide. Endlich hub ſie an: — „Haſt Du wohl<lb/> verſchloſſen, Hyppolit? „„Ich habe““ — „Mein<lb/> Schwager ſinnt ohne Zweifel Arges und ich will lieber<lb/> ſterben als dem Menſchen die kleinſte Rache gegen<lb/> mich gelingen laſſen.“ Dabei ſtand ſie auf, kam zu<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0146]
zu Tage wärmer, der männliche Thau ſchien mehr und
mehr von ihr abgeſtreift zu ſein, das Weib war durch
und durch erweicht, ſie ward mit Blicken und ſanften,
lind ſchmeichelnden Worten freigebiger und unvorſichtiger
gegen mich. Die Eiferſucht aber iſt das Bild des al¬
ten Argus, ſie ſieht das Meiſte. Ihr Schwager ging
wie ein Tiger umher; das hätte dem hypochondriſchen
teutſchen Jünglinge die Freude verdorben, die meine er¬
höhte es. Die Poeten waren des Abends dran gewe¬
ſen, ich ſtand gegen Mitternacht auf dem Balkon. Als
ich eintrat, fand ich Conſtantien nachdenklich, den Kopf
auf den weißen Arm geſtützt im Lehnſtuhl ſitzend. Sie
trug noch das himmelblaue Sammetkleid, womit ſie
im Salon geweſen, hatte nur allen andern Kram von
ſich geworfen und die Feſſeln des Kleides gelöſt. Ich
blieb in einiger Entfernung von ihr ſtehen und betrach¬
tete im Spiegel unſer eingerahmts Bild, Du weißt,
wie ich das Schaffen von Bildern liebe. Wir ſchwie¬
gen Beide. Endlich hub ſie an: — „Haſt Du wohl
verſchloſſen, Hyppolit? „„Ich habe““ — „Mein
Schwager ſinnt ohne Zweifel Arges und ich will lieber
ſterben als dem Menſchen die kleinſte Rache gegen
mich gelingen laſſen.“ Dabei ſtand ſie auf, kam zu
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