mir, legte die Arme und das Haupt an meine Brust und sprach nichts mehr. Plötzlich ging sie und schloß auch die Thür ihres Schlafgemachs, was sonst nicht geschah, da die Bibliothek von uns aus verschlossen war, und von dieser Seite keine andere Thür zu uns führte. Ich lachte und küßte sie. Nach Verlauf einer halben Stunde schrak sie in meinem Arm auf, hielt mir den Mund zu und lauschte. "Es ist Geräusch in der Bi¬ bliothek -- man schlägt drüben an die Thür." -- Wir horchten Beide-- es war so. "Auf, Hyppolit!" Ich schickte mich eiligst zur Abreise an und fragte lachend: "Wohinaus?" Sie führte mich hastig ins Badezimmer und deutete auf ein an der obern Wand in tiefer Ni¬ sche angebrachtes rundes Fenster mit bunten Gläsern. "Kannst Du?" -- fragte sie. ""Ich muß"" -- Ein Stuhl ward herbei gebracht, ich sprang an ihm in die Höhe und klammerte mich in der Nische fest, wo ich zusammengekrümmt mit entsetzlicher Mühe das Fenster aus seinen Angeln brach, denn es war nicht zum Oeff¬ nen eingerichtet. Ich reichte es Constantien hinunter, sonst hätte ich's beim Hinunterspringen in den Hof mit hinabgerissen, da der Raum zu eng war. Was sie da¬ mit gemacht hat, weiß ich nicht, sie wollte nur mich
mir, legte die Arme und das Haupt an meine Bruſt und ſprach nichts mehr. Plötzlich ging ſie und ſchloß auch die Thür ihres Schlafgemachs, was ſonſt nicht geſchah, da die Bibliothek von uns aus verſchloſſen war, und von dieſer Seite keine andere Thür zu uns führte. Ich lachte und küßte ſie. Nach Verlauf einer halben Stunde ſchrak ſie in meinem Arm auf, hielt mir den Mund zu und lauſchte. „Es iſt Geräuſch in der Bi¬ bliothek — man ſchlägt drüben an die Thür.“ — Wir horchten Beide— es war ſo. „Auf, Hyppolit!“ Ich ſchickte mich eiligſt zur Abreiſe an und fragte lachend: „Wohinaus?“ Sie führte mich haſtig ins Badezimmer und deutete auf ein an der obern Wand in tiefer Ni¬ ſche angebrachtes rundes Fenſter mit bunten Gläſern. „Kannſt Du?“ — fragte ſie. „„Ich muß““ — Ein Stuhl ward herbei gebracht, ich ſprang an ihm in die Höhe und klammerte mich in der Niſche feſt, wo ich zuſammengekrümmt mit entſetzlicher Mühe das Fenſter aus ſeinen Angeln brach, denn es war nicht zum Oeff¬ nen eingerichtet. Ich reichte es Conſtantien hinunter, ſonſt hätte ich's beim Hinunterſpringen in den Hof mit hinabgeriſſen, da der Raum zu eng war. Was ſie da¬ mit gemacht hat, weiß ich nicht, ſie wollte nur mich
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mir, legte die Arme und das Haupt an meine Bruſt
und ſprach nichts mehr. Plötzlich ging ſie und ſchloß
auch die Thür ihres Schlafgemachs, was ſonſt nicht
geſchah, da die Bibliothek von uns aus verſchloſſen war,
und von dieſer Seite keine andere Thür zu uns führte.
Ich lachte und küßte ſie. Nach Verlauf einer halben
Stunde ſchrak ſie in meinem Arm auf, hielt mir den
Mund zu und lauſchte. „Es iſt Geräuſch in der Bi¬
bliothek — man ſchlägt drüben an die Thür.“ — Wir
horchten Beide— es war ſo. „Auf, Hyppolit!“ Ich
ſchickte mich eiligſt zur Abreiſe an und fragte lachend:
„Wohinaus?“ Sie führte mich haſtig ins Badezimmer
und deutete auf ein an der obern Wand in tiefer Ni¬
ſche angebrachtes rundes Fenſter mit bunten Gläſern.
„Kannſt Du?“ — fragte ſie. „„Ich muß““ — Ein
Stuhl ward herbei gebracht, ich ſprang an ihm in die
Höhe und klammerte mich in der Niſche feſt, wo ich
zuſammengekrümmt mit entſetzlicher Mühe das Fenſter
aus ſeinen Angeln brach, denn es war nicht zum Oeff¬
nen eingerichtet. Ich reichte es Conſtantien hinunter,
ſonſt hätte ich's beim Hinunterſpringen in den Hof mit
hinabgeriſſen, da der Raum zu eng war. Was ſie da¬
mit gemacht hat, weiß ich nicht, ſie wollte nur mich
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/147>, abgerufen am 16.07.2024.
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