Hyppolit tritt eben ein, hört stumm und lächelnd die Geschichte an, und läßt Constantin ersuchen, wenn ihn Deine Kundschafter finden, ihm von Berlin ein Exemplar der Lusiade zu besorgen, weil er hier keins auffinde. Uebrigens meinte er, sei es unnütz, den Constantin zu beunruhigen -- man solle die Schwester durch irgend eine Nachricht zufrieden stellen und jenen ungestört lassen bis er sich selbst melde.
Thu' aber nur wie ich Dich gebeten!
William an Valerius.
Freund!
Ich habe der verdrießlichen Geschichte halber nach Berlin geschrieben, und denke Dir bald Bescheid geben zu können. Ich mische mich übrigens, sehr ungern in derlei Skandal, und nur die alten Freundschaftsverhält¬ nisse aus unserm poetischen Vereine bewogen mich, der Polizei ins Handwerk zu greifen. Das sind die Folgen jener grauenhaften Lebensansichten, denen Du selbst nicht ganz fremd bist. Was ist Euer Bodensatz? Die em¬ pörendste Eigenliebe. Das Ich allein soll sich auf jede Weise wohl befinden: mag nun um Euch herum Alles
Gehab Dich wohl und antworte!
Hyppolit tritt eben ein, hört ſtumm und lächelnd die Geſchichte an, und läßt Conſtantin erſuchen, wenn ihn Deine Kundſchafter finden, ihm von Berlin ein Exemplar der Luſiade zu beſorgen, weil er hier keins auffinde. Uebrigens meinte er, ſei es unnütz, den Conſtantin zu beunruhigen — man ſolle die Schweſter durch irgend eine Nachricht zufrieden ſtellen und jenen ungeſtört laſſen bis er ſich ſelbſt melde.
Thu' aber nur wie ich Dich gebeten!
William an Valerius.
Freund!
Ich habe der verdrießlichen Geſchichte halber nach Berlin geſchrieben, und denke Dir bald Beſcheid geben zu können. Ich miſche mich übrigens, ſehr ungern in derlei Skandal, und nur die alten Freundſchaftsverhält¬ niſſe aus unſerm poetiſchen Vereine bewogen mich, der Polizei ins Handwerk zu greifen. Das ſind die Folgen jener grauenhaften Lebensanſichten, denen Du ſelbſt nicht ganz fremd biſt. Was iſt Euer Bodenſatz? Die em¬ pörendſte Eigenliebe. Das Ich allein ſoll ſich auf jede Weiſe wohl befinden: mag nun um Euch herum Alles
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0040"n="30"/><p>Gehab Dich wohl und antworte!</p><lb/><p>Hyppolit tritt eben ein, hört ſtumm und lächelnd<lb/>
die Geſchichte an, und läßt Conſtantin erſuchen, wenn<lb/>
ihn Deine Kundſchafter finden, ihm von Berlin ein<lb/>
Exemplar der Luſiade zu beſorgen, weil er hier keins<lb/>
auffinde. Uebrigens meinte er, ſei es unnütz, den<lb/>
Conſtantin zu beunruhigen — man ſolle die Schweſter<lb/>
durch irgend eine Nachricht zufrieden ſtellen und jenen<lb/>
ungeſtört laſſen bis er ſich ſelbſt melde.</p><lb/><p>Thu' aber nur wie ich Dich gebeten!</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="1"><head><hirendition="#b #g">William an Valerius.</hi><lb/></head><salute><hirendition="#et">Freund!</hi><lb/></salute><p>Ich habe der verdrießlichen Geſchichte halber nach<lb/>
Berlin geſchrieben, und denke Dir bald Beſcheid geben<lb/>
zu können. Ich miſche mich übrigens, ſehr ungern in<lb/>
derlei Skandal, und nur die alten Freundſchaftsverhält¬<lb/>
niſſe aus unſerm poetiſchen Vereine bewogen mich, der<lb/>
Polizei ins Handwerk zu greifen. Das ſind die Folgen<lb/>
jener grauenhaften Lebensanſichten, denen Du ſelbſt nicht<lb/>
ganz fremd biſt. Was iſt Euer Bodenſatz? Die em¬<lb/>
pörendſte Eigenliebe. Das Ich allein ſoll ſich auf jede<lb/>
Weiſe wohl befinden: mag nun um Euch herum Alles<lb/></p></div></body></text></TEI>
[30/0040]
Gehab Dich wohl und antworte!
Hyppolit tritt eben ein, hört ſtumm und lächelnd
die Geſchichte an, und läßt Conſtantin erſuchen, wenn
ihn Deine Kundſchafter finden, ihm von Berlin ein
Exemplar der Luſiade zu beſorgen, weil er hier keins
auffinde. Uebrigens meinte er, ſei es unnütz, den
Conſtantin zu beunruhigen — man ſolle die Schweſter
durch irgend eine Nachricht zufrieden ſtellen und jenen
ungeſtört laſſen bis er ſich ſelbſt melde.
Thu' aber nur wie ich Dich gebeten!
William an Valerius.
Freund!
Ich habe der verdrießlichen Geſchichte halber nach
Berlin geſchrieben, und denke Dir bald Beſcheid geben
zu können. Ich miſche mich übrigens, ſehr ungern in
derlei Skandal, und nur die alten Freundſchaftsverhält¬
niſſe aus unſerm poetiſchen Vereine bewogen mich, der
Polizei ins Handwerk zu greifen. Das ſind die Folgen
jener grauenhaften Lebensanſichten, denen Du ſelbſt nicht
ganz fremd biſt. Was iſt Euer Bodenſatz? Die em¬
pörendſte Eigenliebe. Das Ich allein ſoll ſich auf jede
Weiſe wohl befinden: mag nun um Euch herum Alles
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/40>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.